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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Reform der inneren Verwaltung

einer gewissen Zeit mögen schließlich diese Dezernenten zu Geheimräten mit dem
Range der Räte dritter Klasse ernannt werden, wodurch die tiefe Kluft, die
zwischen Regierung und Ministerium gähnt, in angemessener Weise überbrückt
werden würde.

Damit hätte die landläufige Karriere ihr Ende erreicht, von der im ein¬
zelnen Falle natürlich auch abgewichen werden könnte und müßte. Dies würde
z. B. erforderlich sein, um die Dezernentenstellen beim Oberpräsidium zu besetzen.
Auch dürfte sich nichts dagegen einwenden lassen, wenn ein Landrat in seiner
Stellung zu bleiben wünscht, diesem Wunsche zu entsprechen usw.

Die für den Verwaltungsdienst notwendigen technischen Kräfte werden
naturgemäß eine Art Mittelstellung zwischen den etatsmäßigen und nicht etats¬
mäßig angestellten Verwaltungsbeamten einnehmen müssen. Selbständige Dezer¬
nate können sie nur haben, soweit diese rein technischer Natur sind. Zu¬
eigentlichen Verwaltung können sie ebensowenig geeignet erscheinen, als Ver¬
waltungsbeamte zur Tätigkeit eines Mediziners oder eines Architekten heranzu¬
ziehen sind.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß mit unseren Vorschlägen gewisse
Änderungen der Rangverhältnisse verbunden sind, so daß die Dezernenten der
Regierung bis zur dritten Rangklasse emporsteigen können, während dies jetzt
nicht möglich ist. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß dies die einzigen
Rangverhältnisse wären, deren Änderung wir für erwägenswert halten. Wir
wollten nur damit für den einen häufig vorkommenden Fall das andeuten, was
wir allerdings allgemein für die Ordnung der Rangverhältnisse von Wichtigkeit
halten. Wir meinen, daß die verschiedenen Rangklassen die einzelnen Beamten¬
kategorien zueinander hinführen müßten, daß aber nicht schroffe Gegensätze
geschaffen werden sollten, welche wie zwei verschiedene Welten die Beamten von¬
einander trennen. Wir meinen, daß auch der bescheidensten Laufbahn ein
bescheidenes Höhersteigen vorbehalten werden müßte, schon um ein gesundes
Streben und eine gewisse Achtung vor der eigenen Stellung wach zu halten,
was für den Staatsbeamten von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Sind
Rangstufen gewiß auch nur Formalitäten, so sind sie in der Beamtenhierarchie
doch nicht zu entbehren. Ihre unrichtige Anwendung kann leicht zu falschen
Deutungen und irrigen Vorstellungen führen, die sich in jeder Organisation schließlich
schädigend bemerkbar machen müssen.

Im engen Zusammenhange mit den Rangverhältnissen steht die Gehalts¬
frage. Man wird letztere kaum richtig beantworten können, wenn man sich
nicht darüber klar werden will, welche Stellung der Verwaltungsbeamte im
heutigen Staatsleben überhaupt einzunehmen hat. Dabei ist nicht zu vergessen,
daß es vornehmlich die Verwaltungsbeamten sind, die den Staat als solchen
darstellen. Post-, Eisenbahnbeamte gehören Unternehmungen an, die rein wirt¬
schaftlicher Natur sind. Wenn der Staat hier Betriebsleiter ist. so ist er dies
aus besonderen Gründen, die aber für die Existenz des Staates nicht wesentlich


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Reform der inneren Verwaltung

einer gewissen Zeit mögen schließlich diese Dezernenten zu Geheimräten mit dem
Range der Räte dritter Klasse ernannt werden, wodurch die tiefe Kluft, die
zwischen Regierung und Ministerium gähnt, in angemessener Weise überbrückt
werden würde.

Damit hätte die landläufige Karriere ihr Ende erreicht, von der im ein¬
zelnen Falle natürlich auch abgewichen werden könnte und müßte. Dies würde
z. B. erforderlich sein, um die Dezernentenstellen beim Oberpräsidium zu besetzen.
Auch dürfte sich nichts dagegen einwenden lassen, wenn ein Landrat in seiner
Stellung zu bleiben wünscht, diesem Wunsche zu entsprechen usw.

Die für den Verwaltungsdienst notwendigen technischen Kräfte werden
naturgemäß eine Art Mittelstellung zwischen den etatsmäßigen und nicht etats¬
mäßig angestellten Verwaltungsbeamten einnehmen müssen. Selbständige Dezer¬
nate können sie nur haben, soweit diese rein technischer Natur sind. Zu¬
eigentlichen Verwaltung können sie ebensowenig geeignet erscheinen, als Ver¬
waltungsbeamte zur Tätigkeit eines Mediziners oder eines Architekten heranzu¬
ziehen sind.

Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß mit unseren Vorschlägen gewisse
Änderungen der Rangverhältnisse verbunden sind, so daß die Dezernenten der
Regierung bis zur dritten Rangklasse emporsteigen können, während dies jetzt
nicht möglich ist. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß dies die einzigen
Rangverhältnisse wären, deren Änderung wir für erwägenswert halten. Wir
wollten nur damit für den einen häufig vorkommenden Fall das andeuten, was
wir allerdings allgemein für die Ordnung der Rangverhältnisse von Wichtigkeit
halten. Wir meinen, daß die verschiedenen Rangklassen die einzelnen Beamten¬
kategorien zueinander hinführen müßten, daß aber nicht schroffe Gegensätze
geschaffen werden sollten, welche wie zwei verschiedene Welten die Beamten von¬
einander trennen. Wir meinen, daß auch der bescheidensten Laufbahn ein
bescheidenes Höhersteigen vorbehalten werden müßte, schon um ein gesundes
Streben und eine gewisse Achtung vor der eigenen Stellung wach zu halten,
was für den Staatsbeamten von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Sind
Rangstufen gewiß auch nur Formalitäten, so sind sie in der Beamtenhierarchie
doch nicht zu entbehren. Ihre unrichtige Anwendung kann leicht zu falschen
Deutungen und irrigen Vorstellungen führen, die sich in jeder Organisation schließlich
schädigend bemerkbar machen müssen.

Im engen Zusammenhange mit den Rangverhältnissen steht die Gehalts¬
frage. Man wird letztere kaum richtig beantworten können, wenn man sich
nicht darüber klar werden will, welche Stellung der Verwaltungsbeamte im
heutigen Staatsleben überhaupt einzunehmen hat. Dabei ist nicht zu vergessen,
daß es vornehmlich die Verwaltungsbeamten sind, die den Staat als solchen
darstellen. Post-, Eisenbahnbeamte gehören Unternehmungen an, die rein wirt¬
schaftlicher Natur sind. Wenn der Staat hier Betriebsleiter ist. so ist er dies
aus besonderen Gründen, die aber für die Existenz des Staates nicht wesentlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/511>, abgerufen am 24.08.2024.