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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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An der Wiege des Königreichs Rumänien

werden, die als ein Heraustreten aus der Reserve über die Hauptfrage selbst,
nämlich die Union, hätten gedeutet werden können, eine Reserve, die durchaus
nötig ist, wenn wir nicht später in Verwicklung kommen wollen, die uns zu
einer aktiven Teilnahme zwingen würde.

Von diesem Gesichtspunkte aus bin ich mit speziellen diesen Standpunkt be¬
zeichnenden Gründen im Protokolle Ur. 3 einer Erklärung des russischen und
französischen Kommissars beigetreten, welche besagt, daß wir dafür halten, daß
es der Würde des Kongresses, welcher die Kommission niedergesetzt hat, nicht
entsprechen würde, mit einem Diwan zu unterhandeln, der aus Wahlen hervor¬
geht, wie sie Vogorides leitet, der von Haus aus die Absicht gehabt habe, die
Nationalrepräsentation zu fälschen.

Wir haben uns aber nicht bei dieser Erklärung begnügt; wir haben die
Beweise darüber der Kommission vorgelegt. Der österreichische und türkische
Kommissär haben sich der Vorlesung der betreffenden Schriftstücke bis jetzt
widersetzt und gedroht, die Sitzung zu verlassen, wenn man damit vorschreiten
wolle, ungeachtet der schlagenden Gründe, welche der russische Kommissär hier¬
gegen zu Protokoll gegeben hat.

Das Protokoll Ur. 4 ergibt, in welcher Weise ich mich demnächst über
die Erklärung ausgelassen habe, durch welche Sir Henry Bulwer unsere ab¬
gedachte protokollarische Manifestation entkräften und den Eindruck derselben
schwächen wollte. Aus der eigenen Erklärung Sir Henrys glaube ich mich
berechtigt, einen Grundsatz entnehmen zu können, den ich für prinzipiell und
wichtig hielt, und der mir auf die Verhältnisse, wie sie gerade liegen, besonders
verwendbar zu sein schien, nämlich: daß jede Handlung im Namen irgendeiner
der sieben Mächte und Fürstentümer, welche mit dem in der Generalinstruktion
für die Kommissäre ausgesprochenen Prinzipe der Parteilosigkeit im Widerspruch
stehe, dem Friedensverträge zuwider sei, einem Grundsatz, dem Sir Henry
Bulwer zu seinem nachmaligen großen Verdruß beistimmte, wovon im Protokolle
sogleich Akt genommen wurde. Denn als ich, wie das Protokoll Ur. 4 dartut,
aus diesen Grundsatz zurückkam und meine Kollegen ersuchte, ihren Regierungen
die Hoffnung auszusprechen, daß keine Handlung von ihnen autorisiert werden
würde, welche die Arbeiten der Kommissäre beeinträchtigen könnte, tat Sir Henry
zuerst, als wenn er die Tragweite des im Protokoll Ur. 4 ausgesprochenen
Grundsatzes nicht begriffen hätte, und wollte uns veranlassen, das bereits vor
vielen Tagen schon in der Reinschrift vollzogene Protokoll abzuändern. Ver¬
mutlich hatte er auf Reklamation des Wiener Hofes von dem seinigen inzwischen
einen Vorwurf erhalten. Als ich dies natürlich nicht zuließ und erklärte, daß, wenn
es sich um Rücknahme eines Grundsatzes handelte, für den er sogar die Autor¬
schaft reklamiert habe, wie das Protokoll Ur. 4 dartue, dies nur ebenfalls zu
Protokoll geschehen könne, gebärdete er sich nach Lord Stratfordscher Manier
erst etwas ungezogen, als er aber damit keinen Effekt machte, nahm er Saftet
Effendi beiseite, um diesen zu bestimmen, sich nun zu seiner, Sir Henrys


An der Wiege des Königreichs Rumänien

werden, die als ein Heraustreten aus der Reserve über die Hauptfrage selbst,
nämlich die Union, hätten gedeutet werden können, eine Reserve, die durchaus
nötig ist, wenn wir nicht später in Verwicklung kommen wollen, die uns zu
einer aktiven Teilnahme zwingen würde.

Von diesem Gesichtspunkte aus bin ich mit speziellen diesen Standpunkt be¬
zeichnenden Gründen im Protokolle Ur. 3 einer Erklärung des russischen und
französischen Kommissars beigetreten, welche besagt, daß wir dafür halten, daß
es der Würde des Kongresses, welcher die Kommission niedergesetzt hat, nicht
entsprechen würde, mit einem Diwan zu unterhandeln, der aus Wahlen hervor¬
geht, wie sie Vogorides leitet, der von Haus aus die Absicht gehabt habe, die
Nationalrepräsentation zu fälschen.

Wir haben uns aber nicht bei dieser Erklärung begnügt; wir haben die
Beweise darüber der Kommission vorgelegt. Der österreichische und türkische
Kommissär haben sich der Vorlesung der betreffenden Schriftstücke bis jetzt
widersetzt und gedroht, die Sitzung zu verlassen, wenn man damit vorschreiten
wolle, ungeachtet der schlagenden Gründe, welche der russische Kommissär hier¬
gegen zu Protokoll gegeben hat.

Das Protokoll Ur. 4 ergibt, in welcher Weise ich mich demnächst über
die Erklärung ausgelassen habe, durch welche Sir Henry Bulwer unsere ab¬
gedachte protokollarische Manifestation entkräften und den Eindruck derselben
schwächen wollte. Aus der eigenen Erklärung Sir Henrys glaube ich mich
berechtigt, einen Grundsatz entnehmen zu können, den ich für prinzipiell und
wichtig hielt, und der mir auf die Verhältnisse, wie sie gerade liegen, besonders
verwendbar zu sein schien, nämlich: daß jede Handlung im Namen irgendeiner
der sieben Mächte und Fürstentümer, welche mit dem in der Generalinstruktion
für die Kommissäre ausgesprochenen Prinzipe der Parteilosigkeit im Widerspruch
stehe, dem Friedensverträge zuwider sei, einem Grundsatz, dem Sir Henry
Bulwer zu seinem nachmaligen großen Verdruß beistimmte, wovon im Protokolle
sogleich Akt genommen wurde. Denn als ich, wie das Protokoll Ur. 4 dartut,
aus diesen Grundsatz zurückkam und meine Kollegen ersuchte, ihren Regierungen
die Hoffnung auszusprechen, daß keine Handlung von ihnen autorisiert werden
würde, welche die Arbeiten der Kommissäre beeinträchtigen könnte, tat Sir Henry
zuerst, als wenn er die Tragweite des im Protokoll Ur. 4 ausgesprochenen
Grundsatzes nicht begriffen hätte, und wollte uns veranlassen, das bereits vor
vielen Tagen schon in der Reinschrift vollzogene Protokoll abzuändern. Ver¬
mutlich hatte er auf Reklamation des Wiener Hofes von dem seinigen inzwischen
einen Vorwurf erhalten. Als ich dies natürlich nicht zuließ und erklärte, daß, wenn
es sich um Rücknahme eines Grundsatzes handelte, für den er sogar die Autor¬
schaft reklamiert habe, wie das Protokoll Ur. 4 dartue, dies nur ebenfalls zu
Protokoll geschehen könne, gebärdete er sich nach Lord Stratfordscher Manier
erst etwas ungezogen, als er aber damit keinen Effekt machte, nahm er Saftet
Effendi beiseite, um diesen zu bestimmen, sich nun zu seiner, Sir Henrys


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/85>, abgerufen am 23.07.2024.