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Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Weltwirtschaft

TelegraphenvurcauundJnseratenagentnr.
Wenn die französische Weltdepeschenagentur
Havas als weltwirtschaftlicher Macht- und Ein¬
flußfaktor heute in Südamerika noch eine so
große Rolle spielt, so beruht das nicht zum
wenigsten darauf, daß sie eine Kombination von
Weltnachrichtendienst und Qberseeinseratver-
mittlung darstellt. Der Gewinn der Agentur
Havas beruht nämlich vor allem auf dieser
Verbindung. Havas erhält nur von wenigen
französischen und überseeischen Zeitungen eine
festgesetzte Summe als Abonnementsbetrag.
Die meisten Abnehmer bezahlen ihm das
gelieferte Nachrichtenmaterial mit einem be¬
stimmten, täglich zur Verfügung stehenden
Jnseratraum. Die Agentur Havas verkauft
diesen Jnseratraum dann wieder an kleinere
Annoncenvermittlungsunternehmungen; über¬
seeisch dagegen macht sie die Geschäfte allein.
Ende Januar 1914 ist nun das Gesellschafts¬
kapital der Lociötö Oönörals ach Ännonees,
die seither mit der Agentur Havas finanziell
sehr eng liiert war, nach einer Fusion mit
den Jnseratfirmen Renier, Lagrange und
Cerf u Co. auf 20 Millionen Franken er¬
höht worden und man kann jetzt von einer
Art Jnserattrust in Frankreich sprechen, bei
dem die Agentur Havas die Führung hat
und dessen Ziele sind:

1. Auflauf von Jnseratsvermittlungs-
unternehmungen,

2. die Jnseratvermittlung aller Zeitungen
innerhalb der Einflußsphäre von Havas in
die Hand zu bekommen,

3. die geschäftliche Weiterführung solcher
Zeitungen, die von der Gesellschaft aufgekauft
bzw. gegründet sind oder an denen sie stark
finanziell interessiert ist. Weiter will die Ge¬
sellschaft jede Art der Pressereklame in die

[Spaltenumbruch]

Hand nehmen. Ganz allgemein gesprochen
will sie sämtliche finanziellen, kommerziellen
und industriellen Geschäftsoperationen, die
sich mit dem Wesen der Gesellschaft direkt
oder indirekt vereinbaren lassen, in sich ver¬
ewigen.

Eine so enge Verbindung zwischen De¬
peschenbureau und dem Jnseratgeschäft wie
bei der Agentur Havas ist sonst in der
ganzen Welt nicht wieder anzutreffen. Wenn
man auch das englische Haus Reuter wegen
der vielen Funktionen, die es ausübt, gewisser¬
maßen als Warenhaus auf dem Gebiete des
Zeitungs- und Nachrichtenwesens bezeichnen
kann, so ist ihm eine ähnliche Kombination,
wie sie bei Havas existiert, bisher noch nicht
gelungen. Sein ungeschickter Vorstoß nach
dieser Richtung im Herbst 1913 ist bekannt¬
lich vollständig mißlungen; denn die englische
Presse hat sich seinerzeit in einem EntrüstungS-
sturm gegen ein diesbezügliches Zirkular
Reuters gewandt. Auch in Deutschland und
in den Vereinigten Staaten haben die großen
Depeschenbureaus ähnliche Kombinationen wie
bei Havas nicht aufzuweisen. Höchstens kann
man von gelegentlichenReklamenotizensprechen,
die Reuter und Wolfs mit ihren Depeschen¬
briefen liefern. Jedoch geschieht dies auch
äußerst selten, weil die Zeitungsverleger
gegen diese Notizen als Umgehungen des
Zeitungsinserates sofort Front machen.

Es ergibt sich daraus, das; die franzö¬
sische Agentur Havas unter allen Depeschen¬
bureaus und Annoncenvermittelungsinstituten,
besonders jetzt nach dem neuen Fusionsprozeß,
in der Lage ist, die französischen National¬
interessen in der Weltpresse bestens zu wahren.
Allerdings erstreckt sich die Einflußzone von
Havas nicht über die ganze Welt, sondern
nur über Frankreich, Spanien, Portugal,
Belgien teilweise, Teile vom Balkan (Türkei,

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]
Weltwirtschaft

TelegraphenvurcauundJnseratenagentnr.
Wenn die französische Weltdepeschenagentur
Havas als weltwirtschaftlicher Macht- und Ein¬
flußfaktor heute in Südamerika noch eine so
große Rolle spielt, so beruht das nicht zum
wenigsten darauf, daß sie eine Kombination von
Weltnachrichtendienst und Qberseeinseratver-
mittlung darstellt. Der Gewinn der Agentur
Havas beruht nämlich vor allem auf dieser
Verbindung. Havas erhält nur von wenigen
französischen und überseeischen Zeitungen eine
festgesetzte Summe als Abonnementsbetrag.
Die meisten Abnehmer bezahlen ihm das
gelieferte Nachrichtenmaterial mit einem be¬
stimmten, täglich zur Verfügung stehenden
Jnseratraum. Die Agentur Havas verkauft
diesen Jnseratraum dann wieder an kleinere
Annoncenvermittlungsunternehmungen; über¬
seeisch dagegen macht sie die Geschäfte allein.
Ende Januar 1914 ist nun das Gesellschafts¬
kapital der Lociötö Oönörals ach Ännonees,
die seither mit der Agentur Havas finanziell
sehr eng liiert war, nach einer Fusion mit
den Jnseratfirmen Renier, Lagrange und
Cerf u Co. auf 20 Millionen Franken er¬
höht worden und man kann jetzt von einer
Art Jnserattrust in Frankreich sprechen, bei
dem die Agentur Havas die Führung hat
und dessen Ziele sind:

1. Auflauf von Jnseratsvermittlungs-
unternehmungen,

2. die Jnseratvermittlung aller Zeitungen
innerhalb der Einflußsphäre von Havas in
die Hand zu bekommen,

3. die geschäftliche Weiterführung solcher
Zeitungen, die von der Gesellschaft aufgekauft
bzw. gegründet sind oder an denen sie stark
finanziell interessiert ist. Weiter will die Ge¬
sellschaft jede Art der Pressereklame in die

[Spaltenumbruch]

Hand nehmen. Ganz allgemein gesprochen
will sie sämtliche finanziellen, kommerziellen
und industriellen Geschäftsoperationen, die
sich mit dem Wesen der Gesellschaft direkt
oder indirekt vereinbaren lassen, in sich ver¬
ewigen.

Eine so enge Verbindung zwischen De¬
peschenbureau und dem Jnseratgeschäft wie
bei der Agentur Havas ist sonst in der
ganzen Welt nicht wieder anzutreffen. Wenn
man auch das englische Haus Reuter wegen
der vielen Funktionen, die es ausübt, gewisser¬
maßen als Warenhaus auf dem Gebiete des
Zeitungs- und Nachrichtenwesens bezeichnen
kann, so ist ihm eine ähnliche Kombination,
wie sie bei Havas existiert, bisher noch nicht
gelungen. Sein ungeschickter Vorstoß nach
dieser Richtung im Herbst 1913 ist bekannt¬
lich vollständig mißlungen; denn die englische
Presse hat sich seinerzeit in einem EntrüstungS-
sturm gegen ein diesbezügliches Zirkular
Reuters gewandt. Auch in Deutschland und
in den Vereinigten Staaten haben die großen
Depeschenbureaus ähnliche Kombinationen wie
bei Havas nicht aufzuweisen. Höchstens kann
man von gelegentlichenReklamenotizensprechen,
die Reuter und Wolfs mit ihren Depeschen¬
briefen liefern. Jedoch geschieht dies auch
äußerst selten, weil die Zeitungsverleger
gegen diese Notizen als Umgehungen des
Zeitungsinserates sofort Front machen.

Es ergibt sich daraus, das; die franzö¬
sische Agentur Havas unter allen Depeschen¬
bureaus und Annoncenvermittelungsinstituten,
besonders jetzt nach dem neuen Fusionsprozeß,
in der Lage ist, die französischen National¬
interessen in der Weltpresse bestens zu wahren.
Allerdings erstreckt sich die Einflußzone von
Havas nicht über die ganze Welt, sondern
nur über Frankreich, Spanien, Portugal,
Belgien teilweise, Teile vom Balkan (Türkei,

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[0346] [Abbildung] Maßgebliches und Unmaßgebliches Weltwirtschaft TelegraphenvurcauundJnseratenagentnr. Wenn die französische Weltdepeschenagentur Havas als weltwirtschaftlicher Macht- und Ein¬ flußfaktor heute in Südamerika noch eine so große Rolle spielt, so beruht das nicht zum wenigsten darauf, daß sie eine Kombination von Weltnachrichtendienst und Qberseeinseratver- mittlung darstellt. Der Gewinn der Agentur Havas beruht nämlich vor allem auf dieser Verbindung. Havas erhält nur von wenigen französischen und überseeischen Zeitungen eine festgesetzte Summe als Abonnementsbetrag. Die meisten Abnehmer bezahlen ihm das gelieferte Nachrichtenmaterial mit einem be¬ stimmten, täglich zur Verfügung stehenden Jnseratraum. Die Agentur Havas verkauft diesen Jnseratraum dann wieder an kleinere Annoncenvermittlungsunternehmungen; über¬ seeisch dagegen macht sie die Geschäfte allein. Ende Januar 1914 ist nun das Gesellschafts¬ kapital der Lociötö Oönörals ach Ännonees, die seither mit der Agentur Havas finanziell sehr eng liiert war, nach einer Fusion mit den Jnseratfirmen Renier, Lagrange und Cerf u Co. auf 20 Millionen Franken er¬ höht worden und man kann jetzt von einer Art Jnserattrust in Frankreich sprechen, bei dem die Agentur Havas die Führung hat und dessen Ziele sind: 1. Auflauf von Jnseratsvermittlungs- unternehmungen, 2. die Jnseratvermittlung aller Zeitungen innerhalb der Einflußsphäre von Havas in die Hand zu bekommen, 3. die geschäftliche Weiterführung solcher Zeitungen, die von der Gesellschaft aufgekauft bzw. gegründet sind oder an denen sie stark finanziell interessiert ist. Weiter will die Ge¬ sellschaft jede Art der Pressereklame in die Hand nehmen. Ganz allgemein gesprochen will sie sämtliche finanziellen, kommerziellen und industriellen Geschäftsoperationen, die sich mit dem Wesen der Gesellschaft direkt oder indirekt vereinbaren lassen, in sich ver¬ ewigen. Eine so enge Verbindung zwischen De¬ peschenbureau und dem Jnseratgeschäft wie bei der Agentur Havas ist sonst in der ganzen Welt nicht wieder anzutreffen. Wenn man auch das englische Haus Reuter wegen der vielen Funktionen, die es ausübt, gewisser¬ maßen als Warenhaus auf dem Gebiete des Zeitungs- und Nachrichtenwesens bezeichnen kann, so ist ihm eine ähnliche Kombination, wie sie bei Havas existiert, bisher noch nicht gelungen. Sein ungeschickter Vorstoß nach dieser Richtung im Herbst 1913 ist bekannt¬ lich vollständig mißlungen; denn die englische Presse hat sich seinerzeit in einem EntrüstungS- sturm gegen ein diesbezügliches Zirkular Reuters gewandt. Auch in Deutschland und in den Vereinigten Staaten haben die großen Depeschenbureaus ähnliche Kombinationen wie bei Havas nicht aufzuweisen. Höchstens kann man von gelegentlichenReklamenotizensprechen, die Reuter und Wolfs mit ihren Depeschen¬ briefen liefern. Jedoch geschieht dies auch äußerst selten, weil die Zeitungsverleger gegen diese Notizen als Umgehungen des Zeitungsinserates sofort Front machen. Es ergibt sich daraus, das; die franzö¬ sische Agentur Havas unter allen Depeschen¬ bureaus und Annoncenvermittelungsinstituten, besonders jetzt nach dem neuen Fusionsprozeß, in der Lage ist, die französischen National¬ interessen in der Weltpresse bestens zu wahren. Allerdings erstreckt sich die Einflußzone von Havas nicht über die ganze Welt, sondern nur über Frankreich, Spanien, Portugal, Belgien teilweise, Teile vom Balkan (Türkei,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 73, 1914, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341899_327465/346>, abgerufen am 29.12.2024.