Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Kinematograph und Zeitgeschichte die Tausende und Abertausende in den Straßen Berlins geduldig hat aus¬ Aber auch sonst ist der Inhalt dieser aktuellen Films doch keineswegs Endlich darf auch nicht vergessen werden, daß die Vorführung von Films Kinematograph und Zeitgeschichte die Tausende und Abertausende in den Straßen Berlins geduldig hat aus¬ Aber auch sonst ist der Inhalt dieser aktuellen Films doch keineswegs Endlich darf auch nicht vergessen werden, daß die Vorführung von Films <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0629" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326799"/> <fw type="header" place="top"> Kinematograph und Zeitgeschichte</fw><lb/> <p xml:id="ID_3074" prev="#ID_3073"> die Tausende und Abertausende in den Straßen Berlins geduldig hat aus¬<lb/> harren sehen, der hat sicherlich mit uns bedauert, daß es nur so unendlich<lb/> wenigen vergönnt gewesen ist, das prächtige Schauspiel, das so viele Herzen<lb/> höher schlagen ließ, zu schauen, der wird es mit uns mit Freuden begrüßen,<lb/> daß die rührigen Filmfabriken es verstanden haben, die Feierlichkeiten auf¬<lb/> zunehmen und mit solcher Schnelligkeit die Films herzustellen, daß sie zum Teil<lb/> schon an demselben Abend vorgeführt werden konnten. Hierdurch ist es<lb/> Hunderttausenden, ja Millionen, welche von den Feierlichkeiten selbst nichts<lb/> sehen konnten, ermöglicht worden, wenigstens einen Ausschnitt davon im<lb/> lebenden Bilde vor sich vorüberziehen zu sehen. Kann die kinematographiscke<lb/> Vorführung hierbei naturgemäß auch nur einen schwachen Abglanz der Wirk¬<lb/> lichkeit geben, so ist sie doch ein so vorzügliches Surrogat, wie es noch vor<lb/> wenigen Jahrzehnten auch die kühnsten Träume sich kaum ausmalen konnten!</p><lb/> <p xml:id="ID_3075"> Aber auch sonst ist der Inhalt dieser aktuellen Films doch keineswegs<lb/> immer ganz gleichgültig! Werden positive Kenntnisse von Wert wohl auch nur<lb/> in ganz verschwindend geringem Maße durch sie vermittelt, so ist es doch<lb/> keineswegs ganz belanglos, wenn auf diese Weise patriotische Bilder, Paraden,<lb/> Denkmaleinweihungen, neue Werke der Technik usw. den Millionen ständiger<lb/> Kinobesucher vorgeführt werden. Unbewußt beeinflussen diese ständig wieder¬<lb/> kehrenden, lebendig dargestellten Vorgänge doch das Fühlen und Denken<lb/> Tausender und Abertausender in merklichem Maße. Wem es nicht gleichgültig<lb/> ist, ob vaterländisches Fühlen, Verständnis für soziale Tätigkeit, Stolz auf<lb/> unsere Armee und Marine, Begeisterung für das Flugwesen, Freude am edlen<lb/> Sport, unserem Volke erhalten bleiben und gerade auch in solchen Schichten<lb/> nicht ganz verschwinden, welche das Gros der ständigen Kinobesucher stellen,<lb/> der wird es mit uns sür eine gar nicht unwesentliche Aufgabe des Kinotheaters<lb/> halten, durch Vorführung derartiger aktueller Bilder sein Scherflein dazu bei¬<lb/> zutragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3076" next="#ID_3077"> Endlich darf auch nicht vergessen werden, daß die Vorführung von Films<lb/> aus der deutschen Zeitgeschichte auch über Deutschlands Grenzen hinaus sür uns<lb/> von Bedeutung ist. Die Filmfabrikanten arbeiten für den Weltmarkt und<lb/> können dies, da die Sprache des Bildes den Angehörigen aller Nationen ver¬<lb/> ständlich ist. Die Organisation der großen Filmfabriken, welche sich speziell auch<lb/> mit derartigen aktuellen Aufnahmen befassen, ist so ausgezeichnet, daß sie überall<lb/> ihre Vertreter haben oder doch, sobald ein Ereignis von Bedeutung zu erwarten<lb/> ist, ihre Leute zur kinematographischen Aufnahme hinsenden. Die Films werden<lb/> dann in allen Weltteilen gezeigt, namentlich die Aufnahmen der alteingeführten<lb/> französischen Fabriken. Nicht nnr den zahlreichen Deutschen im Auslande wiro<lb/> es erwünscht sein, wenn sie bei dieser Gelegenheit recht oft auch gerade Bilder<lb/> aus der Heimat zu Gesicht bekommen, sondern auch für das Ansehen der<lb/> Deutschen im Auslande dürfte es nicht vollkommen gleichgültig sein, ob den<lb/> fremden Völkern der Hauptsache nach nur französische oder englische Begehen-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0629]
Kinematograph und Zeitgeschichte
die Tausende und Abertausende in den Straßen Berlins geduldig hat aus¬
harren sehen, der hat sicherlich mit uns bedauert, daß es nur so unendlich
wenigen vergönnt gewesen ist, das prächtige Schauspiel, das so viele Herzen
höher schlagen ließ, zu schauen, der wird es mit uns mit Freuden begrüßen,
daß die rührigen Filmfabriken es verstanden haben, die Feierlichkeiten auf¬
zunehmen und mit solcher Schnelligkeit die Films herzustellen, daß sie zum Teil
schon an demselben Abend vorgeführt werden konnten. Hierdurch ist es
Hunderttausenden, ja Millionen, welche von den Feierlichkeiten selbst nichts
sehen konnten, ermöglicht worden, wenigstens einen Ausschnitt davon im
lebenden Bilde vor sich vorüberziehen zu sehen. Kann die kinematographiscke
Vorführung hierbei naturgemäß auch nur einen schwachen Abglanz der Wirk¬
lichkeit geben, so ist sie doch ein so vorzügliches Surrogat, wie es noch vor
wenigen Jahrzehnten auch die kühnsten Träume sich kaum ausmalen konnten!
Aber auch sonst ist der Inhalt dieser aktuellen Films doch keineswegs
immer ganz gleichgültig! Werden positive Kenntnisse von Wert wohl auch nur
in ganz verschwindend geringem Maße durch sie vermittelt, so ist es doch
keineswegs ganz belanglos, wenn auf diese Weise patriotische Bilder, Paraden,
Denkmaleinweihungen, neue Werke der Technik usw. den Millionen ständiger
Kinobesucher vorgeführt werden. Unbewußt beeinflussen diese ständig wieder¬
kehrenden, lebendig dargestellten Vorgänge doch das Fühlen und Denken
Tausender und Abertausender in merklichem Maße. Wem es nicht gleichgültig
ist, ob vaterländisches Fühlen, Verständnis für soziale Tätigkeit, Stolz auf
unsere Armee und Marine, Begeisterung für das Flugwesen, Freude am edlen
Sport, unserem Volke erhalten bleiben und gerade auch in solchen Schichten
nicht ganz verschwinden, welche das Gros der ständigen Kinobesucher stellen,
der wird es mit uns sür eine gar nicht unwesentliche Aufgabe des Kinotheaters
halten, durch Vorführung derartiger aktueller Bilder sein Scherflein dazu bei¬
zutragen.
Endlich darf auch nicht vergessen werden, daß die Vorführung von Films
aus der deutschen Zeitgeschichte auch über Deutschlands Grenzen hinaus sür uns
von Bedeutung ist. Die Filmfabrikanten arbeiten für den Weltmarkt und
können dies, da die Sprache des Bildes den Angehörigen aller Nationen ver¬
ständlich ist. Die Organisation der großen Filmfabriken, welche sich speziell auch
mit derartigen aktuellen Aufnahmen befassen, ist so ausgezeichnet, daß sie überall
ihre Vertreter haben oder doch, sobald ein Ereignis von Bedeutung zu erwarten
ist, ihre Leute zur kinematographischen Aufnahme hinsenden. Die Films werden
dann in allen Weltteilen gezeigt, namentlich die Aufnahmen der alteingeführten
französischen Fabriken. Nicht nnr den zahlreichen Deutschen im Auslande wiro
es erwünscht sein, wenn sie bei dieser Gelegenheit recht oft auch gerade Bilder
aus der Heimat zu Gesicht bekommen, sondern auch für das Ansehen der
Deutschen im Auslande dürfte es nicht vollkommen gleichgültig sein, ob den
fremden Völkern der Hauptsache nach nur französische oder englische Begehen-
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