Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Die Zukunft der preußischen Ansiedluugspolitik in der Gstmark Ansiedlerzahl, wie er bereits in den letzten Jahren trotz Hinzurechnung einer So wichtig auch naturgemäß die Wahl des geeignetsten Mannes für das Die Zukunft der preußischen Ansiedluugspolitik in der Gstmark Ansiedlerzahl, wie er bereits in den letzten Jahren trotz Hinzurechnung einer So wichtig auch naturgemäß die Wahl des geeignetsten Mannes für das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0376" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326546"/> <fw type="header" place="top"> Die Zukunft der preußischen Ansiedluugspolitik in der Gstmark</fw><lb/> <p xml:id="ID_1737" prev="#ID_1736"> Ansiedlerzahl, wie er bereits in den letzten Jahren trotz Hinzurechnung einer<lb/> großen Anzahl von Arbeiterstellen zu beobachten war, gerechnet werden. Sehr<lb/> bald wird Fch auch jetzt wieder herausstellen, daß, sollen nicht reine Phantasie¬<lb/> preise gezahlt werden, die Beschaffung der 25000 bis 30000 Hektar, die er¬<lb/> forderlich sind, um das Ansiedlungswerk auch nur im Tempo der Jahre 1904<lb/> bis 1907 fortzuführen, im Wege freihändigen Ankaufs nicht möglich ist. Falls<lb/> also das vorhandene Bedürfnis nicht durch Übergang von Domänen (was für<lb/> einige Jahre durchaus möglich wäre) und von Herrschaften deutscher Fürstlich¬<lb/> keiten auf die Ansiedlungskomission gedeckt werden kann, wird man, da im freien<lb/> Verkehr polnisches Land nur ganz ausnahmsweise zu haben ist, auf die Ent¬<lb/> eignung zurückgreifen müssen und dabei, abweichend von dem im letzten Jahre<lb/> beobachteten Verfahren, sein Augenmerk auf die im polnischen Besitze befind¬<lb/> lichen größeren Herrschaften, die eben ihrer Größe, ihres Wertes und ihrer<lb/> Unverkäuflichkeit halber einen Marktpreis nicht besitzen, richten müssen. Auch<lb/> hierbei noch werden sich voraussichtlich bei der Feststellung des Enteignungs¬<lb/> preises im Rechtswege reichlich hohe Preise ergeben, doch ist zu berücksichtigen,<lb/> daß der Aufteilungswert eines Gutes erfahrungsgemäß erheblich höher ist als<lb/> der Großbetriebswert der Besitzung und daß sich infolgedessen vermutlich der<lb/> Unterschied zwischen dem Ankaufspreise und dem der Stellenoergebung zugrunde<lb/> zu legenden (und mit 3 Prozent zu verrentenden) Neueinschätzungswerte der<lb/> Ansiedlungskommission nicht zu hoch steigern wird. Erscheinen dennoch etwa die<lb/> hiernach erforderlichen Abschreibungen zu hoch, so muß man das Gesetz von<lb/> 1908 dahin ergänzen, daß der Feststellung des Enteignungspreises in den Fällen<lb/> dieses Gesetzes nicht der Verkaufswert (sogenannte „volle Wert" des preußischen<lb/> Enteignungsgesetzes von 1874), sondern der etwa mit 26 zu kapitalisierende<lb/> Ertragswert des Gutes zugrunde zu legen ist. Will man überhaupt ernsthaft<lb/> mit der Enteignung vorgehen, so kommt man ohnehin an dieser Klippe nicht<lb/> vorbei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1738"> So wichtig auch naturgemäß die Wahl des geeignetsten Mannes für das<lb/> verantwortungsreiche Amt des Anstedlungspräsidenten ist, so wenig wird man<lb/> sich der Erkenntnis verschließen dürfen, daß selbst ein außerordentlicher Mann<lb/> bei Beibehaltung der gegenwärtigen Organisation der Behörde und angesichts<lb/> der besonderen Schwierigkeiten, die sich gegenwärtig der Durchführung seiner<lb/> Aufgabe entgegentürmen, leicht Schiffbruch erleiden und die Bürde dieses<lb/> Amtes bald wieder von sich werfen wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0376]
Die Zukunft der preußischen Ansiedluugspolitik in der Gstmark
Ansiedlerzahl, wie er bereits in den letzten Jahren trotz Hinzurechnung einer
großen Anzahl von Arbeiterstellen zu beobachten war, gerechnet werden. Sehr
bald wird Fch auch jetzt wieder herausstellen, daß, sollen nicht reine Phantasie¬
preise gezahlt werden, die Beschaffung der 25000 bis 30000 Hektar, die er¬
forderlich sind, um das Ansiedlungswerk auch nur im Tempo der Jahre 1904
bis 1907 fortzuführen, im Wege freihändigen Ankaufs nicht möglich ist. Falls
also das vorhandene Bedürfnis nicht durch Übergang von Domänen (was für
einige Jahre durchaus möglich wäre) und von Herrschaften deutscher Fürstlich¬
keiten auf die Ansiedlungskomission gedeckt werden kann, wird man, da im freien
Verkehr polnisches Land nur ganz ausnahmsweise zu haben ist, auf die Ent¬
eignung zurückgreifen müssen und dabei, abweichend von dem im letzten Jahre
beobachteten Verfahren, sein Augenmerk auf die im polnischen Besitze befind¬
lichen größeren Herrschaften, die eben ihrer Größe, ihres Wertes und ihrer
Unverkäuflichkeit halber einen Marktpreis nicht besitzen, richten müssen. Auch
hierbei noch werden sich voraussichtlich bei der Feststellung des Enteignungs¬
preises im Rechtswege reichlich hohe Preise ergeben, doch ist zu berücksichtigen,
daß der Aufteilungswert eines Gutes erfahrungsgemäß erheblich höher ist als
der Großbetriebswert der Besitzung und daß sich infolgedessen vermutlich der
Unterschied zwischen dem Ankaufspreise und dem der Stellenoergebung zugrunde
zu legenden (und mit 3 Prozent zu verrentenden) Neueinschätzungswerte der
Ansiedlungskommission nicht zu hoch steigern wird. Erscheinen dennoch etwa die
hiernach erforderlichen Abschreibungen zu hoch, so muß man das Gesetz von
1908 dahin ergänzen, daß der Feststellung des Enteignungspreises in den Fällen
dieses Gesetzes nicht der Verkaufswert (sogenannte „volle Wert" des preußischen
Enteignungsgesetzes von 1874), sondern der etwa mit 26 zu kapitalisierende
Ertragswert des Gutes zugrunde zu legen ist. Will man überhaupt ernsthaft
mit der Enteignung vorgehen, so kommt man ohnehin an dieser Klippe nicht
vorbei.
So wichtig auch naturgemäß die Wahl des geeignetsten Mannes für das
verantwortungsreiche Amt des Anstedlungspräsidenten ist, so wenig wird man
sich der Erkenntnis verschließen dürfen, daß selbst ein außerordentlicher Mann
bei Beibehaltung der gegenwärtigen Organisation der Behörde und angesichts
der besonderen Schwierigkeiten, die sich gegenwärtig der Durchführung seiner
Aufgabe entgegentürmen, leicht Schiffbruch erleiden und die Bürde dieses
Amtes bald wieder von sich werfen wird.
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