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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Die Zukunft der preußischen Ansiedlung-politik in der Gstmark

nichts oder wie bei der Kleinsiedlung wenig zu tun. hierüber befinden vielmehr
die Regiminalbehörden. Es mangelt daher den gesamten Maßnahmen des
Staates auf diesem Gebiete an Einheitlichkeit und vor allem werden die Er¬
fahrungen und die geschulten Kräfte der Ansiedlungskommission nicht genügend
für die nationale Arbeit auf den ihrer Tätigkeit verwandten Feldern, z. B. dem
der Eindeutschung der kleinen Städte und der Arbeitersiedlung ausgenutzt.
Anderseits wieder haben die Oberpräsidenten bei der gegenwärtigen Verteilung
der Zuständigkeiten nicht immer ausreichende Machtmittel, um die Ansiedlungs¬
kommission von einer zu einseitigen Betonung ihrer unmittelbaren Aufgaben unter
Außerachtlassung höherer allgemein-politischer Grundsätze abzuhalten. So z. B.
hat die gedachte Behörde lange Jahre hindurch die Arbeiteransiedlung innerhalb
der Ansiedlungsgemeinden stark vernachlässigt, auch da, wo sich den Arbeitern
mehrfache gute Arbeitsgelegenheit bot und die bäuerlichen Ansiedler wegen der
Größe ihrer Stellen dringend dieser Arbeitskräfte bedurften, um nicht auf Polen
angewiesen zu sein und auch heute noch wehrt man sich bei ihr hier und da ohne
triftigen Grund gegen die Schaffung von Arbeiterstellen.

Um die notwendige Einheitlichkeit des Eindeulschungswerkes der Ostmark
zu sichern, wäre es wohl der richtigste Weg, daß man in Anlehnung an die
Immediatkommission, die seinerzeit Friedrich der Große zur Germanisierung.
Besiedlung und Kultivierung der neugewonnenen vormals polnischen Landesteile
einsetzte, einen Ostmarkenrat schüfe, der aus den Oberpräsidenten von Posen und
Westpreußen und dem -- in Rang und Gehalt ihnen gleichzustellenden --
Ansiedlungspräsidenten zu bestehen, und im Rahmen der bestehenden Gesetze und
der Gesamtpolitik des Staatsregierung die Leitgedanken der in den Ostmarken
zu treffenden Maßnahmen festzulegen, ihre Ausführung zu überwachen und
nötigenfalls Abänderungen und Ergänzungen der bestehenden Gesetzgebung an¬
zuregen hätte. Eine Überstimmung eines Mitgliedes des "Ostmarkenrates"
müßte ausgeschlossen werden; nicht auszugleichende Meinungsverschiedenheiten
wären dem Staatsministerium zur Entscheidung zu unterbreiten. Die neue
Immediatkommission müßte die Macht haben, wo es wünschenswert erscheint,
die Vorsitzenden der Landwirtschafts-. Handels- und Handwerkskammern sowie
die Landeshauptleute. Generallandschaftsdirektoren, die Oberbürgermeister großer
Städte usw. mit beratender Stimme zuzuziehen. Das Staatsministerium würde
auf diese Weise von einer Anzahl von Geschäften entlastet werden, von denen
selbst im günstigsten Falle nur einige wenige Minister nähere Sachkenntnis be¬
sitzen. Ein Gegeneincmderarbeiten verschiedener Staatsbehörden, wie es bisher
hier und da vorkam, sowie auch ein verständnisloses Nebeneinanderarbeiten der¬
artiger Behörden wäre in Zukunft ausgeschlossen. Über die zweckmäßige Ver¬
wendung der für die Städtepolitik zur Verfügung zu stellenden Staatsmittel
würde der "Ostmarkenrat" Grundsätze aufzustellen haben, die ja. falls es für
erforderlich erachtet wird, dem Staatsministerium zur Zustimmung unterbreitet
werden könnten, er könnte ferner gewisse Gebiete festlegen, in denen in den


Die Zukunft der preußischen Ansiedlung-politik in der Gstmark

nichts oder wie bei der Kleinsiedlung wenig zu tun. hierüber befinden vielmehr
die Regiminalbehörden. Es mangelt daher den gesamten Maßnahmen des
Staates auf diesem Gebiete an Einheitlichkeit und vor allem werden die Er¬
fahrungen und die geschulten Kräfte der Ansiedlungskommission nicht genügend
für die nationale Arbeit auf den ihrer Tätigkeit verwandten Feldern, z. B. dem
der Eindeutschung der kleinen Städte und der Arbeitersiedlung ausgenutzt.
Anderseits wieder haben die Oberpräsidenten bei der gegenwärtigen Verteilung
der Zuständigkeiten nicht immer ausreichende Machtmittel, um die Ansiedlungs¬
kommission von einer zu einseitigen Betonung ihrer unmittelbaren Aufgaben unter
Außerachtlassung höherer allgemein-politischer Grundsätze abzuhalten. So z. B.
hat die gedachte Behörde lange Jahre hindurch die Arbeiteransiedlung innerhalb
der Ansiedlungsgemeinden stark vernachlässigt, auch da, wo sich den Arbeitern
mehrfache gute Arbeitsgelegenheit bot und die bäuerlichen Ansiedler wegen der
Größe ihrer Stellen dringend dieser Arbeitskräfte bedurften, um nicht auf Polen
angewiesen zu sein und auch heute noch wehrt man sich bei ihr hier und da ohne
triftigen Grund gegen die Schaffung von Arbeiterstellen.

Um die notwendige Einheitlichkeit des Eindeulschungswerkes der Ostmark
zu sichern, wäre es wohl der richtigste Weg, daß man in Anlehnung an die
Immediatkommission, die seinerzeit Friedrich der Große zur Germanisierung.
Besiedlung und Kultivierung der neugewonnenen vormals polnischen Landesteile
einsetzte, einen Ostmarkenrat schüfe, der aus den Oberpräsidenten von Posen und
Westpreußen und dem — in Rang und Gehalt ihnen gleichzustellenden —
Ansiedlungspräsidenten zu bestehen, und im Rahmen der bestehenden Gesetze und
der Gesamtpolitik des Staatsregierung die Leitgedanken der in den Ostmarken
zu treffenden Maßnahmen festzulegen, ihre Ausführung zu überwachen und
nötigenfalls Abänderungen und Ergänzungen der bestehenden Gesetzgebung an¬
zuregen hätte. Eine Überstimmung eines Mitgliedes des „Ostmarkenrates"
müßte ausgeschlossen werden; nicht auszugleichende Meinungsverschiedenheiten
wären dem Staatsministerium zur Entscheidung zu unterbreiten. Die neue
Immediatkommission müßte die Macht haben, wo es wünschenswert erscheint,
die Vorsitzenden der Landwirtschafts-. Handels- und Handwerkskammern sowie
die Landeshauptleute. Generallandschaftsdirektoren, die Oberbürgermeister großer
Städte usw. mit beratender Stimme zuzuziehen. Das Staatsministerium würde
auf diese Weise von einer Anzahl von Geschäften entlastet werden, von denen
selbst im günstigsten Falle nur einige wenige Minister nähere Sachkenntnis be¬
sitzen. Ein Gegeneincmderarbeiten verschiedener Staatsbehörden, wie es bisher
hier und da vorkam, sowie auch ein verständnisloses Nebeneinanderarbeiten der¬
artiger Behörden wäre in Zukunft ausgeschlossen. Über die zweckmäßige Ver¬
wendung der für die Städtepolitik zur Verfügung zu stellenden Staatsmittel
würde der „Ostmarkenrat" Grundsätze aufzustellen haben, die ja. falls es für
erforderlich erachtet wird, dem Staatsministerium zur Zustimmung unterbreitet
werden könnten, er könnte ferner gewisse Gebiete festlegen, in denen in den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/373>, abgerufen am 29.12.2024.