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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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berg haben gegen Erstattung tarifmäßiger
Gebühren jedem Beteiligten Einsicht in die
Familienregister zu gestatten und Auszüge
aus denselben zu vermitteln. Es erscheint ohne
weiteres einleuchtend, das; der Schritt von
dieser Buchführung an einzelnen Stellen bis
zur Buchführung über sämtliche Familien
durch eine Zentralstelle z, B, dem Geheimen
Haus- und Staatsarchiv in Stuttgart kein
allzu großer sein dürfte.

Daß das Verständnis für Familienauf¬
zeichnungen sich auch in unserem Volke zu
regen beginnt, geht weiter aus dem immer
mehr und mehr wachsenden Begehren nach
Familienstammbüchern hervor. Es sind dies
nicht zu dicke, in feste Pappdeckel gebundene
Büchlein, meistens in Oktavformnt, die der
Standesbeamte auf Verlangen den Braut¬
leuten aushändigt und in denen Räume für Per¬
sonenstandsangaben über die Eheschlieszenden,
deren Eltern, den zu erwartenden Kindern
oder dergleichen mehr vorgesehen sind. Der
Standesbeamte hat auf Verlangen die be¬
treffenden Eintragungen in amtlicher Eigen¬
schaft vorzunehmen und mit seinem Dienst¬
siegel zu versehen.

Seit dem Jahre 1873 lassen sich solche
Bücher zuerst in der Rheinprovinz und im
Königreich Sachsen nachweisen. Der Gebrauch
der Familieustammbücher hat sich immer mehr
ausgebreitet. Heute haben schon folgende
Bundesstaaten den Gebrauch der Familien-
stammbücher gesetzlich geregelt. Es sind dies
-- außer Preußen -- Hessen, Oldenburg,
Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt,
Königreich Sachsen, Mecklenburg-Schwerin,
Baden und das Reichsland Elsaß-Lothringen.

Die anfangs nur ein paarSeiten umfassenden
und nur für die notwendigsten Eintragungen
bestimmten Büchlein weisen heute schon einen
stattlicheren Umfang und geschmackvollere
äußere Ausstattung auf. Trotzdem übersteigt
ihr Preis nie 2 Mark, so daß jede Arbeiter¬
familie in der Lage sein dürfte, solch ein
Familienstammbuch zu erstehen.

Die Zweckmäßigkeit eines solchen Familien¬
stammbuchs leuchtet ohne weiteres ein, da es
an Stelle der leicht verlierbaren und leicht
verstreuten Einzelurkunden über Familien¬
ereignisse alles Urkundenmaterial in einem
Heft vereinigt.

[Spaltenumbruch]

Um diese Familienstammbücher für Fa¬
milienforschungszwecke verwendbar zu machen,
ist bereits mehrfach von sachkundiger Seite,
wie z. B. von Dr. Devrient in Leipzig, vor¬
geschlagen worden, daß die Familienstamm¬
bücher nach dem Ableben der Beteiligten an
gewisse Sammelstellen, z. B. an das Amts¬
gericht, abzuliefern seien. Das würde ich
nicht empfehlen, weil gerade die Familien¬
stammbücher vor allen Dingen dem Zwecke
der einzelnen Familie zu dienen haben.

Derselbe Erfolg -- Verwertung des in
den Familienstammbüchern aufgespeicherten
genealogischen Materials -- läßt sich ohne
weiteres auf folgende Weise erzielen.

Schon jetzt ist es reichsgesetzlich -- § 14
des Personenstandsgesetzes vom 6. Februar
1872 -- festgelegt, daß der Standesbeamte
von jeder Eintragung in das Register an
demselben Tage eine von ihm zu beglaubi¬
gende Abschrift in ein sogenanntes Neben¬
register einzutragen hat. Diese Nebenregister
sind nach Ablauf eines Kalenderjahres an
das für das betreffende Standesamt zustän¬
dige Amtsgericht zur Aufbewahrung abzulie¬
fern. Demgegenüber erscheint es ein leichtes,
daß der Standesbeamte anstelle der einen
beglaubigten Abschrift zwei beglaubigte
Abschriften anfertigt und diese zweite Ab¬
schrift, vielleicht auch in Form eines zweiten
Nebenregisters, nach Ablauf des Kalender¬
jahres an das zuständige Staatsarchiv ab¬
liefert.

Da die Familienstammbücher, wenn auch
in verkürzter Form, nichts anderes enthalten
als die Eintragungen, die der Standesbeamte
sowieso vorzunehmen hat, würde eine viel
Ärger und Kosten verursachende Rücklieferung
der Familienstammbücher nach dem Ableben
der Beteiligton vermieden und doch derselbe
Erfolg und zwar in noch zentralisierterer
Form erzielt werden.

An den Staatsarchiven müßte eine beson¬
dere genealogische Abteilung unter einem
genealogisch vorgebildeten und genealogisch
geschulten Dezernenten geschaffen werden, der
die diesbezüglichen Einrichtungen und Arbeiten
zu leiten und die Auskunftsgesuche zu er¬
ledigen hätte.

Die Schaffung einer solchen Abteilung
setzt allerdings voraus, daß erst ein altes

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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berg haben gegen Erstattung tarifmäßiger
Gebühren jedem Beteiligten Einsicht in die
Familienregister zu gestatten und Auszüge
aus denselben zu vermitteln. Es erscheint ohne
weiteres einleuchtend, das; der Schritt von
dieser Buchführung an einzelnen Stellen bis
zur Buchführung über sämtliche Familien
durch eine Zentralstelle z, B, dem Geheimen
Haus- und Staatsarchiv in Stuttgart kein
allzu großer sein dürfte.

Daß das Verständnis für Familienauf¬
zeichnungen sich auch in unserem Volke zu
regen beginnt, geht weiter aus dem immer
mehr und mehr wachsenden Begehren nach
Familienstammbüchern hervor. Es sind dies
nicht zu dicke, in feste Pappdeckel gebundene
Büchlein, meistens in Oktavformnt, die der
Standesbeamte auf Verlangen den Braut¬
leuten aushändigt und in denen Räume für Per¬
sonenstandsangaben über die Eheschlieszenden,
deren Eltern, den zu erwartenden Kindern
oder dergleichen mehr vorgesehen sind. Der
Standesbeamte hat auf Verlangen die be¬
treffenden Eintragungen in amtlicher Eigen¬
schaft vorzunehmen und mit seinem Dienst¬
siegel zu versehen.

Seit dem Jahre 1873 lassen sich solche
Bücher zuerst in der Rheinprovinz und im
Königreich Sachsen nachweisen. Der Gebrauch
der Familieustammbücher hat sich immer mehr
ausgebreitet. Heute haben schon folgende
Bundesstaaten den Gebrauch der Familien-
stammbücher gesetzlich geregelt. Es sind dies
— außer Preußen — Hessen, Oldenburg,
Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt,
Königreich Sachsen, Mecklenburg-Schwerin,
Baden und das Reichsland Elsaß-Lothringen.

Die anfangs nur ein paarSeiten umfassenden
und nur für die notwendigsten Eintragungen
bestimmten Büchlein weisen heute schon einen
stattlicheren Umfang und geschmackvollere
äußere Ausstattung auf. Trotzdem übersteigt
ihr Preis nie 2 Mark, so daß jede Arbeiter¬
familie in der Lage sein dürfte, solch ein
Familienstammbuch zu erstehen.

Die Zweckmäßigkeit eines solchen Familien¬
stammbuchs leuchtet ohne weiteres ein, da es
an Stelle der leicht verlierbaren und leicht
verstreuten Einzelurkunden über Familien¬
ereignisse alles Urkundenmaterial in einem
Heft vereinigt.

[Spaltenumbruch]

Um diese Familienstammbücher für Fa¬
milienforschungszwecke verwendbar zu machen,
ist bereits mehrfach von sachkundiger Seite,
wie z. B. von Dr. Devrient in Leipzig, vor¬
geschlagen worden, daß die Familienstamm¬
bücher nach dem Ableben der Beteiligten an
gewisse Sammelstellen, z. B. an das Amts¬
gericht, abzuliefern seien. Das würde ich
nicht empfehlen, weil gerade die Familien¬
stammbücher vor allen Dingen dem Zwecke
der einzelnen Familie zu dienen haben.

Derselbe Erfolg — Verwertung des in
den Familienstammbüchern aufgespeicherten
genealogischen Materials — läßt sich ohne
weiteres auf folgende Weise erzielen.

Schon jetzt ist es reichsgesetzlich — § 14
des Personenstandsgesetzes vom 6. Februar
1872 — festgelegt, daß der Standesbeamte
von jeder Eintragung in das Register an
demselben Tage eine von ihm zu beglaubi¬
gende Abschrift in ein sogenanntes Neben¬
register einzutragen hat. Diese Nebenregister
sind nach Ablauf eines Kalenderjahres an
das für das betreffende Standesamt zustän¬
dige Amtsgericht zur Aufbewahrung abzulie¬
fern. Demgegenüber erscheint es ein leichtes,
daß der Standesbeamte anstelle der einen
beglaubigten Abschrift zwei beglaubigte
Abschriften anfertigt und diese zweite Ab¬
schrift, vielleicht auch in Form eines zweiten
Nebenregisters, nach Ablauf des Kalender¬
jahres an das zuständige Staatsarchiv ab¬
liefert.

Da die Familienstammbücher, wenn auch
in verkürzter Form, nichts anderes enthalten
als die Eintragungen, die der Standesbeamte
sowieso vorzunehmen hat, würde eine viel
Ärger und Kosten verursachende Rücklieferung
der Familienstammbücher nach dem Ableben
der Beteiligton vermieden und doch derselbe
Erfolg und zwar in noch zentralisierterer
Form erzielt werden.

An den Staatsarchiven müßte eine beson¬
dere genealogische Abteilung unter einem
genealogisch vorgebildeten und genealogisch
geschulten Dezernenten geschaffen werden, der
die diesbezüglichen Einrichtungen und Arbeiten
zu leiten und die Auskunftsgesuche zu er¬
ledigen hätte.

Die Schaffung einer solchen Abteilung
setzt allerdings voraus, daß erst ein altes

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[0344] Maßgebliches und Unmaßgebliches berg haben gegen Erstattung tarifmäßiger Gebühren jedem Beteiligten Einsicht in die Familienregister zu gestatten und Auszüge aus denselben zu vermitteln. Es erscheint ohne weiteres einleuchtend, das; der Schritt von dieser Buchführung an einzelnen Stellen bis zur Buchführung über sämtliche Familien durch eine Zentralstelle z, B, dem Geheimen Haus- und Staatsarchiv in Stuttgart kein allzu großer sein dürfte. Daß das Verständnis für Familienauf¬ zeichnungen sich auch in unserem Volke zu regen beginnt, geht weiter aus dem immer mehr und mehr wachsenden Begehren nach Familienstammbüchern hervor. Es sind dies nicht zu dicke, in feste Pappdeckel gebundene Büchlein, meistens in Oktavformnt, die der Standesbeamte auf Verlangen den Braut¬ leuten aushändigt und in denen Räume für Per¬ sonenstandsangaben über die Eheschlieszenden, deren Eltern, den zu erwartenden Kindern oder dergleichen mehr vorgesehen sind. Der Standesbeamte hat auf Verlangen die be¬ treffenden Eintragungen in amtlicher Eigen¬ schaft vorzunehmen und mit seinem Dienst¬ siegel zu versehen. Seit dem Jahre 1873 lassen sich solche Bücher zuerst in der Rheinprovinz und im Königreich Sachsen nachweisen. Der Gebrauch der Familieustammbücher hat sich immer mehr ausgebreitet. Heute haben schon folgende Bundesstaaten den Gebrauch der Familien- stammbücher gesetzlich geregelt. Es sind dies — außer Preußen — Hessen, Oldenburg, Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudolstadt, Königreich Sachsen, Mecklenburg-Schwerin, Baden und das Reichsland Elsaß-Lothringen. Die anfangs nur ein paarSeiten umfassenden und nur für die notwendigsten Eintragungen bestimmten Büchlein weisen heute schon einen stattlicheren Umfang und geschmackvollere äußere Ausstattung auf. Trotzdem übersteigt ihr Preis nie 2 Mark, so daß jede Arbeiter¬ familie in der Lage sein dürfte, solch ein Familienstammbuch zu erstehen. Die Zweckmäßigkeit eines solchen Familien¬ stammbuchs leuchtet ohne weiteres ein, da es an Stelle der leicht verlierbaren und leicht verstreuten Einzelurkunden über Familien¬ ereignisse alles Urkundenmaterial in einem Heft vereinigt. Um diese Familienstammbücher für Fa¬ milienforschungszwecke verwendbar zu machen, ist bereits mehrfach von sachkundiger Seite, wie z. B. von Dr. Devrient in Leipzig, vor¬ geschlagen worden, daß die Familienstamm¬ bücher nach dem Ableben der Beteiligten an gewisse Sammelstellen, z. B. an das Amts¬ gericht, abzuliefern seien. Das würde ich nicht empfehlen, weil gerade die Familien¬ stammbücher vor allen Dingen dem Zwecke der einzelnen Familie zu dienen haben. Derselbe Erfolg — Verwertung des in den Familienstammbüchern aufgespeicherten genealogischen Materials — läßt sich ohne weiteres auf folgende Weise erzielen. Schon jetzt ist es reichsgesetzlich — § 14 des Personenstandsgesetzes vom 6. Februar 1872 — festgelegt, daß der Standesbeamte von jeder Eintragung in das Register an demselben Tage eine von ihm zu beglaubi¬ gende Abschrift in ein sogenanntes Neben¬ register einzutragen hat. Diese Nebenregister sind nach Ablauf eines Kalenderjahres an das für das betreffende Standesamt zustän¬ dige Amtsgericht zur Aufbewahrung abzulie¬ fern. Demgegenüber erscheint es ein leichtes, daß der Standesbeamte anstelle der einen beglaubigten Abschrift zwei beglaubigte Abschriften anfertigt und diese zweite Ab¬ schrift, vielleicht auch in Form eines zweiten Nebenregisters, nach Ablauf des Kalender¬ jahres an das zuständige Staatsarchiv ab¬ liefert. Da die Familienstammbücher, wenn auch in verkürzter Form, nichts anderes enthalten als die Eintragungen, die der Standesbeamte sowieso vorzunehmen hat, würde eine viel Ärger und Kosten verursachende Rücklieferung der Familienstammbücher nach dem Ableben der Beteiligton vermieden und doch derselbe Erfolg und zwar in noch zentralisierterer Form erzielt werden. An den Staatsarchiven müßte eine beson¬ dere genealogische Abteilung unter einem genealogisch vorgebildeten und genealogisch geschulten Dezernenten geschaffen werden, der die diesbezüglichen Einrichtungen und Arbeiten zu leiten und die Auskunftsgesuche zu er¬ ledigen hätte. Die Schaffung einer solchen Abteilung setzt allerdings voraus, daß erst ein altes

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326811/344>, abgerufen am 24.08.2024.