Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.Sturm "Hab den Pritz nich mitgenommen. Ist auch nicht mehr kanscher! Trauen "Also los, Maddis! Laß mich kutschieren und sprich du!" Wolfs Joachim schwang sich auf den hohen Sitz des leichten Lnar ü bane. "Kein Mann war im Haus!" jammerte der Alte, nachdem er von Kirschs "Der Maler?" "Da ist doch einer auf dem Schloß, der, wo der Vetter is von das "Ach -- Fräulein Angsthase!" "Ja, ja. Der is nu zu Besuch gekommen, und auf einmal war er auf "Den wollen wir uns mal ansehen!" "Ach ja, bitte, JungherrI" Maddis seufzte erleichtert. "Man wußte gar "Teufel auch -- diese Wirtschaft! Na -- da soll ein Blitz drein- "Nein Jungherr! nicht Blitz, nicht Blitz! Is schlimme Sache schon zu "Na -- werden sehen ..." Der Wagen verließ jetzt den Wald und zu beiden Seiten der Landstraße Sturm „Hab den Pritz nich mitgenommen. Ist auch nicht mehr kanscher! Trauen „Also los, Maddis! Laß mich kutschieren und sprich du!" Wolfs Joachim schwang sich auf den hohen Sitz des leichten Lnar ü bane. „Kein Mann war im Haus!" jammerte der Alte, nachdem er von Kirschs „Der Maler?" „Da ist doch einer auf dem Schloß, der, wo der Vetter is von das „Ach — Fräulein Angsthase!" „Ja, ja. Der is nu zu Besuch gekommen, und auf einmal war er auf „Den wollen wir uns mal ansehen!" „Ach ja, bitte, JungherrI" Maddis seufzte erleichtert. „Man wußte gar „Teufel auch — diese Wirtschaft! Na — da soll ein Blitz drein- „Nein Jungherr! nicht Blitz, nicht Blitz! Is schlimme Sache schon zu „Na — werden sehen ..." Der Wagen verließ jetzt den Wald und zu beiden Seiten der Landstraße <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0145" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/326315"/> <fw type="header" place="top"> Sturm</fw><lb/> <p xml:id="ID_676"> „Hab den Pritz nich mitgenommen. Ist auch nicht mehr kanscher! Trauen<lb/> kann man keinem nich mehr. Alle rennen sie in den Wald zu den Meetings. Ich<lb/> wollt dem Herrn Baron viel erzählenI"</p><lb/> <p xml:id="ID_677"> „Also los, Maddis! Laß mich kutschieren und sprich du!"</p><lb/> <p xml:id="ID_678"> Wolfs Joachim schwang sich auf den hohen Sitz des leichten Lnar ü bane.<lb/> Maddis folgte ihm, und auf den Zungenschlag des Herrn stoben die Rappen<lb/> davon in den Wald hinein.</p><lb/> <p xml:id="ID_679"> „Kein Mann war im Haus!" jammerte der Alte, nachdem er von Kirschs<lb/> Verschwinden berichtet hatte. „Denn was der Maler ist, das ist nu eigentlich<lb/> kein Mann!"</p><lb/> <p xml:id="ID_680"> „Der Maler?"</p><lb/> <p xml:id="ID_681"> „Da ist doch einer auf dem Schloß, der, wo der Vetter is von das<lb/> Fräulein Madelung. Das weiß doch der Herr Baron. Unser Pastor hat sie<lb/> geheiratet."</p><lb/> <p xml:id="ID_682"> „Ach — Fräulein Angsthase!"</p><lb/> <p xml:id="ID_683"> „Ja, ja. Der is nu zu Besuch gekommen, und auf einmal war er auf<lb/> dem Schlosse. Na — und nu war doch die Geschichte mit dem Barry. Es<lb/> war ja auch unheimlich für die Damen. Da blieb er denn und is nu nich<lb/> wieder wech. Das gnädige Fräulein Mara ist immerzu mit ihm gegangen und<lb/> — na ja — und — sie reden den ganzen Tag und überhaupt reden tut er<lb/> mehr wie malen. Auf dem Hof bei dem Streik hat er auch geredt, und der<lb/> Herr Baron Schledehausen war so wütend, als ers gehört hat und wollte, daß<lb/> er auf der Stelle nach Hause sollte. Aber Fräulein Mara paßte das woll<lb/> nich, und nu is er eben immer noch da,"</p><lb/> <p xml:id="ID_684"> „Den wollen wir uns mal ansehen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_685"> „Ach ja, bitte, JungherrI" Maddis seufzte erleichtert. „Man wußte gar<lb/> nicht, woran mer waren. Frau Gräfin hat geschimpft und will keine Prennerei<lb/> und der Mensch von Maler sagt, ist richtig: Prennerei ist Sünde. Land ist<lb/> besser wie Geld. Wollt den Arbeitern Rodeland geben. Arbeiter schrien:<lb/> Land ist gut, aber Geld wollen wir auch. Und sie haben gestreikt".</p><lb/> <p xml:id="ID_686"> „Teufel auch — diese Wirtschaft! Na — da soll ein Blitz drein-<lb/> schlagen!"</p><lb/> <p xml:id="ID_687"> „Nein Jungherr! nicht Blitz, nicht Blitz! Is schlimme Sache schon zu<lb/> schlimm, das reine Pulverfaß! Blitz is gefährlich. Ableiters braucht Borküll ..."</p><lb/> <p xml:id="ID_688"> „Na — werden sehen ..."</p><lb/> <p xml:id="ID_689"> Der Wagen verließ jetzt den Wald und zu beiden Seiten der Landstraße<lb/> breiteten sich Felder und Wiesen. Der Sturm, gegen den die Mauer der hohen<lb/> Bäume bis jetzt Schutz gewährt hatte, faßte das leichte Gefährt mit voller<lb/> Wucht, so daß der Lenker Mühe hatte, die Pferde in der Mitte der Straße zu<lb/> halten. Wie ein Chorus gewaltiger Stimmen brauste es über die Ebene her<lb/> und übertönte die Worte der beiden Männer.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0145]
Sturm
„Hab den Pritz nich mitgenommen. Ist auch nicht mehr kanscher! Trauen
kann man keinem nich mehr. Alle rennen sie in den Wald zu den Meetings. Ich
wollt dem Herrn Baron viel erzählenI"
„Also los, Maddis! Laß mich kutschieren und sprich du!"
Wolfs Joachim schwang sich auf den hohen Sitz des leichten Lnar ü bane.
Maddis folgte ihm, und auf den Zungenschlag des Herrn stoben die Rappen
davon in den Wald hinein.
„Kein Mann war im Haus!" jammerte der Alte, nachdem er von Kirschs
Verschwinden berichtet hatte. „Denn was der Maler ist, das ist nu eigentlich
kein Mann!"
„Der Maler?"
„Da ist doch einer auf dem Schloß, der, wo der Vetter is von das
Fräulein Madelung. Das weiß doch der Herr Baron. Unser Pastor hat sie
geheiratet."
„Ach — Fräulein Angsthase!"
„Ja, ja. Der is nu zu Besuch gekommen, und auf einmal war er auf
dem Schlosse. Na — und nu war doch die Geschichte mit dem Barry. Es
war ja auch unheimlich für die Damen. Da blieb er denn und is nu nich
wieder wech. Das gnädige Fräulein Mara ist immerzu mit ihm gegangen und
— na ja — und — sie reden den ganzen Tag und überhaupt reden tut er
mehr wie malen. Auf dem Hof bei dem Streik hat er auch geredt, und der
Herr Baron Schledehausen war so wütend, als ers gehört hat und wollte, daß
er auf der Stelle nach Hause sollte. Aber Fräulein Mara paßte das woll
nich, und nu is er eben immer noch da,"
„Den wollen wir uns mal ansehen!"
„Ach ja, bitte, JungherrI" Maddis seufzte erleichtert. „Man wußte gar
nicht, woran mer waren. Frau Gräfin hat geschimpft und will keine Prennerei
und der Mensch von Maler sagt, ist richtig: Prennerei ist Sünde. Land ist
besser wie Geld. Wollt den Arbeitern Rodeland geben. Arbeiter schrien:
Land ist gut, aber Geld wollen wir auch. Und sie haben gestreikt".
„Teufel auch — diese Wirtschaft! Na — da soll ein Blitz drein-
schlagen!"
„Nein Jungherr! nicht Blitz, nicht Blitz! Is schlimme Sache schon zu
schlimm, das reine Pulverfaß! Blitz is gefährlich. Ableiters braucht Borküll ..."
„Na — werden sehen ..."
Der Wagen verließ jetzt den Wald und zu beiden Seiten der Landstraße
breiteten sich Felder und Wiesen. Der Sturm, gegen den die Mauer der hohen
Bäume bis jetzt Schutz gewährt hatte, faßte das leichte Gefährt mit voller
Wucht, so daß der Lenker Mühe hatte, die Pferde in der Mitte der Straße zu
halten. Wie ein Chorus gewaltiger Stimmen brauste es über die Ebene her
und übertönte die Worte der beiden Männer.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |