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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Dänische Leute und dänisches laut im Spiegel des Romans

Küstenstädtchen um die Zeit des 64 er Krieges und stellt, seiner Neigung ent¬
sprechend, auch hier wieder zwei Gruppen einander gegenüber: die Offiziere der
Garnison und die Bürger. Auch hier muß ein etwas absonderliches romantisches
Requisit -- ein Leutnant diskreter Geburt, der weder seinen Vater noch seine
Mutter kennt, so wenig wie sie ihn, während doch alle drei in derselben Stadt
zusammen leben -- die Wickel abgeben, um die in kunterbunten, manchmal
außerordentlich lustigen und spannenden Windungen, der Faden läuft. Der
Hauptvertreter der Offiziere ist der schon genannte Rittmeister Ravnhjelm, die
der Bürgerschaft setzen sich vor allem aus dem Lehrerkollegium des Gymnasiums
zusammen: Prachttypen, an deren Spitze sowohl als eigentlicher geheimer Schul¬
leiter wie als menschliches Volloriginal der Oberlehrer Jochumsen marschiert.
In welcher unchauvinistischen Weise die Kriegsfrage und das Verhältnis
Dänemarks zu Deutschland behandelt wird, ist gleichfalls schon angedeutet;
die Kriegsepisoden selbst geben dem Roman einen sehr wirkungsvollen
Abschluß.

Neben diesen drei umfangreichen Romanen, deren Inhalt nur in großen
Zügen angedeutet werden kann, hat Bauditz unter den Titeln "Geschichten aus
dem Forsthause", "Spuren im Schnee", "Truggold" und "Jägerblut" eine An¬
zahl kleiner Novellen und Erzählungen geschrieben, die, wie schon die Namen
andeuten, mit Vorliebe das Jagdmilieu behandeln und eine Anzahl seltsamer
Käuze und wunderlicher Schicksale vorführen. Die "Forsthausgeschichten" halte
ich für die besten. Eine Sonderstellung nimmt "Die Komödie auf Kronberg"
ein, eine größere Novelle literarischen Charakters, die uns in Gestalt einer
anmutigen Liebesgeschichte die Figur Shakespeares menschlich nahe zu bringen
sucht.

Die Besorgung der deutschen Ausgabe der Bauditzschen Werke ist das Ver¬
dienst des Fr. Wilh. Grunowschen Verlags, der sie auch zum Teil in den
"Grenzboten" zum Abdruck brachte.




Dänische Leute und dänisches laut im Spiegel des Romans

Küstenstädtchen um die Zeit des 64 er Krieges und stellt, seiner Neigung ent¬
sprechend, auch hier wieder zwei Gruppen einander gegenüber: die Offiziere der
Garnison und die Bürger. Auch hier muß ein etwas absonderliches romantisches
Requisit — ein Leutnant diskreter Geburt, der weder seinen Vater noch seine
Mutter kennt, so wenig wie sie ihn, während doch alle drei in derselben Stadt
zusammen leben — die Wickel abgeben, um die in kunterbunten, manchmal
außerordentlich lustigen und spannenden Windungen, der Faden läuft. Der
Hauptvertreter der Offiziere ist der schon genannte Rittmeister Ravnhjelm, die
der Bürgerschaft setzen sich vor allem aus dem Lehrerkollegium des Gymnasiums
zusammen: Prachttypen, an deren Spitze sowohl als eigentlicher geheimer Schul¬
leiter wie als menschliches Volloriginal der Oberlehrer Jochumsen marschiert.
In welcher unchauvinistischen Weise die Kriegsfrage und das Verhältnis
Dänemarks zu Deutschland behandelt wird, ist gleichfalls schon angedeutet;
die Kriegsepisoden selbst geben dem Roman einen sehr wirkungsvollen
Abschluß.

Neben diesen drei umfangreichen Romanen, deren Inhalt nur in großen
Zügen angedeutet werden kann, hat Bauditz unter den Titeln „Geschichten aus
dem Forsthause", „Spuren im Schnee", „Truggold" und „Jägerblut" eine An¬
zahl kleiner Novellen und Erzählungen geschrieben, die, wie schon die Namen
andeuten, mit Vorliebe das Jagdmilieu behandeln und eine Anzahl seltsamer
Käuze und wunderlicher Schicksale vorführen. Die „Forsthausgeschichten" halte
ich für die besten. Eine Sonderstellung nimmt „Die Komödie auf Kronberg"
ein, eine größere Novelle literarischen Charakters, die uns in Gestalt einer
anmutigen Liebesgeschichte die Figur Shakespeares menschlich nahe zu bringen
sucht.

Die Besorgung der deutschen Ausgabe der Bauditzschen Werke ist das Ver¬
dienst des Fr. Wilh. Grunowschen Verlags, der sie auch zum Teil in den
„Grenzboten" zum Abdruck brachte.




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[0293] Dänische Leute und dänisches laut im Spiegel des Romans Küstenstädtchen um die Zeit des 64 er Krieges und stellt, seiner Neigung ent¬ sprechend, auch hier wieder zwei Gruppen einander gegenüber: die Offiziere der Garnison und die Bürger. Auch hier muß ein etwas absonderliches romantisches Requisit — ein Leutnant diskreter Geburt, der weder seinen Vater noch seine Mutter kennt, so wenig wie sie ihn, während doch alle drei in derselben Stadt zusammen leben — die Wickel abgeben, um die in kunterbunten, manchmal außerordentlich lustigen und spannenden Windungen, der Faden läuft. Der Hauptvertreter der Offiziere ist der schon genannte Rittmeister Ravnhjelm, die der Bürgerschaft setzen sich vor allem aus dem Lehrerkollegium des Gymnasiums zusammen: Prachttypen, an deren Spitze sowohl als eigentlicher geheimer Schul¬ leiter wie als menschliches Volloriginal der Oberlehrer Jochumsen marschiert. In welcher unchauvinistischen Weise die Kriegsfrage und das Verhältnis Dänemarks zu Deutschland behandelt wird, ist gleichfalls schon angedeutet; die Kriegsepisoden selbst geben dem Roman einen sehr wirkungsvollen Abschluß. Neben diesen drei umfangreichen Romanen, deren Inhalt nur in großen Zügen angedeutet werden kann, hat Bauditz unter den Titeln „Geschichten aus dem Forsthause", „Spuren im Schnee", „Truggold" und „Jägerblut" eine An¬ zahl kleiner Novellen und Erzählungen geschrieben, die, wie schon die Namen andeuten, mit Vorliebe das Jagdmilieu behandeln und eine Anzahl seltsamer Käuze und wunderlicher Schicksale vorführen. Die „Forsthausgeschichten" halte ich für die besten. Eine Sonderstellung nimmt „Die Komödie auf Kronberg" ein, eine größere Novelle literarischen Charakters, die uns in Gestalt einer anmutigen Liebesgeschichte die Figur Shakespeares menschlich nahe zu bringen sucht. Die Besorgung der deutschen Ausgabe der Bauditzschen Werke ist das Ver¬ dienst des Fr. Wilh. Grunowschen Verlags, der sie auch zum Teil in den „Grenzboten" zum Abdruck brachte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/293>, abgerufen am 28.12.2024.