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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Neue Bahnen der Exportförderung

Kosten eines systematischen Studiums und Bereisens des Auslandes durch eigene
Angestellte zu tragen, bei mittleren oder gar kleinen Firmen, soweit letztere über¬
haupt das immerhin mit einem höheren Aufwands an Kosten und größerem
Risiko verknüpfte Exportgeschäft betreiben können, läßt sich dies kaum durch¬
führen. Für die Bearbeitung des Marktes haben sich allerdings bis zu einem
gewissen Grade Hilfsmittel finden lassen, nämlich der Katalog und das Inserat,
die infolgedessen neben dem Musterreisenden und Platzvertreter der größeren
Firmen eine gewaltige Bedeutung gewonnen haben. Schwieriger aber gestaltete
sich die Frage hinsichtlich der Erkundung des Auslandsmarktes. Insoweit die
Exporthäuser ausgeschaltet waren und ein eigenes Studium im Auslande sich
nicht ermöglichen ließ, galt es, andere Wege zu finden, um den Bedarf des
Auslandes festzustellen und sein Angebot danach einzurichten. Was lag näher,
als daß man in erster Linie diejenigen Organe in Anspruch nahm, die ohnehin
die Öffentlichkeit mit Informationen über den ausländischen Handel zu versorgen
haben, nämlich die deutschen Konsularbehörden. So kam es, daß diese Behörden
mehr und mehr mit den mannigfachsten und technisch kompliziertesten Anfragen
über die Marktverhältnisse und die Absatzfähigkeit von Erzeugnissen jeder Art
sowie auch mit Anträgen auf Anpreisung von deutschen Waren, Verbreitung
von Katalogen usw. befaßt wurden. Soweit den Anträgen nach Maßgabe der
zu Gebote stehenden Informationsquellen oder sonst nach Lage der Verhältnisse
entsprochen werden konnte, suchten sie den an sie ergehenden Anforderungen
gerecht zu werden; soweit dies nicht der Fall war, setzten alsbald Klagen über
mangelndes Verständnis der Auslandsbeamten für die Erfordernisse des heimischen
Handels ein. Die Regierung kam den Wünschen der Interessenten nach Mög¬
lichkeit entgegen. Es wurden zahlreiche Anweisungen an die Konsuln erlassen,
die ihnen besonders eine eingehende Auskunftstätigkeit zur Pflicht machten. Ja
die Regierung ging sogar soweit, in die Organisation des Auslandsdienstes,
die ohnehin in dem Mangel an Einheitlichkeit des Beamtenkörpers leidet,
noch ein neues Element einzufügen, indem sie mehreren Konsulaten Personen
aus dem Handels- und Gewerbsleben als sogenannte Handelssachverständige
meente, eigens zu dem Zweck der Auskunftserteilung über den Auslandsmarkt.
Dieses Entgegenkommen ebenso wie das Vorgehen anderer Staaten, die an¬
gesichts der Fortschritte, die der deutsche Export von Jahr zu Jahr machte, sich
bewogen fühlten, die deutschen Einrichtungen nachzuahmen, bestärkten in der
Ansicht, daß man sich auf dem richtigen Wege befinde. So wuchs in den
Kreisen der Produzenten allgemach die Überzeugung, daß es Aufgabe des Staates
sei, ihnen die für den Absatz ihrer Erzeugnisse erforderlichen Nachrichten über
den ausländischen Bedarf zu beschaffen und sür das Bekanntwerden der
deutschen Erzeugnisse Sorge zu tragen, eine Überzeugung, die von den mit
der Vermittlung der offiziellen Handelsnachrichten an die Interessenten
beschäftigten Vertretern der Handelsorganisationen noch vielfach stark genährt
wurde.


Neue Bahnen der Exportförderung

Kosten eines systematischen Studiums und Bereisens des Auslandes durch eigene
Angestellte zu tragen, bei mittleren oder gar kleinen Firmen, soweit letztere über¬
haupt das immerhin mit einem höheren Aufwands an Kosten und größerem
Risiko verknüpfte Exportgeschäft betreiben können, läßt sich dies kaum durch¬
führen. Für die Bearbeitung des Marktes haben sich allerdings bis zu einem
gewissen Grade Hilfsmittel finden lassen, nämlich der Katalog und das Inserat,
die infolgedessen neben dem Musterreisenden und Platzvertreter der größeren
Firmen eine gewaltige Bedeutung gewonnen haben. Schwieriger aber gestaltete
sich die Frage hinsichtlich der Erkundung des Auslandsmarktes. Insoweit die
Exporthäuser ausgeschaltet waren und ein eigenes Studium im Auslande sich
nicht ermöglichen ließ, galt es, andere Wege zu finden, um den Bedarf des
Auslandes festzustellen und sein Angebot danach einzurichten. Was lag näher,
als daß man in erster Linie diejenigen Organe in Anspruch nahm, die ohnehin
die Öffentlichkeit mit Informationen über den ausländischen Handel zu versorgen
haben, nämlich die deutschen Konsularbehörden. So kam es, daß diese Behörden
mehr und mehr mit den mannigfachsten und technisch kompliziertesten Anfragen
über die Marktverhältnisse und die Absatzfähigkeit von Erzeugnissen jeder Art
sowie auch mit Anträgen auf Anpreisung von deutschen Waren, Verbreitung
von Katalogen usw. befaßt wurden. Soweit den Anträgen nach Maßgabe der
zu Gebote stehenden Informationsquellen oder sonst nach Lage der Verhältnisse
entsprochen werden konnte, suchten sie den an sie ergehenden Anforderungen
gerecht zu werden; soweit dies nicht der Fall war, setzten alsbald Klagen über
mangelndes Verständnis der Auslandsbeamten für die Erfordernisse des heimischen
Handels ein. Die Regierung kam den Wünschen der Interessenten nach Mög¬
lichkeit entgegen. Es wurden zahlreiche Anweisungen an die Konsuln erlassen,
die ihnen besonders eine eingehende Auskunftstätigkeit zur Pflicht machten. Ja
die Regierung ging sogar soweit, in die Organisation des Auslandsdienstes,
die ohnehin in dem Mangel an Einheitlichkeit des Beamtenkörpers leidet,
noch ein neues Element einzufügen, indem sie mehreren Konsulaten Personen
aus dem Handels- und Gewerbsleben als sogenannte Handelssachverständige
meente, eigens zu dem Zweck der Auskunftserteilung über den Auslandsmarkt.
Dieses Entgegenkommen ebenso wie das Vorgehen anderer Staaten, die an¬
gesichts der Fortschritte, die der deutsche Export von Jahr zu Jahr machte, sich
bewogen fühlten, die deutschen Einrichtungen nachzuahmen, bestärkten in der
Ansicht, daß man sich auf dem richtigen Wege befinde. So wuchs in den
Kreisen der Produzenten allgemach die Überzeugung, daß es Aufgabe des Staates
sei, ihnen die für den Absatz ihrer Erzeugnisse erforderlichen Nachrichten über
den ausländischen Bedarf zu beschaffen und sür das Bekanntwerden der
deutschen Erzeugnisse Sorge zu tragen, eine Überzeugung, die von den mit
der Vermittlung der offiziellen Handelsnachrichten an die Interessenten
beschäftigten Vertretern der Handelsorganisationen noch vielfach stark genährt
wurde.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/70>, abgerufen am 23.07.2024.