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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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dem Antonius, mit auf den Weg gegeben sind,
entschädigen für vieles und heben das technisch
gut gebaute Drama immerhin weit über den
landesüblichen Durchschnitt -- soviel Prin¬
zipielle Einwände auch schließlich dagegen
vorzubringen wären.

Ein sehr hübsches und in seiner schlichten,
anspruchslosen Art sehr einprägsames Weih¬
nachtsmärchen gibt Bruno Dieterich unter
den: Titel "Prinzessin Ursula" (H. Haessel,
Leipzig) heraus, während er in seinem mit
okkulten Phänomen ziemlich oberflächlich ko¬
kettierenden Einakterzyklus "Die des Tages
nicht kommen" (H. Haessel, Leipzig) sehr viel
weniger glücklich ist. "Der Wunderstein", ein
indisches Märchen von Maximilian Singer
(Taussig u. Taussig, Prag), bringt allerlei nette
und harmlose Lebensweisheiten in einer ge¬
fälligen Form, die eine entfernte Verwandt¬
schaft mit der des Fuldaschen "Talisman"
aufweist. Dagegen müssen die dramatischen
Gänge, die ein Herr Deubner in zwei Ar¬
beiten -- "Die Prüflinge" und "Die
Schwestern" (Leipzig) unternimmt, als gänz¬
lich verfehlt und unreif bezeichnet werden.
Ebensowenig können die Polentragödie "Wem"
von Hinrich Lenz (Bruno Volger, Leipzig),
das ganz dilettantische Bauernkricgsdrama
"März" von Karl Schwarz (ebenda), die
herzlich schlecht dialogisierte Moritat "Burg
Oberstein" von Alfred Bernhard (ebenda) und
das blaszblütige Epigonentum des Schauspiels
"Thusneldas Entführung" von Hermann
Walther (ebenda) vor einem ernsthaften kri¬
tischen Urteil bestehen. Auf einer klein wenig
höheren Stufe, weil sie wenigstens technisch
den Anforderungen des Theaters genügen,
bewegen sich die Schauspiele "Glauben" von
Hermann Fornaschon (ebenda), "Hedwig
Heidemann" von F. Adolf Rosmer (ebenda)
und "Unsere Kinder" von Max Kunze-
Goldberg (ebenda). Als harmlos banale Lust¬
spiele, die sicherlich ihr Publikum finden wer¬
den und in keiner Weise Anlaß zu kritischer
Empörung geben, Präsentieren sich "Die Ruhe¬
störer" von Roland Zenegg (ebenda) und
"Kastengeist" von G. Grünberg (ebenda).

Zuni Schluß wäre zu melden, daß Gott¬
fried Stominel-Düsseldorf einen für unseren
Geschmack gänzlich mißlungenen Versuch ge¬
macht hat, den letzten Akt der Gerhart Haupt-

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mcmnschen Tragödie "Kaiser Karls Geisel"
durch eine Neuarbeitung zu verbessern (Ver¬
lagsgesellschaft Hamburg). Diese Neuarbeitung
ist so fade, so philiströs und so pedantisch,
daß es sich nicht verlohnt, näher darauf ein¬
zugehen. Um nun den Leser wenigstens nicht
in völliger Melancholie zurückzulassen, wollen
Wir noch zu guter Letzt in aller Eile ver"
zeichnen, daß der junge Münchener Schrift¬
steller Walther Haas eine sehr geistreiche, sehr
lustige, allerdings Wohl nur für Eingeweihte
verständliche Satire auf-die verblüffende Art
des Dichters Frank Wedekind geschrieben hat:
"Der Fluch des Schicksals oder der Zwiespalt
des Herzens" (Verlag sür Literatur, Kunst
und Musik, Leipzig). Literarische Cabarets
oder übermütige Künstlervereinigungen sollten
sich dieser glänzend gelungenen Groteske an¬
nehmen. Der Erfolg wäre ihnen sicher.

Dr. Arthur ZVestxchal i
Baudelaires Briefe. Deutsch von Auguste
Förster. (Verlag I. C. C. Bruns, Minden
i. W. Brosch. 7 M, geb. 8 und 9 M.)

Der Verlag schenkte uns bereits eine
ausgezeichnete, sorgfältige Ausgabe von
Baudelaires Werken in deutscher Übertragung.
Langsam, wie alles Echte und Seltene, ist
dieser Dichter der Allgemeinheit bekannt ge¬
worden; freilich gehört er nur den Wenigen,
und darin liegt immer das schönste Zeichen
für die Bedeutung eines Künstlers. Diese
schillernde, lockende Welt bleibt allen denen
verschlossen, die auf der großen Heerstraße
der Tagesliteratur wandern, für die es keine
Geheimnisse, keine Probleme und Rätsel gibt.
Einer, der mutig in unentdeckte Gebiete vor¬
dringt, der von äußerster Strenge in künst¬
lerischen Dingen beseelt ist, erscheint den
Vielen immer wie ein Fremder und Wahn¬
sinniger.

Als Ergänzung zu den fünf Bänden seiner
Werke erschien nun diese stattliche Bnessamm-
lung, die das Persönliche und Alltägliche in
ein Helles, verklärtes Licht rückt. Eines sucht
man vergebens: ästhetische Exkurse. Selten
berührt Baudelaire allgemeine künstlerische
Fragen. Zwanglos Plaudert oder erörtert er
geschäftliche Angelegenheiten. Die meisten
Briefe gelten seinem Verleger Poulet-Malassts,
und wir erfahren aus ihnen, wie gewissenhaft

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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dem Antonius, mit auf den Weg gegeben sind,
entschädigen für vieles und heben das technisch
gut gebaute Drama immerhin weit über den
landesüblichen Durchschnitt — soviel Prin¬
zipielle Einwände auch schließlich dagegen
vorzubringen wären.

Ein sehr hübsches und in seiner schlichten,
anspruchslosen Art sehr einprägsames Weih¬
nachtsmärchen gibt Bruno Dieterich unter
den: Titel „Prinzessin Ursula" (H. Haessel,
Leipzig) heraus, während er in seinem mit
okkulten Phänomen ziemlich oberflächlich ko¬
kettierenden Einakterzyklus „Die des Tages
nicht kommen" (H. Haessel, Leipzig) sehr viel
weniger glücklich ist. „Der Wunderstein", ein
indisches Märchen von Maximilian Singer
(Taussig u. Taussig, Prag), bringt allerlei nette
und harmlose Lebensweisheiten in einer ge¬
fälligen Form, die eine entfernte Verwandt¬
schaft mit der des Fuldaschen „Talisman"
aufweist. Dagegen müssen die dramatischen
Gänge, die ein Herr Deubner in zwei Ar¬
beiten — „Die Prüflinge" und „Die
Schwestern" (Leipzig) unternimmt, als gänz¬
lich verfehlt und unreif bezeichnet werden.
Ebensowenig können die Polentragödie „Wem"
von Hinrich Lenz (Bruno Volger, Leipzig),
das ganz dilettantische Bauernkricgsdrama
„März" von Karl Schwarz (ebenda), die
herzlich schlecht dialogisierte Moritat „Burg
Oberstein" von Alfred Bernhard (ebenda) und
das blaszblütige Epigonentum des Schauspiels
„Thusneldas Entführung" von Hermann
Walther (ebenda) vor einem ernsthaften kri¬
tischen Urteil bestehen. Auf einer klein wenig
höheren Stufe, weil sie wenigstens technisch
den Anforderungen des Theaters genügen,
bewegen sich die Schauspiele „Glauben" von
Hermann Fornaschon (ebenda), „Hedwig
Heidemann" von F. Adolf Rosmer (ebenda)
und „Unsere Kinder" von Max Kunze-
Goldberg (ebenda). Als harmlos banale Lust¬
spiele, die sicherlich ihr Publikum finden wer¬
den und in keiner Weise Anlaß zu kritischer
Empörung geben, Präsentieren sich „Die Ruhe¬
störer" von Roland Zenegg (ebenda) und
„Kastengeist" von G. Grünberg (ebenda).

Zuni Schluß wäre zu melden, daß Gott¬
fried Stominel-Düsseldorf einen für unseren
Geschmack gänzlich mißlungenen Versuch ge¬
macht hat, den letzten Akt der Gerhart Haupt-

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mcmnschen Tragödie „Kaiser Karls Geisel"
durch eine Neuarbeitung zu verbessern (Ver¬
lagsgesellschaft Hamburg). Diese Neuarbeitung
ist so fade, so philiströs und so pedantisch,
daß es sich nicht verlohnt, näher darauf ein¬
zugehen. Um nun den Leser wenigstens nicht
in völliger Melancholie zurückzulassen, wollen
Wir noch zu guter Letzt in aller Eile ver»
zeichnen, daß der junge Münchener Schrift¬
steller Walther Haas eine sehr geistreiche, sehr
lustige, allerdings Wohl nur für Eingeweihte
verständliche Satire auf-die verblüffende Art
des Dichters Frank Wedekind geschrieben hat:
„Der Fluch des Schicksals oder der Zwiespalt
des Herzens" (Verlag sür Literatur, Kunst
und Musik, Leipzig). Literarische Cabarets
oder übermütige Künstlervereinigungen sollten
sich dieser glänzend gelungenen Groteske an¬
nehmen. Der Erfolg wäre ihnen sicher.

Dr. Arthur ZVestxchal i
Baudelaires Briefe. Deutsch von Auguste
Förster. (Verlag I. C. C. Bruns, Minden
i. W. Brosch. 7 M, geb. 8 und 9 M.)

Der Verlag schenkte uns bereits eine
ausgezeichnete, sorgfältige Ausgabe von
Baudelaires Werken in deutscher Übertragung.
Langsam, wie alles Echte und Seltene, ist
dieser Dichter der Allgemeinheit bekannt ge¬
worden; freilich gehört er nur den Wenigen,
und darin liegt immer das schönste Zeichen
für die Bedeutung eines Künstlers. Diese
schillernde, lockende Welt bleibt allen denen
verschlossen, die auf der großen Heerstraße
der Tagesliteratur wandern, für die es keine
Geheimnisse, keine Probleme und Rätsel gibt.
Einer, der mutig in unentdeckte Gebiete vor¬
dringt, der von äußerster Strenge in künst¬
lerischen Dingen beseelt ist, erscheint den
Vielen immer wie ein Fremder und Wahn¬
sinniger.

Als Ergänzung zu den fünf Bänden seiner
Werke erschien nun diese stattliche Bnessamm-
lung, die das Persönliche und Alltägliche in
ein Helles, verklärtes Licht rückt. Eines sucht
man vergebens: ästhetische Exkurse. Selten
berührt Baudelaire allgemeine künstlerische
Fragen. Zwanglos Plaudert oder erörtert er
geschäftliche Angelegenheiten. Die meisten
Briefe gelten seinem Verleger Poulet-Malassts,
und wir erfahren aus ihnen, wie gewissenhaft

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_326169/107>, abgerufen am 19.10.2024.