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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Sturm

Vertrage war Bulgarien in der darauffolgenden Zeit nicht in der Lage, eine
erfolgreiche Handelspolitik zu treiben, da die abgeschlossenen Verträge auch für
Bulgarien Geltung hatten und dem bulgarischen Handel allzugroße Hindernisse
in den Weg legten. Erst als Bulgarien nach langen Versuchen gegen Ende
des vorigen Jahrhunderts den Abschluß günstigerer Verträge durchsetzte, konnte
sich der Handel Bulgariens entwickeln und aufblühen. Die Export- und Jm-
portziffern stiegen ständig, und wenn die bulgarische Handelsbilanz sehr
unbeständig und schwankend ist, so ist die Ursache dasür der Agrarcharakter
Bulgariens. Wenn die Ernte gut ausfällt, ist die Ausfuhr groß und dem¬
entsprechend auch die Einfuhr.




5>turn
Roman Max Ludwig von(Schluß)

Pastor Tannebaum hatte das Gut noch nicht verlassen. Er war mit Evi
zu den beiden Kranken gegangen, um sich in seiner stillen, freundlichen Art nach
ihrem Befinden zu erkundigen.

Am Bett der Russin sah er Edda sitzen. Er hatte das Gefühl, hier eine
intime Aussprache zu stören, denn Frau Lolja Jwanow schmiegte ihre tränen¬
feuchte Wange in die Hand des jungen Mädchens. So verließ er das Zimmer
wieder nach wenigen Worten und begab sich hinüber zu Wolff Joachim.

Bei ihm saßen Manteuffel und Waldemar von Rehren. Natürlich drehte
sich das Gespräch um die Kämpfe der letzten Tage. Der rote Reiter wurde
beschrieben.

"nobel sah der Kerl aus und Manieren hatte er wie ein Gentleman,"
berichtete Waldemar von Rehren. "Wie mag er heißen -- woher mag er
stammen?"

"Weiß der Kuckuck, wie die Gesichter manchmal zustande kommen. Es
wird manchen wilden Bruch geben hier im Lande, wie anderswo auch. Und
hie und da spürt man dann das edle Blut. Was meinen Sie, Herr Pastor,
wie Ihre Kirchenbücher aussehen würden, wenn all die illegitimen Kinder den
Namen des Vaters trügen?"

So sprach Reus von Manteuffel leichten Tones. Und Pastor Tannebaum
räusperte sich verlegen.


Sturm

Vertrage war Bulgarien in der darauffolgenden Zeit nicht in der Lage, eine
erfolgreiche Handelspolitik zu treiben, da die abgeschlossenen Verträge auch für
Bulgarien Geltung hatten und dem bulgarischen Handel allzugroße Hindernisse
in den Weg legten. Erst als Bulgarien nach langen Versuchen gegen Ende
des vorigen Jahrhunderts den Abschluß günstigerer Verträge durchsetzte, konnte
sich der Handel Bulgariens entwickeln und aufblühen. Die Export- und Jm-
portziffern stiegen ständig, und wenn die bulgarische Handelsbilanz sehr
unbeständig und schwankend ist, so ist die Ursache dasür der Agrarcharakter
Bulgariens. Wenn die Ernte gut ausfällt, ist die Ausfuhr groß und dem¬
entsprechend auch die Einfuhr.




5>turn
Roman Max Ludwig von(Schluß)

Pastor Tannebaum hatte das Gut noch nicht verlassen. Er war mit Evi
zu den beiden Kranken gegangen, um sich in seiner stillen, freundlichen Art nach
ihrem Befinden zu erkundigen.

Am Bett der Russin sah er Edda sitzen. Er hatte das Gefühl, hier eine
intime Aussprache zu stören, denn Frau Lolja Jwanow schmiegte ihre tränen¬
feuchte Wange in die Hand des jungen Mädchens. So verließ er das Zimmer
wieder nach wenigen Worten und begab sich hinüber zu Wolff Joachim.

Bei ihm saßen Manteuffel und Waldemar von Rehren. Natürlich drehte
sich das Gespräch um die Kämpfe der letzten Tage. Der rote Reiter wurde
beschrieben.

„nobel sah der Kerl aus und Manieren hatte er wie ein Gentleman,"
berichtete Waldemar von Rehren. „Wie mag er heißen — woher mag er
stammen?"

„Weiß der Kuckuck, wie die Gesichter manchmal zustande kommen. Es
wird manchen wilden Bruch geben hier im Lande, wie anderswo auch. Und
hie und da spürt man dann das edle Blut. Was meinen Sie, Herr Pastor,
wie Ihre Kirchenbücher aussehen würden, wenn all die illegitimen Kinder den
Namen des Vaters trügen?"

So sprach Reus von Manteuffel leichten Tones. Und Pastor Tannebaum
räusperte sich verlegen.


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[0572] Sturm Vertrage war Bulgarien in der darauffolgenden Zeit nicht in der Lage, eine erfolgreiche Handelspolitik zu treiben, da die abgeschlossenen Verträge auch für Bulgarien Geltung hatten und dem bulgarischen Handel allzugroße Hindernisse in den Weg legten. Erst als Bulgarien nach langen Versuchen gegen Ende des vorigen Jahrhunderts den Abschluß günstigerer Verträge durchsetzte, konnte sich der Handel Bulgariens entwickeln und aufblühen. Die Export- und Jm- portziffern stiegen ständig, und wenn die bulgarische Handelsbilanz sehr unbeständig und schwankend ist, so ist die Ursache dasür der Agrarcharakter Bulgariens. Wenn die Ernte gut ausfällt, ist die Ausfuhr groß und dem¬ entsprechend auch die Einfuhr. 5>turn Roman Max Ludwig von(Schluß) Pastor Tannebaum hatte das Gut noch nicht verlassen. Er war mit Evi zu den beiden Kranken gegangen, um sich in seiner stillen, freundlichen Art nach ihrem Befinden zu erkundigen. Am Bett der Russin sah er Edda sitzen. Er hatte das Gefühl, hier eine intime Aussprache zu stören, denn Frau Lolja Jwanow schmiegte ihre tränen¬ feuchte Wange in die Hand des jungen Mädchens. So verließ er das Zimmer wieder nach wenigen Worten und begab sich hinüber zu Wolff Joachim. Bei ihm saßen Manteuffel und Waldemar von Rehren. Natürlich drehte sich das Gespräch um die Kämpfe der letzten Tage. Der rote Reiter wurde beschrieben. „nobel sah der Kerl aus und Manieren hatte er wie ein Gentleman," berichtete Waldemar von Rehren. „Wie mag er heißen — woher mag er stammen?" „Weiß der Kuckuck, wie die Gesichter manchmal zustande kommen. Es wird manchen wilden Bruch geben hier im Lande, wie anderswo auch. Und hie und da spürt man dann das edle Blut. Was meinen Sie, Herr Pastor, wie Ihre Kirchenbücher aussehen würden, wenn all die illegitimen Kinder den Namen des Vaters trügen?" So sprach Reus von Manteuffel leichten Tones. Und Pastor Tannebaum räusperte sich verlegen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/572>, abgerufen am 20.10.2024.