Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Das französische Gisenbahnsystem

wirren, hat Frankreich nach dem Frankfurter Frieden mit ungeheueren Kosten
eine zusammenhängende Festungslinie längs der ganzen Ostgrenze geschaffen.

Diese gewaltige Festungsmauer beginnt unmittelbar an der Schweizer Grenze
mit der Forteresse du Lomond und läuft längs der Mosel und Maas bis zur
belgischen Grenze bei Montmödy--Möziöres.

Die vier durch zwei-, ja zum Teil dreifache Fortlinien geschützten befestigten
Lager von Belfort, Epinal, Toul und Verdun bilden die Hauptstützpunkte dieser
36 Meilen langen Festungslinie, welche durch Sperrfortlinien miteinander ver¬
bunden sind, so daß nur zwei schmale Lücken, und zwar zwischen Toul und
Epinal, sowie nördlich Verdun für die deutschen Heere die Möglichkeit eines
Angriffes bieten.

Im Zentrum dieser außerordentlich starken Festungslinie ist durch die Be¬
festigung von Nancy und dessen Verbindung mit Toul ein großes verschanztes
Lager von Nancy--Toul mit einem Umkreis von 90 Kilometern geschaffen.

In bzw. dicht vor diesem verschanzten Lager enden von den zwölf Linien
sieben, während auf dem rechten Flügel bei Belfort eine, bei bzw. dicht hinter
Verdun auf dem linken Flügel vier Linien enden. Wir werden also mit voller
Sicherheit das Gros der französischen Heere, zwei Armeen und eine Reserve¬
armee in dem Lager von Nancy--Toul, eine schwächere Armee bei Belfort,
eine Armee und eine Reservearmee bei Verdun aufmarschieren sehen, von wo
aus sie ihre Operationen gegen die deutschen Heere beginnen werden.

Es leuchtet auf den ersten Blick ein, wie vorteilhaft, wie konzentriert und
stark diese Aufstellung der französischen Armee ist, und zwar beides für die
Offensive, wie die Defensive. Zur Heranführung der Heeresbedürfnisse hat sie
sodann diese zwölf leistungsfähigen Eisenbahnen hinter sich; zur schnellen Ver¬
schiebung großer Truppenmassen von einem Flügel zum anderen stehen aber
fünf Transversalbahnen zur Verfügung, und zwar

1. Die Linie Nancy--Toul--Verdun--Möziöres,
2. NeufckMeau--Gondrecourt--Bar le Duc--Verdun,
3. Chaumont--Revigny--Rethel--M6ziöres,
4. Chaumont-- Brienne--Vitry--Reims--M6ziöres,
5. Belfort--Nancy.

Für den Fall eines angriffsweisen Vorgehens ferner noch die dicht an
der deutschen Grenze entlang gehende Bahn Nancy--Pagny s. Meuse--
Monden6dy.

Während 1870 Frankreich den Entscheidungskampf gegen Deutschland mit
nur acht Armeekorps zu sechsundzwanzig Infanterie- und elf Kavalleriedivistonen
begann und fast gar keine organisierten Reserve- und Besatzungstruppen zur
Verfügung hatte, besteht heute die französische Kriegsmacht

I. aus dem Feldheer I. Linie
zu einundzwanzig Linienkorps Ä zwei Infanteriedivisionen, einer
Reserve-Jnfanteriebrigade, Kavallerie, Artillerie usw.,

Das französische Gisenbahnsystem

wirren, hat Frankreich nach dem Frankfurter Frieden mit ungeheueren Kosten
eine zusammenhängende Festungslinie längs der ganzen Ostgrenze geschaffen.

Diese gewaltige Festungsmauer beginnt unmittelbar an der Schweizer Grenze
mit der Forteresse du Lomond und läuft längs der Mosel und Maas bis zur
belgischen Grenze bei Montmödy—Möziöres.

Die vier durch zwei-, ja zum Teil dreifache Fortlinien geschützten befestigten
Lager von Belfort, Epinal, Toul und Verdun bilden die Hauptstützpunkte dieser
36 Meilen langen Festungslinie, welche durch Sperrfortlinien miteinander ver¬
bunden sind, so daß nur zwei schmale Lücken, und zwar zwischen Toul und
Epinal, sowie nördlich Verdun für die deutschen Heere die Möglichkeit eines
Angriffes bieten.

Im Zentrum dieser außerordentlich starken Festungslinie ist durch die Be¬
festigung von Nancy und dessen Verbindung mit Toul ein großes verschanztes
Lager von Nancy—Toul mit einem Umkreis von 90 Kilometern geschaffen.

In bzw. dicht vor diesem verschanzten Lager enden von den zwölf Linien
sieben, während auf dem rechten Flügel bei Belfort eine, bei bzw. dicht hinter
Verdun auf dem linken Flügel vier Linien enden. Wir werden also mit voller
Sicherheit das Gros der französischen Heere, zwei Armeen und eine Reserve¬
armee in dem Lager von Nancy—Toul, eine schwächere Armee bei Belfort,
eine Armee und eine Reservearmee bei Verdun aufmarschieren sehen, von wo
aus sie ihre Operationen gegen die deutschen Heere beginnen werden.

Es leuchtet auf den ersten Blick ein, wie vorteilhaft, wie konzentriert und
stark diese Aufstellung der französischen Armee ist, und zwar beides für die
Offensive, wie die Defensive. Zur Heranführung der Heeresbedürfnisse hat sie
sodann diese zwölf leistungsfähigen Eisenbahnen hinter sich; zur schnellen Ver¬
schiebung großer Truppenmassen von einem Flügel zum anderen stehen aber
fünf Transversalbahnen zur Verfügung, und zwar

1. Die Linie Nancy—Toul—Verdun—Möziöres,
2. NeufckMeau—Gondrecourt—Bar le Duc—Verdun,
3. Chaumont—Revigny—Rethel—M6ziöres,
4. Chaumont— Brienne—Vitry—Reims—M6ziöres,
5. Belfort—Nancy.

Für den Fall eines angriffsweisen Vorgehens ferner noch die dicht an
der deutschen Grenze entlang gehende Bahn Nancy—Pagny s. Meuse—
Monden6dy.

Während 1870 Frankreich den Entscheidungskampf gegen Deutschland mit
nur acht Armeekorps zu sechsundzwanzig Infanterie- und elf Kavalleriedivistonen
begann und fast gar keine organisierten Reserve- und Besatzungstruppen zur
Verfügung hatte, besteht heute die französische Kriegsmacht

I. aus dem Feldheer I. Linie
zu einundzwanzig Linienkorps Ä zwei Infanteriedivisionen, einer
Reserve-Jnfanteriebrigade, Kavallerie, Artillerie usw.,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0572" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327384"/>
          <fw type="header" place="top"> Das französische Gisenbahnsystem</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2257" prev="#ID_2256"> wirren, hat Frankreich nach dem Frankfurter Frieden mit ungeheueren Kosten<lb/>
eine zusammenhängende Festungslinie längs der ganzen Ostgrenze geschaffen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2258"> Diese gewaltige Festungsmauer beginnt unmittelbar an der Schweizer Grenze<lb/>
mit der Forteresse du Lomond und läuft längs der Mosel und Maas bis zur<lb/>
belgischen Grenze bei Montmödy&#x2014;Möziöres.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2259"> Die vier durch zwei-, ja zum Teil dreifache Fortlinien geschützten befestigten<lb/>
Lager von Belfort, Epinal, Toul und Verdun bilden die Hauptstützpunkte dieser<lb/>
36 Meilen langen Festungslinie, welche durch Sperrfortlinien miteinander ver¬<lb/>
bunden sind, so daß nur zwei schmale Lücken, und zwar zwischen Toul und<lb/>
Epinal, sowie nördlich Verdun für die deutschen Heere die Möglichkeit eines<lb/>
Angriffes bieten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2260"> Im Zentrum dieser außerordentlich starken Festungslinie ist durch die Be¬<lb/>
festigung von Nancy und dessen Verbindung mit Toul ein großes verschanztes<lb/>
Lager von Nancy&#x2014;Toul mit einem Umkreis von 90 Kilometern geschaffen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2261"> In bzw. dicht vor diesem verschanzten Lager enden von den zwölf Linien<lb/>
sieben, während auf dem rechten Flügel bei Belfort eine, bei bzw. dicht hinter<lb/>
Verdun auf dem linken Flügel vier Linien enden. Wir werden also mit voller<lb/>
Sicherheit das Gros der französischen Heere, zwei Armeen und eine Reserve¬<lb/>
armee in dem Lager von Nancy&#x2014;Toul, eine schwächere Armee bei Belfort,<lb/>
eine Armee und eine Reservearmee bei Verdun aufmarschieren sehen, von wo<lb/>
aus sie ihre Operationen gegen die deutschen Heere beginnen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2262"> Es leuchtet auf den ersten Blick ein, wie vorteilhaft, wie konzentriert und<lb/>
stark diese Aufstellung der französischen Armee ist, und zwar beides für die<lb/>
Offensive, wie die Defensive. Zur Heranführung der Heeresbedürfnisse hat sie<lb/>
sodann diese zwölf leistungsfähigen Eisenbahnen hinter sich; zur schnellen Ver¬<lb/>
schiebung großer Truppenmassen von einem Flügel zum anderen stehen aber<lb/>
fünf Transversalbahnen zur Verfügung, und zwar</p><lb/>
          <list>
            <item> 1. Die Linie Nancy&#x2014;Toul&#x2014;Verdun&#x2014;Möziöres,</item>
            <item> 2. NeufckMeau&#x2014;Gondrecourt&#x2014;Bar le Duc&#x2014;Verdun,</item>
            <item> 3. Chaumont&#x2014;Revigny&#x2014;Rethel&#x2014;M6ziöres,</item>
            <item> 4. Chaumont&#x2014; Brienne&#x2014;Vitry&#x2014;Reims&#x2014;M6ziöres,</item>
            <item> 5. Belfort&#x2014;Nancy.</item>
          </list><lb/>
          <p xml:id="ID_2263"> Für den Fall eines angriffsweisen Vorgehens ferner noch die dicht an<lb/>
der deutschen Grenze entlang gehende Bahn Nancy&#x2014;Pagny s. Meuse&#x2014;<lb/>
Monden6dy.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2264"> Während 1870 Frankreich den Entscheidungskampf gegen Deutschland mit<lb/>
nur acht Armeekorps zu sechsundzwanzig Infanterie- und elf Kavalleriedivistonen<lb/>
begann und fast gar keine organisierten Reserve- und Besatzungstruppen zur<lb/>
Verfügung hatte, besteht heute die französische Kriegsmacht</p><lb/>
          <list>
            <item> I. aus dem Feldheer I. Linie<lb/>
zu einundzwanzig Linienkorps Ä zwei Infanteriedivisionen, einer<lb/>
Reserve-Jnfanteriebrigade, Kavallerie, Artillerie usw.,</item>
          </list><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0572] Das französische Gisenbahnsystem wirren, hat Frankreich nach dem Frankfurter Frieden mit ungeheueren Kosten eine zusammenhängende Festungslinie längs der ganzen Ostgrenze geschaffen. Diese gewaltige Festungsmauer beginnt unmittelbar an der Schweizer Grenze mit der Forteresse du Lomond und läuft längs der Mosel und Maas bis zur belgischen Grenze bei Montmödy—Möziöres. Die vier durch zwei-, ja zum Teil dreifache Fortlinien geschützten befestigten Lager von Belfort, Epinal, Toul und Verdun bilden die Hauptstützpunkte dieser 36 Meilen langen Festungslinie, welche durch Sperrfortlinien miteinander ver¬ bunden sind, so daß nur zwei schmale Lücken, und zwar zwischen Toul und Epinal, sowie nördlich Verdun für die deutschen Heere die Möglichkeit eines Angriffes bieten. Im Zentrum dieser außerordentlich starken Festungslinie ist durch die Be¬ festigung von Nancy und dessen Verbindung mit Toul ein großes verschanztes Lager von Nancy—Toul mit einem Umkreis von 90 Kilometern geschaffen. In bzw. dicht vor diesem verschanzten Lager enden von den zwölf Linien sieben, während auf dem rechten Flügel bei Belfort eine, bei bzw. dicht hinter Verdun auf dem linken Flügel vier Linien enden. Wir werden also mit voller Sicherheit das Gros der französischen Heere, zwei Armeen und eine Reserve¬ armee in dem Lager von Nancy—Toul, eine schwächere Armee bei Belfort, eine Armee und eine Reservearmee bei Verdun aufmarschieren sehen, von wo aus sie ihre Operationen gegen die deutschen Heere beginnen werden. Es leuchtet auf den ersten Blick ein, wie vorteilhaft, wie konzentriert und stark diese Aufstellung der französischen Armee ist, und zwar beides für die Offensive, wie die Defensive. Zur Heranführung der Heeresbedürfnisse hat sie sodann diese zwölf leistungsfähigen Eisenbahnen hinter sich; zur schnellen Ver¬ schiebung großer Truppenmassen von einem Flügel zum anderen stehen aber fünf Transversalbahnen zur Verfügung, und zwar 1. Die Linie Nancy—Toul—Verdun—Möziöres, 2. NeufckMeau—Gondrecourt—Bar le Duc—Verdun, 3. Chaumont—Revigny—Rethel—M6ziöres, 4. Chaumont— Brienne—Vitry—Reims—M6ziöres, 5. Belfort—Nancy. Für den Fall eines angriffsweisen Vorgehens ferner noch die dicht an der deutschen Grenze entlang gehende Bahn Nancy—Pagny s. Meuse— Monden6dy. Während 1870 Frankreich den Entscheidungskampf gegen Deutschland mit nur acht Armeekorps zu sechsundzwanzig Infanterie- und elf Kavalleriedivistonen begann und fast gar keine organisierten Reserve- und Besatzungstruppen zur Verfügung hatte, besteht heute die französische Kriegsmacht I. aus dem Feldheer I. Linie zu einundzwanzig Linienkorps Ä zwei Infanteriedivisionen, einer Reserve-Jnfanteriebrigade, Kavallerie, Artillerie usw.,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/572
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/572>, abgerufen am 06.07.2024.