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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Avant die Aaperei wieder?
Navalis vonI.

r. Churchill, der Erste Lord der britischen Admiralität, hat der
maritimen und politischen Welt während der verhältnismäßig
kurzen Zeit seiner Amtsführung schon manche Überraschung bereitet.
Seine größte und neueste und vielleicht folgenschwerste von allen
ist in Deutschland und den Kontinentalstaaten nur geringerer
Aufmerksamkeit begegnet: "das armierte Kauffahrteischiff."

Mr. Churchill schnitt das Thema am 26. März dieses Jahres, bei Beratung
des Nachtragsetats im Unterhause an. Er ging davon aus, daß "bekanntlich"
gewisse Großmächte sich vorbehalten hätten, im Kriege Handelsschiffe in Kriegs¬
schiffe zu verwandeln, und zwar nicht nur in ihren heimischen Häfen, sondern
auch auf hoher See. "Es ist jetzt guter Grund zur Ansicht vorhanden, daß
eine beträchtliche Anzahl fremder Kauffahrteidampfer durch Montieren von
Geschützen schnell in armierte Schiffe verwandelt werden wird"; eine dement¬
sprechend große Zahl britische Kreuzer zu bauen und über die Ozeane zu ver¬
teilen, sei selbstverständlich "absurd" und würde, schon wegen der großen Kosten,
einen Erfolg derjenigen Mächte bedeuten, welche durch ihre Pläne Großbritannien
zu dieser Maßnahme veranlaßt hätten; da nun aber der britische Kauffahrer
den schweren, ihm im Kriege der Zukunft drohenden Gefahren nicht wehr- und
schutzlos gegenüberstehen darf, so muß er, nach Mr. Churchills logischem Schlüsse,
in die Lage gesetzt werden, sich mit eigenen Mitteln zu verteidigen! -- Die
britische Admiralität habe sich, so führte der Erste Lord am 26. März weiter
aus, an die Reedereien des Vereinigten Königreichs gewandt und dort alles
wünschenswerte Verständnis und Entgegenkommen gefunden. Man habe sich
dahin geeinigt, daß eine Anzahl erstklassiger britischer Dampfer zu defensiven
Zwecken ausgerüstet werde, um Angriffe armierter fremder Handelskreuzer ab¬
weisen zu können. Die Admiralität wolle den Reedereien den größeren Teil
der für die Ausrüstung der Dampfer erforderlichen Kosten abnehmen, ihnen die
nötigen Geschütze leihen sowie die Munition dazu stellen, außerdem dafür sorgen,


Grenzboten III 1913 16


Avant die Aaperei wieder?
Navalis vonI.

r. Churchill, der Erste Lord der britischen Admiralität, hat der
maritimen und politischen Welt während der verhältnismäßig
kurzen Zeit seiner Amtsführung schon manche Überraschung bereitet.
Seine größte und neueste und vielleicht folgenschwerste von allen
ist in Deutschland und den Kontinentalstaaten nur geringerer
Aufmerksamkeit begegnet: „das armierte Kauffahrteischiff."

Mr. Churchill schnitt das Thema am 26. März dieses Jahres, bei Beratung
des Nachtragsetats im Unterhause an. Er ging davon aus, daß „bekanntlich"
gewisse Großmächte sich vorbehalten hätten, im Kriege Handelsschiffe in Kriegs¬
schiffe zu verwandeln, und zwar nicht nur in ihren heimischen Häfen, sondern
auch auf hoher See. „Es ist jetzt guter Grund zur Ansicht vorhanden, daß
eine beträchtliche Anzahl fremder Kauffahrteidampfer durch Montieren von
Geschützen schnell in armierte Schiffe verwandelt werden wird"; eine dement¬
sprechend große Zahl britische Kreuzer zu bauen und über die Ozeane zu ver¬
teilen, sei selbstverständlich „absurd" und würde, schon wegen der großen Kosten,
einen Erfolg derjenigen Mächte bedeuten, welche durch ihre Pläne Großbritannien
zu dieser Maßnahme veranlaßt hätten; da nun aber der britische Kauffahrer
den schweren, ihm im Kriege der Zukunft drohenden Gefahren nicht wehr- und
schutzlos gegenüberstehen darf, so muß er, nach Mr. Churchills logischem Schlüsse,
in die Lage gesetzt werden, sich mit eigenen Mitteln zu verteidigen! — Die
britische Admiralität habe sich, so führte der Erste Lord am 26. März weiter
aus, an die Reedereien des Vereinigten Königreichs gewandt und dort alles
wünschenswerte Verständnis und Entgegenkommen gefunden. Man habe sich
dahin geeinigt, daß eine Anzahl erstklassiger britischer Dampfer zu defensiven
Zwecken ausgerüstet werde, um Angriffe armierter fremder Handelskreuzer ab¬
weisen zu können. Die Admiralität wolle den Reedereien den größeren Teil
der für die Ausrüstung der Dampfer erforderlichen Kosten abnehmen, ihnen die
nötigen Geschütze leihen sowie die Munition dazu stellen, außerdem dafür sorgen,


Grenzboten III 1913 16
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[0253] [Abbildung] Avant die Aaperei wieder? Navalis vonI. r. Churchill, der Erste Lord der britischen Admiralität, hat der maritimen und politischen Welt während der verhältnismäßig kurzen Zeit seiner Amtsführung schon manche Überraschung bereitet. Seine größte und neueste und vielleicht folgenschwerste von allen ist in Deutschland und den Kontinentalstaaten nur geringerer Aufmerksamkeit begegnet: „das armierte Kauffahrteischiff." Mr. Churchill schnitt das Thema am 26. März dieses Jahres, bei Beratung des Nachtragsetats im Unterhause an. Er ging davon aus, daß „bekanntlich" gewisse Großmächte sich vorbehalten hätten, im Kriege Handelsschiffe in Kriegs¬ schiffe zu verwandeln, und zwar nicht nur in ihren heimischen Häfen, sondern auch auf hoher See. „Es ist jetzt guter Grund zur Ansicht vorhanden, daß eine beträchtliche Anzahl fremder Kauffahrteidampfer durch Montieren von Geschützen schnell in armierte Schiffe verwandelt werden wird"; eine dement¬ sprechend große Zahl britische Kreuzer zu bauen und über die Ozeane zu ver¬ teilen, sei selbstverständlich „absurd" und würde, schon wegen der großen Kosten, einen Erfolg derjenigen Mächte bedeuten, welche durch ihre Pläne Großbritannien zu dieser Maßnahme veranlaßt hätten; da nun aber der britische Kauffahrer den schweren, ihm im Kriege der Zukunft drohenden Gefahren nicht wehr- und schutzlos gegenüberstehen darf, so muß er, nach Mr. Churchills logischem Schlüsse, in die Lage gesetzt werden, sich mit eigenen Mitteln zu verteidigen! — Die britische Admiralität habe sich, so führte der Erste Lord am 26. März weiter aus, an die Reedereien des Vereinigten Königreichs gewandt und dort alles wünschenswerte Verständnis und Entgegenkommen gefunden. Man habe sich dahin geeinigt, daß eine Anzahl erstklassiger britischer Dampfer zu defensiven Zwecken ausgerüstet werde, um Angriffe armierter fremder Handelskreuzer ab¬ weisen zu können. Die Admiralität wolle den Reedereien den größeren Teil der für die Ausrüstung der Dampfer erforderlichen Kosten abnehmen, ihnen die nötigen Geschütze leihen sowie die Munition dazu stellen, außerdem dafür sorgen, Grenzboten III 1913 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/253>, abgerufen am 27.12.2024.