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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Reichsspiegel

Ich meine, es ist damit das stärkste Stück gegeben, und die wirklich harm¬
losen Worte des jungen Leutnants stehen nicht im Verhältnis zu den dreisten
Beleidigungen, die sich der Zaberner Anzeiger dem Deutschtum und der Armee
gegenüber leistet.

Es wird im Zusammenhang noch interessant sein, was ein Schweizer der
Kölnischen Zeitung aus Basel zum Kapitel "Wackes" schreibt:

"Angesichts der wachsenden Bedeutung, welche der Ereignisse in Zabern
wegen dem Worte "Wackes" beigelegt wird, dürfte es interessieren, daß Wackes
auf "Schwyzerdütsch" "Wäggis" heißt, dessen Anwendung nichts weniger als
selten ist. Man hört das Wort Wäggis viel zu oft, als daß damit jedesmal
etwas Beleidigendes beabsichtigt sein könnte, wenngleich darin ein Kosename
allerdings auch nicht gerade erblickt werden kann. Warum man Wäggis sagt,
soll nicht untersucht werden, wie anderseits diese Zeilen kein Beschönigungs¬
versuch für beklagenswerte Entgleisungen sein sollen. Der Ausdruck Wäggis ist
in Basel aber jedenfalls fast an der Tagesordnung, und das weiß der Ersässer
ganz genau. Trotzdem kommt er gern nach Basel, mit Vorliebe kommt er sogar
zur Basler Fastnacht in die alte Rheinstadt, ausgerechnet zu einer Zeit, zu der
in Basel sämtliche Straßen und Wirtschaften voll sind von als Wäggis ver¬
kleideten Einheimischen, welche unter dieser Maske ihr Spiel des sogenannten
Jntrigierens treiben. Der Wäggis stellt einen elsässischen Bauer in Holzschuhen
mit weißen Hosen, blauem Leinenkittel, Zipfelmütze, blöder Gesichtsmaske, Knoten-
stock und einem Gemüsenetz über dem Rücken dar. Man steht große und kleine
Wäggis, ganz kleine sogar, die kaum laufen können und schon die schelmhafte
Waggistracht spazieren führen. Trotzdem kommt der Elsässer mit Vorliebe nach
Basel, denn -- wenn zwei dasselbe tun, dann ist das bekanntlich noch lange
nicht dasselbe."

Weiter sendet der Köln. Ztg. ein Zigarrenfabrikant die letzte Nummer des
vom Kaiserlichen Patentamt herausgegebenen Warenzeichenblattes, die die Ein¬
tragung "Gold-Wackes" für einen im Elsaß ansässigen Tabakfabrikanten enthält.
Der Einsender bemerkt dazu: Diese Eintragung kann zur Beleuchtung des in
den letzten Tagen so viel genannten Wortes "Wackes" beitragen. Wenn ein
elsässischer Fabrikant das Wort als Warenzeichen wählt, so können ihm doch
nicht nur verächtliche Begriffe anhaften. Das Zeichen ist laut Warenzeichenblatt
bereits am 16. Mai d. I. angemeldet und am 30. September d. I. ein¬
G, Li, getragen worden.




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Reichsspiegel

Ich meine, es ist damit das stärkste Stück gegeben, und die wirklich harm¬
losen Worte des jungen Leutnants stehen nicht im Verhältnis zu den dreisten
Beleidigungen, die sich der Zaberner Anzeiger dem Deutschtum und der Armee
gegenüber leistet.

Es wird im Zusammenhang noch interessant sein, was ein Schweizer der
Kölnischen Zeitung aus Basel zum Kapitel „Wackes" schreibt:

„Angesichts der wachsenden Bedeutung, welche der Ereignisse in Zabern
wegen dem Worte „Wackes" beigelegt wird, dürfte es interessieren, daß Wackes
auf „Schwyzerdütsch" „Wäggis" heißt, dessen Anwendung nichts weniger als
selten ist. Man hört das Wort Wäggis viel zu oft, als daß damit jedesmal
etwas Beleidigendes beabsichtigt sein könnte, wenngleich darin ein Kosename
allerdings auch nicht gerade erblickt werden kann. Warum man Wäggis sagt,
soll nicht untersucht werden, wie anderseits diese Zeilen kein Beschönigungs¬
versuch für beklagenswerte Entgleisungen sein sollen. Der Ausdruck Wäggis ist
in Basel aber jedenfalls fast an der Tagesordnung, und das weiß der Ersässer
ganz genau. Trotzdem kommt er gern nach Basel, mit Vorliebe kommt er sogar
zur Basler Fastnacht in die alte Rheinstadt, ausgerechnet zu einer Zeit, zu der
in Basel sämtliche Straßen und Wirtschaften voll sind von als Wäggis ver¬
kleideten Einheimischen, welche unter dieser Maske ihr Spiel des sogenannten
Jntrigierens treiben. Der Wäggis stellt einen elsässischen Bauer in Holzschuhen
mit weißen Hosen, blauem Leinenkittel, Zipfelmütze, blöder Gesichtsmaske, Knoten-
stock und einem Gemüsenetz über dem Rücken dar. Man steht große und kleine
Wäggis, ganz kleine sogar, die kaum laufen können und schon die schelmhafte
Waggistracht spazieren führen. Trotzdem kommt der Elsässer mit Vorliebe nach
Basel, denn — wenn zwei dasselbe tun, dann ist das bekanntlich noch lange
nicht dasselbe."

Weiter sendet der Köln. Ztg. ein Zigarrenfabrikant die letzte Nummer des
vom Kaiserlichen Patentamt herausgegebenen Warenzeichenblattes, die die Ein¬
tragung „Gold-Wackes" für einen im Elsaß ansässigen Tabakfabrikanten enthält.
Der Einsender bemerkt dazu: Diese Eintragung kann zur Beleuchtung des in
den letzten Tagen so viel genannten Wortes „Wackes" beitragen. Wenn ein
elsässischer Fabrikant das Wort als Warenzeichen wählt, so können ihm doch
nicht nur verächtliche Begriffe anhaften. Das Zeichen ist laut Warenzeichenblatt
bereits am 16. Mai d. I. angemeldet und am 30. September d. I. ein¬
G, Li, getragen worden.




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[0543] Reichsspiegel Ich meine, es ist damit das stärkste Stück gegeben, und die wirklich harm¬ losen Worte des jungen Leutnants stehen nicht im Verhältnis zu den dreisten Beleidigungen, die sich der Zaberner Anzeiger dem Deutschtum und der Armee gegenüber leistet. Es wird im Zusammenhang noch interessant sein, was ein Schweizer der Kölnischen Zeitung aus Basel zum Kapitel „Wackes" schreibt: „Angesichts der wachsenden Bedeutung, welche der Ereignisse in Zabern wegen dem Worte „Wackes" beigelegt wird, dürfte es interessieren, daß Wackes auf „Schwyzerdütsch" „Wäggis" heißt, dessen Anwendung nichts weniger als selten ist. Man hört das Wort Wäggis viel zu oft, als daß damit jedesmal etwas Beleidigendes beabsichtigt sein könnte, wenngleich darin ein Kosename allerdings auch nicht gerade erblickt werden kann. Warum man Wäggis sagt, soll nicht untersucht werden, wie anderseits diese Zeilen kein Beschönigungs¬ versuch für beklagenswerte Entgleisungen sein sollen. Der Ausdruck Wäggis ist in Basel aber jedenfalls fast an der Tagesordnung, und das weiß der Ersässer ganz genau. Trotzdem kommt er gern nach Basel, mit Vorliebe kommt er sogar zur Basler Fastnacht in die alte Rheinstadt, ausgerechnet zu einer Zeit, zu der in Basel sämtliche Straßen und Wirtschaften voll sind von als Wäggis ver¬ kleideten Einheimischen, welche unter dieser Maske ihr Spiel des sogenannten Jntrigierens treiben. Der Wäggis stellt einen elsässischen Bauer in Holzschuhen mit weißen Hosen, blauem Leinenkittel, Zipfelmütze, blöder Gesichtsmaske, Knoten- stock und einem Gemüsenetz über dem Rücken dar. Man steht große und kleine Wäggis, ganz kleine sogar, die kaum laufen können und schon die schelmhafte Waggistracht spazieren führen. Trotzdem kommt der Elsässer mit Vorliebe nach Basel, denn — wenn zwei dasselbe tun, dann ist das bekanntlich noch lange nicht dasselbe." Weiter sendet der Köln. Ztg. ein Zigarrenfabrikant die letzte Nummer des vom Kaiserlichen Patentamt herausgegebenen Warenzeichenblattes, die die Ein¬ tragung „Gold-Wackes" für einen im Elsaß ansässigen Tabakfabrikanten enthält. Der Einsender bemerkt dazu: Diese Eintragung kann zur Beleuchtung des in den letzten Tagen so viel genannten Wortes „Wackes" beitragen. Wenn ein elsässischer Fabrikant das Wort als Warenzeichen wählt, so können ihm doch nicht nur verächtliche Begriffe anhaften. Das Zeichen ist laut Warenzeichenblatt bereits am 16. Mai d. I. angemeldet und am 30. September d. I. ein¬ G, Li, getragen worden. 34*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/543>, abgerufen am 24.08.2024.