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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Mit dem Kaiser auf Reisen

mit einer großen Servelatwurst. G . . . . war der um ein Jahr ältere Zwillings-
brüdern! So wird allerlei Unsinn gemacht; die Tage würden sonst zu lang . . ."

Einen zusammenhängenden Überblick über das Leben und Treiben an
Bord der Hohenzollern und der harmlosen, gesunde Sinne verratenden
Fröhlichkeit, mit der man sich vergnügte, gewinnt man aber aus den
"Statuten der Nordlandsfahrtgesellschaft".

"Die Nordlandsfahrtgesellschaft", heißt der erste Paragraph, "ist eine
Abendgesellschaft, die sich für gewöhnlich bis zur Mitternachtssonne ausdehnt."
"Sie besteht aus allen denjenigen, welche sich an der Aufsuchung der Mitter¬
nachtssonne beteiligt haben oder hierzu noch werden berufen werden" erläutert
der zweite und "Die Gesellschaft lebt teils von Erinnerungen, teils von Konserven"
endet der dritte.

Diese drei ersten Paragraphen des Statuts deuten schon darauf hin, daß
diese Gesellschaft sich nicht zu wissenschaftlichen Forscherzwecken zusammengetan
hat und wenn wir aus § 4 erfahren, daß für die "Frische der Konserven der
Nordlandsfahrtgesellschaft Freiherr von Lyneker, für diejenigen der Erinnerungen
der berühmte Reisende Dr. Güßfeldt verantwortlich" ist, so können wir mit
einiger Sicherheit darauf schließen, daß die Nordlandsfahrtgesellschaft eine
fröhliche Tafelrunde ist, deren einziger Lebenszweck darin besteht, ihre Gesellschafter
angenehm zu unterhalten.

An der Spitze der Nordlandsgesellschaft steht der "Allerdurchlauchtigste
Fahrtenmeister" Kaiser Wilhelm der Zweite. Ihre Teilnehmer werden in Ober¬
fahrtgesellen und Vize-Oberfahrtgesellen geteilt. Jeder von diesen hat ein be¬
sonderes Amt zu verwalten, dessen Pflichten und Rechte gleichfalls statutarisch
festgelegt sind.

Die wichtigsten Paragraphen des Gesellschaftsstatuts lauten:

"Der berühmte Besteiger Güßfeldt besteigt an den Versammlungsabenden
(aber nicht vor 11 Uhr) das Katheder, um Erinnerungen zum besten zu geben,
deren Länge und Breite vorher durch den Navigationsoffizier der Gesellschaft
Kapitän von Senden zu bestimmen ist."

"Für die bildliche Festlegung (von Erlebnissen und Ereignissen. G. El.)
steht der Gesellschaft die bewährte Riesenkraft des Schnellmalers, Momentphoto-
und Reichsgrafen Em. zur Verfügung. Letzterem ist hierbei jeder irgend
mögliche Vorschub zu leisten, namentlich ihm nichts Strauchelbares in den Weg
zu legen;" und § 12 fährt fort:

"Wenn Fahrtgeselle Graf Em. die Hauptmomente zur allgemeinen Zu¬
friedenheit auf das Papier schmeißt, so verpflichtet sich die Gesellschaft zu
folgenden Gegenleistungen: es soll nämlich dem Grafen Em. gestattet sein, an
den Versammlungsabenden entweder eine Szene aus der Trauerdichtung "Grals¬
bürsten", oder ein Musikstück vorzutragen. Letzteres unter der Bedingung, daß
er sich das hierzu nötige Instrument aus der Pianofortefabrik von Grüson
selbst besorgt."


Mit dem Kaiser auf Reisen

mit einer großen Servelatwurst. G . . . . war der um ein Jahr ältere Zwillings-
brüdern! So wird allerlei Unsinn gemacht; die Tage würden sonst zu lang . . ."

Einen zusammenhängenden Überblick über das Leben und Treiben an
Bord der Hohenzollern und der harmlosen, gesunde Sinne verratenden
Fröhlichkeit, mit der man sich vergnügte, gewinnt man aber aus den
„Statuten der Nordlandsfahrtgesellschaft".

„Die Nordlandsfahrtgesellschaft", heißt der erste Paragraph, „ist eine
Abendgesellschaft, die sich für gewöhnlich bis zur Mitternachtssonne ausdehnt."
„Sie besteht aus allen denjenigen, welche sich an der Aufsuchung der Mitter¬
nachtssonne beteiligt haben oder hierzu noch werden berufen werden" erläutert
der zweite und „Die Gesellschaft lebt teils von Erinnerungen, teils von Konserven"
endet der dritte.

Diese drei ersten Paragraphen des Statuts deuten schon darauf hin, daß
diese Gesellschaft sich nicht zu wissenschaftlichen Forscherzwecken zusammengetan
hat und wenn wir aus § 4 erfahren, daß für die „Frische der Konserven der
Nordlandsfahrtgesellschaft Freiherr von Lyneker, für diejenigen der Erinnerungen
der berühmte Reisende Dr. Güßfeldt verantwortlich" ist, so können wir mit
einiger Sicherheit darauf schließen, daß die Nordlandsfahrtgesellschaft eine
fröhliche Tafelrunde ist, deren einziger Lebenszweck darin besteht, ihre Gesellschafter
angenehm zu unterhalten.

An der Spitze der Nordlandsgesellschaft steht der „Allerdurchlauchtigste
Fahrtenmeister" Kaiser Wilhelm der Zweite. Ihre Teilnehmer werden in Ober¬
fahrtgesellen und Vize-Oberfahrtgesellen geteilt. Jeder von diesen hat ein be¬
sonderes Amt zu verwalten, dessen Pflichten und Rechte gleichfalls statutarisch
festgelegt sind.

Die wichtigsten Paragraphen des Gesellschaftsstatuts lauten:

„Der berühmte Besteiger Güßfeldt besteigt an den Versammlungsabenden
(aber nicht vor 11 Uhr) das Katheder, um Erinnerungen zum besten zu geben,
deren Länge und Breite vorher durch den Navigationsoffizier der Gesellschaft
Kapitän von Senden zu bestimmen ist."

„Für die bildliche Festlegung (von Erlebnissen und Ereignissen. G. El.)
steht der Gesellschaft die bewährte Riesenkraft des Schnellmalers, Momentphoto-
und Reichsgrafen Em. zur Verfügung. Letzterem ist hierbei jeder irgend
mögliche Vorschub zu leisten, namentlich ihm nichts Strauchelbares in den Weg
zu legen;" und § 12 fährt fort:

„Wenn Fahrtgeselle Graf Em. die Hauptmomente zur allgemeinen Zu¬
friedenheit auf das Papier schmeißt, so verpflichtet sich die Gesellschaft zu
folgenden Gegenleistungen: es soll nämlich dem Grafen Em. gestattet sein, an
den Versammlungsabenden entweder eine Szene aus der Trauerdichtung „Grals¬
bürsten", oder ein Musikstück vorzutragen. Letzteres unter der Bedingung, daß
er sich das hierzu nötige Instrument aus der Pianofortefabrik von Grüson
selbst besorgt."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/88>, abgerufen am 19.10.2024.