Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.Llchjagd ohne Aufenthalt, bald langsam, bald schweißtriefend vor fieberhafter Eile, bald So geht es vorwärts, bis am Nachmittag unsere ermüdeten Glieder Und weiter geht es in unermüdlichem Eifer. Da -- etwa um vier Uhr Grenzboten IV 1913 30
Llchjagd ohne Aufenthalt, bald langsam, bald schweißtriefend vor fieberhafter Eile, bald So geht es vorwärts, bis am Nachmittag unsere ermüdeten Glieder Und weiter geht es in unermüdlichem Eifer. Da — etwa um vier Uhr Grenzboten IV 1913 30
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Llchjagd
ohne Aufenthalt, bald langsam, bald schweißtriefend vor fieberhafter Eile, bald
hinter einer Spur her. bald in gerader Richtung nach Osten.
So geht es vorwärts, bis am Nachmittag unsere ermüdeten Glieder
gebieterisch nach einer kurzen Rast verlangen. Auf einem kleinen, krüppelholz¬
bewachsenen Felsrücken, der eine gewisse Umschau gestattet, wird Halt gemacht.
Schnell ist ein Teil des mitgenommenen Proviants verzehrt; die nötige Herz¬
stärkung wird nicht vergessen. Schon wieder Schnaps? Leider ja, schon wieder.
Ich kann nichts dafür, es ist nun einmal da oben im Norden nicht anders.
Es muß am Klima liegen, nicht wahr. Freund Vinquist? — Wir werfen uns
der Länge nach ins Heidekraut, bis Numinnen, der Jagdleiter, zum Aufbruch
mahnt. Also mit frischen Kräften drauf los! Diesmal werden bald die Hunde
laut, doch läßt ihr Herr keine Freude in uns aufkommen: er versichert, es
könne sich bestenfalls um einen Fuchs handeln; bei einem Elch erhöben die Tiere
anderen Anschlag. Und er hat leider recht: nicht einmal einem Fuchs, sondern
einer friedlich grasenden Gesellschaft von Rindern gilt das kurze Gekläff. Offenbar
waren wir in die Nähe eines Bauernhofes gekommen, dessen Vieh, wie in
Finnland des mangelnden Weidelandes wegen üblich, frei in den Wäldern
umhergraste. Übrigens bringen diese Tiere doch eine gewisse Abwechslung in
unseren mühsamen Marsch. „Aufgepaßt!" ruft der Beilträger, der ein paar
Schritte voraus ist. „Hunde an die KetteI" Und es ist in der Tat allerhöchste
Zeit. Schon im nächsten Augenblick läßt sich wildes Glockengerassel vernehmen,
und wir sehen den einen unserer vierbeinigen Begleiter in heulendem Entsetzen
aus einem Gehölz hervorschießen, verfolgt von fünf, sechs blindwütenden Rindern,
deren lange Hörner wohl geeignet sind, ihm den Garaus zu machen. Wie
eine Herde Elefanten kommen sie hinter dem Unglücksköter hergestürmt, uns
fast über den Haufen rennend in ihrer schäumenden Raserei. Nur den ver-
einten Anstrengungen von uns Jägern, die wir eiligst die Hunde in unsere
Mitte genommen haben, gelingt es. die streitbaren Wiederkäuer durch unsanfte
Kolbenstöße fortzutreiben; immer wieder versuchen sie von verschiedenen Seiten
hinterlistige Angriffe auf unser winselndes Hundepaar und geben Vinquist
erwünschte Gelegenheit, in heroischen Verteidigerposen zu glänzen. — Hier bietet
sich dem Tierpsychologen ein reiches Feld. Ist es nicht seltsam, daß der riesige,
bärenstarke Elch beim Erscheinen des kleinsten Kläffers in kopflosen Entsetzen
die Flucht ergreift, um erst angeschossen für Mensch und Hund gefährlich zu
werden, während das „friedliche" Rindvieh ohne weiteres wutrasend auf den
schleunigst Reißaus nehmenden Hund losstürzt?
Und weiter geht es in unermüdlichem Eifer. Da — etwa um vier Uhr
— wieder Hundegebell; gellend, jauchzend klingt es zu uns herüber, die wir
gerade durch einen Sumpf patschen. Halt! Ein Elch! Nein — zwei! Denn
von verschiedenen Seiten her klingt der Laut unserer treuen Gehilfen. In
einem Kreis stehen wir da im Wasser und halten Kriegsrat. Schnell wird
eine Teilung unseres Häufleins beschlossen: Vinquist, Numinnen und der Wald-
Grenzboten IV 1913 30
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