Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.Neues für die Jugend Was vermöchte wohl uns tiefer im Vaterlande, in der Heimat wurzeln zu Die guten Traditionen des "Jungbrunnens" im früheren Fischer u. Franke¬ Neues für die Jugend Was vermöchte wohl uns tiefer im Vaterlande, in der Heimat wurzeln zu Die guten Traditionen des „Jungbrunnens" im früheren Fischer u. Franke¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/327338"/> <fw type="header" place="top"> Neues für die Jugend</fw><lb/> <p xml:id="ID_2094"> Was vermöchte wohl uns tiefer im Vaterlande, in der Heimat wurzeln zu<lb/> lassen als traute Kindheitserinnerungen unseres Volkes, wie sie uns vor allen<lb/> in den Märchen und Sagen geboten werden! „Am Urquell unseres Volks-<lb/> tums" nennt sich ein Jugend- und Volksbuch von O. Weigert (Verlag Kon-<lb/> lordia in Buhl, 3 Mark), wie es uns seit langem nottat, und aus dem wir der<lb/> deutschen Jugend einen diesen Trunk wünschten. Da leben unsere alten Götter,<lb/> fromme Sitte, traute Gebräuche wieder auf, der Wald ist erfüllt vom heiligen<lb/> Schauer göttlicher Wesen; der reiche Schatz sinniger Volksnamen breitet sich vor<lb/> uns aus. Und für das Mittelalter schließt sich ihm der Band „Bei unseren<lb/> Altvorderen", im selben Verlage, gleichwertig an. — Eine Ausgabe der Grimmschen<lb/> Märchen sein eigen zu nennen, wird besonders hundert Jahre nach dem ersten<lb/> Erscheinen der Wunsch manch eines sein. Man braucht kaum für Märchen¬<lb/> forschung besonders interessiert zu sein, um es mit Freuden zu begrüßen, daß<lb/> die Becksche Verlagshandlung in München die kostbare Gabe in der ersten,<lb/> ursprünglichen Fassung, herausgegeben von Panzer, in zwei schönen Halb¬<lb/> pergamentbänden (zu 11 Mark) auf den Markt bringt. schlicht, kindlich, traut,<lb/> ohne die späteren Zusätze und Veränderungen, die nicht immer Verbesserungen<lb/> waren, haben wir sie nun wieder vor uns, um daraus nach Herzenslust der<lb/> Familie zu spenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2095" next="#ID_2096"> Die guten Traditionen des „Jungbrunnens" im früheren Fischer u. Franke¬<lb/> schen Verlage, der in der Buchausstattung als einer der ersten auf den alten<lb/> deutschen Holzschnittstil zurückgriff und darin Unvergessenes leistete, leben wieder<lb/> auf im Holbein-Verlage in Stuttgart — München. Der „Deutsche Balladen-<lb/> born" mit den vielen Bildern von Hein, Horst-Schulze, E. Liebermann, Müller-<lb/> Münster, Stassen, Stroedel und Volkmann leidet nur daran, daß in der sonst<lb/> guten Auswahl eine Anzahl moderner Dichter wie Falke, Liliencron u. a., wohl<lb/> aus Honorarrücksichten, fehlen; eine der schönst ausgestatteten Sammlungen<lb/> bleibt er darum doch. Aus dem Märchen- und Sagenschatz bringt der Verlag<lb/> eine Auswahl von Andersen, Grimm u. a. unter dem Titel „Märchen", den<lb/> „Fortunat und seine Söhne" in Ausstattung von Franz Stassen und die präch¬<lb/> tigen „Sagen und Märchen von der Frau Holle", die neben den Schwarzwei߬<lb/> zeichnungen drei sarbige Steinzeichnungen von Stumpf aufweisen. Ihnen<lb/> schließen sich die „Alpenmärchen", Andersens „Eisjungfrau" (Bilder von Bossard),<lb/> Oehlenschlägers „Waulundur", mit den kräftigen Bildern von Braune, und<lb/> Grundtvigs „Volksmärchen der Dänen", von Stumpf gezeichnet, an, alle in<lb/> selten schöner Ausstattung zu billigsten Preisen (1,20 Mark bis 3 Mark). Eines<lb/> der schönsten Bücher überhaupt, das auch im Gegensatz zu den vorhergehenden<lb/> durchgehends sarbige Bilder aufweist, ist die Ouartausgabe von Mörikes „Stutt¬<lb/> garter Hutzelmännlein". Hier ist die Aufgabe, farbige Bilder zu schaffen, die<lb/> nicht als bloße Zugabe zu dem Text wirken, restlos gelöst: die siebenunddreißig<lb/> Bilder des jungen Schwaben Karl Stirner sind von vornherein graphisch<lb/> empfunden und gehen stileinheitlich mit dem Drucktext zusammen; in ihnen lebt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
Neues für die Jugend
Was vermöchte wohl uns tiefer im Vaterlande, in der Heimat wurzeln zu
lassen als traute Kindheitserinnerungen unseres Volkes, wie sie uns vor allen
in den Märchen und Sagen geboten werden! „Am Urquell unseres Volks-
tums" nennt sich ein Jugend- und Volksbuch von O. Weigert (Verlag Kon-
lordia in Buhl, 3 Mark), wie es uns seit langem nottat, und aus dem wir der
deutschen Jugend einen diesen Trunk wünschten. Da leben unsere alten Götter,
fromme Sitte, traute Gebräuche wieder auf, der Wald ist erfüllt vom heiligen
Schauer göttlicher Wesen; der reiche Schatz sinniger Volksnamen breitet sich vor
uns aus. Und für das Mittelalter schließt sich ihm der Band „Bei unseren
Altvorderen", im selben Verlage, gleichwertig an. — Eine Ausgabe der Grimmschen
Märchen sein eigen zu nennen, wird besonders hundert Jahre nach dem ersten
Erscheinen der Wunsch manch eines sein. Man braucht kaum für Märchen¬
forschung besonders interessiert zu sein, um es mit Freuden zu begrüßen, daß
die Becksche Verlagshandlung in München die kostbare Gabe in der ersten,
ursprünglichen Fassung, herausgegeben von Panzer, in zwei schönen Halb¬
pergamentbänden (zu 11 Mark) auf den Markt bringt. schlicht, kindlich, traut,
ohne die späteren Zusätze und Veränderungen, die nicht immer Verbesserungen
waren, haben wir sie nun wieder vor uns, um daraus nach Herzenslust der
Familie zu spenden.
Die guten Traditionen des „Jungbrunnens" im früheren Fischer u. Franke¬
schen Verlage, der in der Buchausstattung als einer der ersten auf den alten
deutschen Holzschnittstil zurückgriff und darin Unvergessenes leistete, leben wieder
auf im Holbein-Verlage in Stuttgart — München. Der „Deutsche Balladen-
born" mit den vielen Bildern von Hein, Horst-Schulze, E. Liebermann, Müller-
Münster, Stassen, Stroedel und Volkmann leidet nur daran, daß in der sonst
guten Auswahl eine Anzahl moderner Dichter wie Falke, Liliencron u. a., wohl
aus Honorarrücksichten, fehlen; eine der schönst ausgestatteten Sammlungen
bleibt er darum doch. Aus dem Märchen- und Sagenschatz bringt der Verlag
eine Auswahl von Andersen, Grimm u. a. unter dem Titel „Märchen", den
„Fortunat und seine Söhne" in Ausstattung von Franz Stassen und die präch¬
tigen „Sagen und Märchen von der Frau Holle", die neben den Schwarzwei߬
zeichnungen drei sarbige Steinzeichnungen von Stumpf aufweisen. Ihnen
schließen sich die „Alpenmärchen", Andersens „Eisjungfrau" (Bilder von Bossard),
Oehlenschlägers „Waulundur", mit den kräftigen Bildern von Braune, und
Grundtvigs „Volksmärchen der Dänen", von Stumpf gezeichnet, an, alle in
selten schöner Ausstattung zu billigsten Preisen (1,20 Mark bis 3 Mark). Eines
der schönsten Bücher überhaupt, das auch im Gegensatz zu den vorhergehenden
durchgehends sarbige Bilder aufweist, ist die Ouartausgabe von Mörikes „Stutt¬
garter Hutzelmännlein". Hier ist die Aufgabe, farbige Bilder zu schaffen, die
nicht als bloße Zugabe zu dem Text wirken, restlos gelöst: die siebenunddreißig
Bilder des jungen Schwaben Karl Stirner sind von vornherein graphisch
empfunden und gehen stileinheitlich mit dem Drucktext zusammen; in ihnen lebt
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