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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Neue Bahnen der Exportförderung

genannten Mittel der Exportpflege zugewiesen ist. In dieser Beziehung ist man
heute, entsprechend dem Wesen dieser Mittel, zu folgenden Ergebnissen gelangt:

Die Betreibung einer auf Aufrechterhaltung des Prinzips der offenen Tür
gerichteten internationalen Politik fällt in den Pflichtkreis staatlicher Wirksamkeit.
Handelt es sich doch darum, ein Prinzip einem anderen Staate gegenüber
durchzukämpfen oder zu behaupten. Dazu ist nicht der einzelne, sondern nur
der Staat mit seinen Machtmitteln in der Lage. In der Tat sehen wir aus
den politischen Ereignissen der letzten Jahrzehnte deutlich, daß die mit der
Leitung unserer Auslandspolitik befaßten Stellen die Verfechtung des Prinzips
der offenen Tür so ziemlich als das vornehmste Prinzip ihres Wirkens
betrachten; so mancher Schritt, der in den Augen des In- und Auslandes einem
anderen Ziele zuzustreben schien, hat sich am Ende als lediglich von diesem
Prinzip geleitet erwiesen.

Auch die Befolgung einer dem Export förderlichen Außenhandelspolitik ist
Sache des Staates. Da es sich aber hierbei nicht nur um die Verfechtung von
Prinzipien, sondern auch um die Regelung vieler den einzelnen Geschäftsmann
unmittelbar berührender, oft rein fachtechnischer Fragen handelt, so ist die Mit¬
wirkung der Interessenten dabei weder zu umgehen noch zu entbehren. Sie
erfolgt gewöhnlich in der Weise, daß die Interessenten, befragt oder spontan,
ihre Wünsche äußern und zu den Maßnahmen des Staates Stellung nehmen.
Jedenfalls ist aber auch in der Handelspolitik ein anderer Staat Gegen¬
kontrahent, und so liegt bei ihrer Betreibung das Hauptgewicht, nämlich die
Exekutive und die Verantwortung, beim Staat und seinen Organen. Diese
haben bei den fremden Staaten, die als Absatzmärkte in Frage kommen, die¬
jenigen Zulassungsbedingungen zu erwirken, die einen Export von Waren
dorthin gewährleisten und lohnend machen. Das hat vor allem im Wege von
Handelsverträgen zu geschehen, in denen, sofern es sich nicht lediglich um Meist¬
begünstigungsverträge handelt, außer Zollbindungen nach Möglichkeit Verkehrs¬
erleichterungen und sonstige vorteilhafte Bedingungen für den Handel zu er¬
wirken sind. Das handelspolitische Verhältnis zu einem anderen Staate macht
außerdem eine eingehende Information der beteiligten einheimischen Organe
über die wirtschaftlichen Zustände dieses Staates erforderlich; es bedingt
weiterhin eine fortwährende Überwachungstätigkeit, die sich besonders als Schutz
der Interessenten gegen Übergriffe und Mißverständnisse auf der anderen Seite
äußert. Auch diese zur Handelspolitik gehörigen Funktionen fallen dem Staate
zu. Sie sind hauptsächlich durch seine handelspolitischen Organe im Auslande,
die Konsuln, auszuüben, deren wesentlichste Aufgabe auf diesem Gebiete liegt
und deren richtige Anstellung daher gerade in dieser Beziehung ein wichtiger
Faktor der Exportförderung ist.

In welcher Weise diese Grundsätze bei unserer Außenhandelspolitik beob¬
achtet werden, zeigt eine Betrachtung der dabei mitwirkenden Faktoren. Der
Abschluß von Handelsverträgen, und zwar möglichst von langfristigen Tarif-


Neue Bahnen der Exportförderung

genannten Mittel der Exportpflege zugewiesen ist. In dieser Beziehung ist man
heute, entsprechend dem Wesen dieser Mittel, zu folgenden Ergebnissen gelangt:

Die Betreibung einer auf Aufrechterhaltung des Prinzips der offenen Tür
gerichteten internationalen Politik fällt in den Pflichtkreis staatlicher Wirksamkeit.
Handelt es sich doch darum, ein Prinzip einem anderen Staate gegenüber
durchzukämpfen oder zu behaupten. Dazu ist nicht der einzelne, sondern nur
der Staat mit seinen Machtmitteln in der Lage. In der Tat sehen wir aus
den politischen Ereignissen der letzten Jahrzehnte deutlich, daß die mit der
Leitung unserer Auslandspolitik befaßten Stellen die Verfechtung des Prinzips
der offenen Tür so ziemlich als das vornehmste Prinzip ihres Wirkens
betrachten; so mancher Schritt, der in den Augen des In- und Auslandes einem
anderen Ziele zuzustreben schien, hat sich am Ende als lediglich von diesem
Prinzip geleitet erwiesen.

Auch die Befolgung einer dem Export förderlichen Außenhandelspolitik ist
Sache des Staates. Da es sich aber hierbei nicht nur um die Verfechtung von
Prinzipien, sondern auch um die Regelung vieler den einzelnen Geschäftsmann
unmittelbar berührender, oft rein fachtechnischer Fragen handelt, so ist die Mit¬
wirkung der Interessenten dabei weder zu umgehen noch zu entbehren. Sie
erfolgt gewöhnlich in der Weise, daß die Interessenten, befragt oder spontan,
ihre Wünsche äußern und zu den Maßnahmen des Staates Stellung nehmen.
Jedenfalls ist aber auch in der Handelspolitik ein anderer Staat Gegen¬
kontrahent, und so liegt bei ihrer Betreibung das Hauptgewicht, nämlich die
Exekutive und die Verantwortung, beim Staat und seinen Organen. Diese
haben bei den fremden Staaten, die als Absatzmärkte in Frage kommen, die¬
jenigen Zulassungsbedingungen zu erwirken, die einen Export von Waren
dorthin gewährleisten und lohnend machen. Das hat vor allem im Wege von
Handelsverträgen zu geschehen, in denen, sofern es sich nicht lediglich um Meist¬
begünstigungsverträge handelt, außer Zollbindungen nach Möglichkeit Verkehrs¬
erleichterungen und sonstige vorteilhafte Bedingungen für den Handel zu er¬
wirken sind. Das handelspolitische Verhältnis zu einem anderen Staate macht
außerdem eine eingehende Information der beteiligten einheimischen Organe
über die wirtschaftlichen Zustände dieses Staates erforderlich; es bedingt
weiterhin eine fortwährende Überwachungstätigkeit, die sich besonders als Schutz
der Interessenten gegen Übergriffe und Mißverständnisse auf der anderen Seite
äußert. Auch diese zur Handelspolitik gehörigen Funktionen fallen dem Staate
zu. Sie sind hauptsächlich durch seine handelspolitischen Organe im Auslande,
die Konsuln, auszuüben, deren wesentlichste Aufgabe auf diesem Gebiete liegt
und deren richtige Anstellung daher gerade in dieser Beziehung ein wichtiger
Faktor der Exportförderung ist.

In welcher Weise diese Grundsätze bei unserer Außenhandelspolitik beob¬
achtet werden, zeigt eine Betrachtung der dabei mitwirkenden Faktoren. Der
Abschluß von Handelsverträgen, und zwar möglichst von langfristigen Tarif-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/67>, abgerufen am 23.07.2024.