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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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An der Wiege des Königreichs Rumänien

die Union usw. erklärt hat, ehe derjenige in der Wallachei noch zusammentritt.
Nach dem Maße der hierauf verwendeten Sorgfalt und dem Resultate derselben
könne sich Vogorides demnächst der Belohnung und Anerkennung der Pforte und
ihrer beiden Alliierten versichert halten, auf welche Österreich durch das Gro߬
kreuz des Ordens der eisernen Krone eine vorläufige Abschlagszahlung geleistet
hat. Dieses ist der Plan, welchen die Pforte, Österreich und England zur
Basis für ihre Operationen genommen haben.

Die Hauptaktion fällt dabei wie natürlich dem Kaimakam Vogorides anheim;
er hat an Ort und Stelle zu wirken, daß der Wille der drei Mächte energisch
und schnell zur Ausführung gelange.

Die Kommissäre der drei Mächte können ihm dabei nur durch Deckung des
Terrains behilflich sein.

Bei dieser Deckungsoperation hat Österreich die Avantgarde übernommen;
sein Kommissär greift mit Leidenschaftlichkeit links und rechts alle Dispositionen
des Pariser Friedens in Ansehung der Fürstentümer und in betreff der Wirk¬
samkeit der Kommission an, verdreht und verfälscht den Sinn der Instruktionen
der Kommission auf eine Weise, über die jeder andere erröten würde, und über
die er, ich glaube mich nicht zu täuschen, im Innern selbst errötet, und sucht
einerseits die Wirksamkeit der Kommisston zu paralysieren, anderseits sie in den
Augen der Bevölkerung herabzusetzen. Er ist soweit gegangen, zu verlangen,
daß die Kommission nicht nur jede Mitteilung, Information und Reklamation
über die hiesigen Zustände ablehnen solle, sondern auch, daß die Kommission
durch die öffentlichen Blätter ihre Nichtkompetenz zum Empfange von Zuschriften
aller Art zur Kenntnis des Publikums bringen möge.

Die Türkei, durch den direkten Besitz des Einflusses aus die hiesigen Ver¬
hältnisse unterstützt, sucht alle Maßregeln hinzuhalten, welche die Kommission zu
treffen vermöchte, und durch Zeitgewinn dem Vorgehen des Kaimakam in der
Moldau die Vorteile eines kalt accompli zu schaffen.

Englands Kommissär endlich springt jederzeit herbei, um, wenn man öster-
reichischerseits zu weit gegangen ist, einen Vermittlungsvorschlag einzubringen,
der in der Sache auf dasselbe hinausläuft, was man österreichischerseits will,
aber sich in einer Form darstellt, der eine Konzession zu enthalten scheint. Die
englische Verfahrungsweise ist von diesem Gesichtspunkte aus die gefährlichste.
Auch ist Sir H. Bulwer in den Mitteln zur Erreichung seiner Absichten am
wenigsten blöde. Er leugnet ab, was er wenige Momente vorher gesprochen
hat, und würde auch, was er unterschrieben hat, ableugnen, wenn es eben nicht
niedergeschrieben wäre. Dabei dokumentiert er die größte Furcht vor Lord
Stratford. Welche Mittel konnten unter solchen Umständen von der anderen
Seite einem solchen Plane entgegengehalten werden? ^ H

Es konnte sich hierbei überall nur um moralische Mittel handeln und
solche, welche mit dem Pariser Frieden im vollkommensten Einklange stehen;
nsonderheit dursten, und am wenigsten von mir, keine Mittel angewendet


An der Wiege des Königreichs Rumänien

die Union usw. erklärt hat, ehe derjenige in der Wallachei noch zusammentritt.
Nach dem Maße der hierauf verwendeten Sorgfalt und dem Resultate derselben
könne sich Vogorides demnächst der Belohnung und Anerkennung der Pforte und
ihrer beiden Alliierten versichert halten, auf welche Österreich durch das Gro߬
kreuz des Ordens der eisernen Krone eine vorläufige Abschlagszahlung geleistet
hat. Dieses ist der Plan, welchen die Pforte, Österreich und England zur
Basis für ihre Operationen genommen haben.

Die Hauptaktion fällt dabei wie natürlich dem Kaimakam Vogorides anheim;
er hat an Ort und Stelle zu wirken, daß der Wille der drei Mächte energisch
und schnell zur Ausführung gelange.

Die Kommissäre der drei Mächte können ihm dabei nur durch Deckung des
Terrains behilflich sein.

Bei dieser Deckungsoperation hat Österreich die Avantgarde übernommen;
sein Kommissär greift mit Leidenschaftlichkeit links und rechts alle Dispositionen
des Pariser Friedens in Ansehung der Fürstentümer und in betreff der Wirk¬
samkeit der Kommission an, verdreht und verfälscht den Sinn der Instruktionen
der Kommission auf eine Weise, über die jeder andere erröten würde, und über
die er, ich glaube mich nicht zu täuschen, im Innern selbst errötet, und sucht
einerseits die Wirksamkeit der Kommisston zu paralysieren, anderseits sie in den
Augen der Bevölkerung herabzusetzen. Er ist soweit gegangen, zu verlangen,
daß die Kommission nicht nur jede Mitteilung, Information und Reklamation
über die hiesigen Zustände ablehnen solle, sondern auch, daß die Kommission
durch die öffentlichen Blätter ihre Nichtkompetenz zum Empfange von Zuschriften
aller Art zur Kenntnis des Publikums bringen möge.

Die Türkei, durch den direkten Besitz des Einflusses aus die hiesigen Ver¬
hältnisse unterstützt, sucht alle Maßregeln hinzuhalten, welche die Kommission zu
treffen vermöchte, und durch Zeitgewinn dem Vorgehen des Kaimakam in der
Moldau die Vorteile eines kalt accompli zu schaffen.

Englands Kommissär endlich springt jederzeit herbei, um, wenn man öster-
reichischerseits zu weit gegangen ist, einen Vermittlungsvorschlag einzubringen,
der in der Sache auf dasselbe hinausläuft, was man österreichischerseits will,
aber sich in einer Form darstellt, der eine Konzession zu enthalten scheint. Die
englische Verfahrungsweise ist von diesem Gesichtspunkte aus die gefährlichste.
Auch ist Sir H. Bulwer in den Mitteln zur Erreichung seiner Absichten am
wenigsten blöde. Er leugnet ab, was er wenige Momente vorher gesprochen
hat, und würde auch, was er unterschrieben hat, ableugnen, wenn es eben nicht
niedergeschrieben wäre. Dabei dokumentiert er die größte Furcht vor Lord
Stratford. Welche Mittel konnten unter solchen Umständen von der anderen
Seite einem solchen Plane entgegengehalten werden? ^ H

Es konnte sich hierbei überall nur um moralische Mittel handeln und
solche, welche mit dem Pariser Frieden im vollkommensten Einklange stehen;
nsonderheit dursten, und am wenigsten von mir, keine Mittel angewendet


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/84>, abgerufen am 23.07.2024.