Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.-zur Geschichte der modernen Arbeiterbewegung Die heutigen internationalen Gewerkschaften Österreichs datieren vom Ende Im letzten Dezennium machte sich unter der tschecho-slawischen Arbeiterschaft In der "Reichskommission der Gewerkschaften Österreichs" besteht eine Die dem "Ungarländischen Gewerkschaftsrat" angeschlossenen Vereinigungen Die Gewerkschaftsorganisationen der Balkanstaaten sind ebenfalls Gebilde -zur Geschichte der modernen Arbeiterbewegung Die heutigen internationalen Gewerkschaften Österreichs datieren vom Ende Im letzten Dezennium machte sich unter der tschecho-slawischen Arbeiterschaft In der „Reichskommission der Gewerkschaften Österreichs" besteht eine Die dem „Ungarländischen Gewerkschaftsrat" angeschlossenen Vereinigungen Die Gewerkschaftsorganisationen der Balkanstaaten sind ebenfalls Gebilde <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0034" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326204"/> <fw type="header" place="top"> -zur Geschichte der modernen Arbeiterbewegung</fw><lb/> <p xml:id="ID_74"> Die heutigen internationalen Gewerkschaften Österreichs datieren vom Ende<lb/> der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts und sind nach dem Muster der<lb/> freien Gewerkschaften in Deutschland errichtet worden. Größere Zentralvereine<lb/> sind aber der „Allgemeine Rechtsschutz- und Gewerkschaftsverein der Eisenbahner<lb/> für Österreich" mit 1902: 27860 und 1911: 59470 Mitgliedern, der „Ver¬<lb/> band der Eisen- und Metallarbeiter Österreichs" mit 1892 (Gründungsjahr):<lb/> 8200 und 1911: 56121 Mitgliedern, der „Verband der Textilarbeiter und<lb/> Arbeiterinnen Österreichs" mit 1902: 9550 und 1911: 41609 Mitgliedern usw.</p><lb/> <p xml:id="ID_75"> Im letzten Dezennium machte sich unter der tschecho-slawischen Arbeiterschaft<lb/> Österreichs eine starke nationale Bewegung bemerkbar, welche darauf hinaus¬<lb/> ging, die große Masse der tschechischen Arbeiter von den internationalen Zentral¬<lb/> vereinen loszulösen. So besagt der Bericht des' österreichischen Eisen- und<lb/> Metallarbeiterverbandes vom Jahre 1909 u. a., daß ein erheblicher Teil des<lb/> Mitgliederverlustes der Jahre 1908 und 1909 (1907: 67430. 1909: 51607<lb/> Mitglieder) auf eine tschechisch-separatistische Nebengründung (Verband tschechischer<lb/> Metallarbeiter in Österreich), welchem 4736 Mitglieder des Eisen- und Metall-<lb/> cirbeiterverbandes beitraten, zurückzuführen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_76"> In der „Reichskommission der Gewerkschaften Österreichs" besteht eine<lb/> ähnliche Zentralisation wie in der Generalkommission der Gewerkschaften Deutsch¬<lb/> lands zu Berlin.</p><lb/> <p xml:id="ID_77"> Die dem „Ungarländischen Gewerkschaftsrat" angeschlossenen Vereinigungen<lb/> Ungarns datieren erst seit allerneuester Zeit. Da es nach den ungarischen<lb/> Gesetzen nicht erlaubt ist, daß die Arbeitervereine auf die Lohn- und Arbeits¬<lb/> verhältnisse ihrer Mitglieder einwirken und außer den satzungsmäßiger Beiträgen<lb/> noch besondere Beiträge für Streikunterstützung und Fachpresse erheben, gingen<lb/> die Arbeiter Ungarns dazu über, freie an keine Statuten gebundene Organi¬<lb/> sationen zu errichten und zwar dergestalt, daß sich die Arbeiter um ihre Fach¬<lb/> presse gruppierten und im geheimen Streikfonds sammelten. Größere Landes¬<lb/> organisationen sind hier der „Verband der Eisen- und Metallarbeiter Ungarns"<lb/> mit 1903: 7500 und 1911: 17481 Mitgliedern, der im Jahre 1903 ge¬<lb/> gründete „Landesverband der Bauarbeiter Ungarns" mit 1903: 7967 und<lb/> 1911: 15987 Mitgliedern, der ebenfalls im Jahre 1903 gegründete „Verband<lb/> der Holzarbeiter Ungarns" mit 1903: 2976 und 1911: 10880 Mitgliedern usw.</p><lb/> <p xml:id="ID_78"> Die Gewerkschaftsorganisationen der Balkanstaaten sind ebenfalls Gebilde<lb/> der allerneuesten Zeit. Das Charakteristische dieser Arbeiterbewegung ist neben<lb/> der vorherrschenden sozialistischen Grundtendenz die Errichtung der Gewerk¬<lb/> schaften selbst. Diese ging in der Weise vor sich, daß zuerst in den Haupt¬<lb/> städten der einzelnen Balkanstaaten Gewerkschaften ins Leben gerufen wurden,<lb/> welche dann in den verschiedenen Provinzstädten, Ortschaften usw. Filialen<lb/> errichteten. Eine der ältesten der hier in Frage kommenden Organisationen<lb/> ist die im Jahre 1875 gegründete und im Jahre 1882 erneuerte „Vereinigung<lb/> der Buchdrucker Serbiens".</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
-zur Geschichte der modernen Arbeiterbewegung
Die heutigen internationalen Gewerkschaften Österreichs datieren vom Ende
der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts und sind nach dem Muster der
freien Gewerkschaften in Deutschland errichtet worden. Größere Zentralvereine
sind aber der „Allgemeine Rechtsschutz- und Gewerkschaftsverein der Eisenbahner
für Österreich" mit 1902: 27860 und 1911: 59470 Mitgliedern, der „Ver¬
band der Eisen- und Metallarbeiter Österreichs" mit 1892 (Gründungsjahr):
8200 und 1911: 56121 Mitgliedern, der „Verband der Textilarbeiter und
Arbeiterinnen Österreichs" mit 1902: 9550 und 1911: 41609 Mitgliedern usw.
Im letzten Dezennium machte sich unter der tschecho-slawischen Arbeiterschaft
Österreichs eine starke nationale Bewegung bemerkbar, welche darauf hinaus¬
ging, die große Masse der tschechischen Arbeiter von den internationalen Zentral¬
vereinen loszulösen. So besagt der Bericht des' österreichischen Eisen- und
Metallarbeiterverbandes vom Jahre 1909 u. a., daß ein erheblicher Teil des
Mitgliederverlustes der Jahre 1908 und 1909 (1907: 67430. 1909: 51607
Mitglieder) auf eine tschechisch-separatistische Nebengründung (Verband tschechischer
Metallarbeiter in Österreich), welchem 4736 Mitglieder des Eisen- und Metall-
cirbeiterverbandes beitraten, zurückzuführen ist.
In der „Reichskommission der Gewerkschaften Österreichs" besteht eine
ähnliche Zentralisation wie in der Generalkommission der Gewerkschaften Deutsch¬
lands zu Berlin.
Die dem „Ungarländischen Gewerkschaftsrat" angeschlossenen Vereinigungen
Ungarns datieren erst seit allerneuester Zeit. Da es nach den ungarischen
Gesetzen nicht erlaubt ist, daß die Arbeitervereine auf die Lohn- und Arbeits¬
verhältnisse ihrer Mitglieder einwirken und außer den satzungsmäßiger Beiträgen
noch besondere Beiträge für Streikunterstützung und Fachpresse erheben, gingen
die Arbeiter Ungarns dazu über, freie an keine Statuten gebundene Organi¬
sationen zu errichten und zwar dergestalt, daß sich die Arbeiter um ihre Fach¬
presse gruppierten und im geheimen Streikfonds sammelten. Größere Landes¬
organisationen sind hier der „Verband der Eisen- und Metallarbeiter Ungarns"
mit 1903: 7500 und 1911: 17481 Mitgliedern, der im Jahre 1903 ge¬
gründete „Landesverband der Bauarbeiter Ungarns" mit 1903: 7967 und
1911: 15987 Mitgliedern, der ebenfalls im Jahre 1903 gegründete „Verband
der Holzarbeiter Ungarns" mit 1903: 2976 und 1911: 10880 Mitgliedern usw.
Die Gewerkschaftsorganisationen der Balkanstaaten sind ebenfalls Gebilde
der allerneuesten Zeit. Das Charakteristische dieser Arbeiterbewegung ist neben
der vorherrschenden sozialistischen Grundtendenz die Errichtung der Gewerk¬
schaften selbst. Diese ging in der Weise vor sich, daß zuerst in den Haupt¬
städten der einzelnen Balkanstaaten Gewerkschaften ins Leben gerufen wurden,
welche dann in den verschiedenen Provinzstädten, Ortschaften usw. Filialen
errichteten. Eine der ältesten der hier in Frage kommenden Organisationen
ist die im Jahre 1875 gegründete und im Jahre 1882 erneuerte „Vereinigung
der Buchdrucker Serbiens".
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |