Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.Augustus Liebe sei, und er nahm sich vor, ihre Liebe zu gewinnen, und war von da an Nie war es ihm möglich, mit der Fremden allein zu sein, bis in einer Die Fremde war bleich geworden und hielt den Blick zu Boden gewendet. "Ich bin kein Ritter," rief Augustus, "ich bin ein Liebender, und ein Sie sah ihn aus ihren hellblauen Augen ernst und strafend an. "Woher Und ob er bat und ob er knirschte, sie wandte sich von ihm und wäre Von da an neigte sich das Glück des Vielgeliebten. Tugend und Ehr¬ Augustus Liebe sei, und er nahm sich vor, ihre Liebe zu gewinnen, und war von da an Nie war es ihm möglich, mit der Fremden allein zu sein, bis in einer Die Fremde war bleich geworden und hielt den Blick zu Boden gewendet. „Ich bin kein Ritter," rief Augustus, „ich bin ein Liebender, und ein Sie sah ihn aus ihren hellblauen Augen ernst und strafend an. „Woher Und ob er bat und ob er knirschte, sie wandte sich von ihm und wäre Von da an neigte sich das Glück des Vielgeliebten. Tugend und Ehr¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0577" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327389"/> <fw type="header" place="top"> Augustus</fw><lb/> <p xml:id="ID_2289" prev="#ID_2288"> Liebe sei, und er nahm sich vor, ihre Liebe zu gewinnen, und war von da an<lb/> zu jeder Stunde des Tages in ihrer Nähe und unter ihren Augen, und weil<lb/> er selbst immerzu von Frauen und Männern umgeben war, die ihn bewunderten<lb/> und seinen Umgang suchten, stand er mit der schönen Strengen inmitten der<lb/> Reisegesellschaft wie ein Fürst mit seiner Fürstin, und auch der Mann der<lb/> Blonden zeichnete ihn aus und bemühte sich ihm zu gefallen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2290"> Nie war es ihm möglich, mit der Fremden allein zu sein, bis in einer<lb/> Hafenstadt des Südens die ganze Reisegesellschaft vom Schiffe ging, um ein<lb/> paar Stunden in der fremden Stadt umherzugehen und wieder eine Weile Erde<lb/> unter den Sohlen zu fühlen. Da wich er nicht von der Geliebten, bis es ihm<lb/> gelang, sie im Gewühl eines bunten Marktplatzes im Gespräch zurückzuhalten.<lb/> Unendlich viele kleine, finstere Gassen mündeten auf diesen Platz, in eine solche<lb/> Gasse führte er sie, die ihm vertraute, und da sie plötzlich sich mit ihm allein<lb/> fühlte und scheu wurde und ihre Gesellschaft nicht mehr sah, wandte er sich ihr<lb/> leuchtend zu, nahm ihre zögernde Hand in seine und bat sie flehend, hier mit<lb/> ihm am Lande zu bleiben und zu fliehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2291"> Die Fremde war bleich geworden und hielt den Blick zu Boden gewendet.<lb/> „O. das ist nicht ritterlich," sagte sie leise. „Lassen Sie mich vergessen, was<lb/> Sie da gesagt haben!"</p><lb/> <p xml:id="ID_2292"> „Ich bin kein Ritter," rief Augustus, „ich bin ein Liebender, und ein<lb/> Liebender weiß nichts anderes als die Geliebte, und hat keinen Gedanken als<lb/> bei ihr zu sein. Ach, du Schöne, komm mit, wir werden glücklich sein."</p><lb/> <p xml:id="ID_2293"> Sie sah ihn aus ihren hellblauen Augen ernst und strafend an. „Woher<lb/> konnten Sie denn wissen." flüsterte sie klagend, „daß ich Sie liebe? Ich kann<lb/> nicht lügen: ich habe Sie lieb und habe oft gewünscht, Sie möchten mein Mann<lb/> sein. Denn Sie sind der erste, den ich von Herzen geliebt habe. Ach, wie<lb/> kann Liebe sich so weit verirren! Ich hätte niemals gedacht, daß es mir möglich<lb/> wäre einen Menschen zu lieben, der nicht rein und gut ist. Aber tausendmal<lb/> lieber will ich bei meinem Manne bleiben, den ich wenig liebe, der aber ein<lb/> Ritter und voll von Ehre und Adel ist. welche Sie nicht kennen. Und nun<lb/> reden Sie kein Wort mehr zu mir und bringen Sie mich an das Schiff zurück,<lb/> sonst rufe ich fremde Menschen um Hilfe gegen Ihre Frechheit an."</p><lb/> <p xml:id="ID_2294"> Und ob er bat und ob er knirschte, sie wandte sich von ihm und wäre<lb/> allein gegangen, wenn er nicht schweigend sich zu ihr gesellt und sie zum Schiff<lb/> begleitet hätte. Dort ließ er seine Koffer ans Land bringen und nahm von<lb/> niemand Abschied.</p><lb/> <p xml:id="ID_2295" next="#ID_2296"> Von da an neigte sich das Glück des Vielgeliebten. Tugend und Ehr¬<lb/> barkeit waren ihm verhaßt geworden, er trat sie mit Füßen und es wurde sein<lb/> Vergnügen, tugendhafte Frauen mit allen Künsten seines Zaubers zu verführen<lb/> und arglose Menschen, die er rasch zu Freunden gewann, auszubeuten und dann<lb/> mit Hohn zu verlassen. Er machte Frauen und Mädchen arm, die er dann<lb/> alsbald verleugnete, und er suchte sich Jünglinge aus edlen Häusern aus. die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0577]
Augustus
Liebe sei, und er nahm sich vor, ihre Liebe zu gewinnen, und war von da an
zu jeder Stunde des Tages in ihrer Nähe und unter ihren Augen, und weil
er selbst immerzu von Frauen und Männern umgeben war, die ihn bewunderten
und seinen Umgang suchten, stand er mit der schönen Strengen inmitten der
Reisegesellschaft wie ein Fürst mit seiner Fürstin, und auch der Mann der
Blonden zeichnete ihn aus und bemühte sich ihm zu gefallen.
Nie war es ihm möglich, mit der Fremden allein zu sein, bis in einer
Hafenstadt des Südens die ganze Reisegesellschaft vom Schiffe ging, um ein
paar Stunden in der fremden Stadt umherzugehen und wieder eine Weile Erde
unter den Sohlen zu fühlen. Da wich er nicht von der Geliebten, bis es ihm
gelang, sie im Gewühl eines bunten Marktplatzes im Gespräch zurückzuhalten.
Unendlich viele kleine, finstere Gassen mündeten auf diesen Platz, in eine solche
Gasse führte er sie, die ihm vertraute, und da sie plötzlich sich mit ihm allein
fühlte und scheu wurde und ihre Gesellschaft nicht mehr sah, wandte er sich ihr
leuchtend zu, nahm ihre zögernde Hand in seine und bat sie flehend, hier mit
ihm am Lande zu bleiben und zu fliehen.
Die Fremde war bleich geworden und hielt den Blick zu Boden gewendet.
„O. das ist nicht ritterlich," sagte sie leise. „Lassen Sie mich vergessen, was
Sie da gesagt haben!"
„Ich bin kein Ritter," rief Augustus, „ich bin ein Liebender, und ein
Liebender weiß nichts anderes als die Geliebte, und hat keinen Gedanken als
bei ihr zu sein. Ach, du Schöne, komm mit, wir werden glücklich sein."
Sie sah ihn aus ihren hellblauen Augen ernst und strafend an. „Woher
konnten Sie denn wissen." flüsterte sie klagend, „daß ich Sie liebe? Ich kann
nicht lügen: ich habe Sie lieb und habe oft gewünscht, Sie möchten mein Mann
sein. Denn Sie sind der erste, den ich von Herzen geliebt habe. Ach, wie
kann Liebe sich so weit verirren! Ich hätte niemals gedacht, daß es mir möglich
wäre einen Menschen zu lieben, der nicht rein und gut ist. Aber tausendmal
lieber will ich bei meinem Manne bleiben, den ich wenig liebe, der aber ein
Ritter und voll von Ehre und Adel ist. welche Sie nicht kennen. Und nun
reden Sie kein Wort mehr zu mir und bringen Sie mich an das Schiff zurück,
sonst rufe ich fremde Menschen um Hilfe gegen Ihre Frechheit an."
Und ob er bat und ob er knirschte, sie wandte sich von ihm und wäre
allein gegangen, wenn er nicht schweigend sich zu ihr gesellt und sie zum Schiff
begleitet hätte. Dort ließ er seine Koffer ans Land bringen und nahm von
niemand Abschied.
Von da an neigte sich das Glück des Vielgeliebten. Tugend und Ehr¬
barkeit waren ihm verhaßt geworden, er trat sie mit Füßen und es wurde sein
Vergnügen, tugendhafte Frauen mit allen Künsten seines Zaubers zu verführen
und arglose Menschen, die er rasch zu Freunden gewann, auszubeuten und dann
mit Hohn zu verlassen. Er machte Frauen und Mädchen arm, die er dann
alsbald verleugnete, und er suchte sich Jünglinge aus edlen Häusern aus. die
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |