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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Schon wieder ein Gegner der inneren Kolonisation

scheidenden Punkte die Höhe der Produktionskosten und die Höhe des Rohertrags
hin. Zwei Momente, sagt er, würden zugunsten des Kleinbetriebes geltend
gemacht, erstens die bessere sorgfältigere Arbeitsleistung, zweitens die bessere
Pflege und die daraus sich ergebende geringere Abnutzung des lebenden und
toten Inventars. Die Gesamtkosten der menschlichen Arbeit betrügen für den
Morgen etwa 20 Mark, ein Drittel der sämtlichen Produktionskosten. Professor
Gering sage, "mit dem immensen Kapital, das die Ansiedler in ihren Armen
und Beinen haben, kann der Großgrundbesitzer nicht konkurrieren"; diese Äuße¬
rung enthalte viel wahres, könne aber doch zu Mißverständnissen führen. Denn
der Arbeitsbedarf in der Landwirtschaft sei nicht gleichmäßig, sondern je nach
der Jahreszeit recht schwankend. Es möge richtig sein, daß in bäuerlichen Wirt¬
schaften zeitweise bei allen dringenden Arbeiten mit größerer Intensität gearbeitet
werde, aber die Arbeitskraft werde den größeren Teil des Jahres, besonders
im Winter, nicht voll ausgenutzt; selbstverständlich seien dann Arbeitsleistung
und Arbeitsintensität entsprechend geringer. Das alles treffe beim klein- und
mittelbäuerlichen Besitzer zu, dagegen würden auf den Gütern nur soviel ständige
Arbeiter gehalten, als dem Minimum an Arbeitsbedarf entspreche. Auch würden
viele Arbeiten regelmäßig im Akkord verrichtet; dabei komme der Einwand, daß
der Arbeiter, weil für fremde Rechnung tätig, weniger leiste, nicht in Betracht.
Die Sorgfalt der Arbeit spiele natürlich auch eine Rolle. Deshalb sei es
gerechtfertigt, die Wirtschaftsunkosten bei dem Großbetrieb um etwa 25 Prozent
höher anzusetzen als bei dem Kleinbetrieb. Ebenso ist, wie zugestanden wird,
der Kleinbesitzer hinsichtlich der besseren Pflege des lebenden und toten In¬
ventars im Vorteil (Seite 304). Auch an allgemeinen Verwaltungskosten soll
der Kleinbesitzer sparen. Geringere Abnutzung der Zugtiere und stärkere Ge¬
spannhaltung sollen sich nach Ansicht des Verfassers ausgleichen. Den auf
8,25 Mark für den Morgen berechneten Vorteilen für den Kleinbetrieb:

Ersparung an Arbeitslast............. 5,-- Mark
geringere Abnutzung des toten Inventars . . . . . . . . 2,25 "
und Ersparung an allgemeinen Verwaltungskosten.....1.-- "
8.25 Mark

ständen die Verzinsung des höheren Baukapitals, die Amortisation, die größeren
Reparaturkosten und der Versicherungsgelder mit 5 bis 6 Mark für den Morgen
als Mehrbelastung des Kleinbetriebes gegenüber. Diese 5 Mark von den
8.25 Mark Vorteil des Kleinbesitzes abgezogen, blieben also zu dessen Gunsten
3,25 Mark. Ein nennenswerter Vorsprung sei das nicht, und dieser werde
durch die erleichterte Anwendung der Maschinen im Großbetriebe reichlich auf¬
gewogen. Die Vervollkommnung des Maschinenwesens sei den großen Gütern
verhältnismäßig mehr zu statten gekommen als dem Kleinbesitz.

Darüber ließe sich vielleicht in der einen oder anderen Richtung streiten.
Aber wenn der Verfasser Seite 307 hervorhebt, der Vorteil der Maschinen-


Schon wieder ein Gegner der inneren Kolonisation

scheidenden Punkte die Höhe der Produktionskosten und die Höhe des Rohertrags
hin. Zwei Momente, sagt er, würden zugunsten des Kleinbetriebes geltend
gemacht, erstens die bessere sorgfältigere Arbeitsleistung, zweitens die bessere
Pflege und die daraus sich ergebende geringere Abnutzung des lebenden und
toten Inventars. Die Gesamtkosten der menschlichen Arbeit betrügen für den
Morgen etwa 20 Mark, ein Drittel der sämtlichen Produktionskosten. Professor
Gering sage, „mit dem immensen Kapital, das die Ansiedler in ihren Armen
und Beinen haben, kann der Großgrundbesitzer nicht konkurrieren"; diese Äuße¬
rung enthalte viel wahres, könne aber doch zu Mißverständnissen führen. Denn
der Arbeitsbedarf in der Landwirtschaft sei nicht gleichmäßig, sondern je nach
der Jahreszeit recht schwankend. Es möge richtig sein, daß in bäuerlichen Wirt¬
schaften zeitweise bei allen dringenden Arbeiten mit größerer Intensität gearbeitet
werde, aber die Arbeitskraft werde den größeren Teil des Jahres, besonders
im Winter, nicht voll ausgenutzt; selbstverständlich seien dann Arbeitsleistung
und Arbeitsintensität entsprechend geringer. Das alles treffe beim klein- und
mittelbäuerlichen Besitzer zu, dagegen würden auf den Gütern nur soviel ständige
Arbeiter gehalten, als dem Minimum an Arbeitsbedarf entspreche. Auch würden
viele Arbeiten regelmäßig im Akkord verrichtet; dabei komme der Einwand, daß
der Arbeiter, weil für fremde Rechnung tätig, weniger leiste, nicht in Betracht.
Die Sorgfalt der Arbeit spiele natürlich auch eine Rolle. Deshalb sei es
gerechtfertigt, die Wirtschaftsunkosten bei dem Großbetrieb um etwa 25 Prozent
höher anzusetzen als bei dem Kleinbetrieb. Ebenso ist, wie zugestanden wird,
der Kleinbesitzer hinsichtlich der besseren Pflege des lebenden und toten In¬
ventars im Vorteil (Seite 304). Auch an allgemeinen Verwaltungskosten soll
der Kleinbesitzer sparen. Geringere Abnutzung der Zugtiere und stärkere Ge¬
spannhaltung sollen sich nach Ansicht des Verfassers ausgleichen. Den auf
8,25 Mark für den Morgen berechneten Vorteilen für den Kleinbetrieb:

Ersparung an Arbeitslast............. 5,— Mark
geringere Abnutzung des toten Inventars . . . . . . . . 2,25 „
und Ersparung an allgemeinen Verwaltungskosten.....1.— „
8.25 Mark

ständen die Verzinsung des höheren Baukapitals, die Amortisation, die größeren
Reparaturkosten und der Versicherungsgelder mit 5 bis 6 Mark für den Morgen
als Mehrbelastung des Kleinbetriebes gegenüber. Diese 5 Mark von den
8.25 Mark Vorteil des Kleinbesitzes abgezogen, blieben also zu dessen Gunsten
3,25 Mark. Ein nennenswerter Vorsprung sei das nicht, und dieser werde
durch die erleichterte Anwendung der Maschinen im Großbetriebe reichlich auf¬
gewogen. Die Vervollkommnung des Maschinenwesens sei den großen Gütern
verhältnismäßig mehr zu statten gekommen als dem Kleinbesitz.

Darüber ließe sich vielleicht in der einen oder anderen Richtung streiten.
Aber wenn der Verfasser Seite 307 hervorhebt, der Vorteil der Maschinen-


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[0084] Schon wieder ein Gegner der inneren Kolonisation scheidenden Punkte die Höhe der Produktionskosten und die Höhe des Rohertrags hin. Zwei Momente, sagt er, würden zugunsten des Kleinbetriebes geltend gemacht, erstens die bessere sorgfältigere Arbeitsleistung, zweitens die bessere Pflege und die daraus sich ergebende geringere Abnutzung des lebenden und toten Inventars. Die Gesamtkosten der menschlichen Arbeit betrügen für den Morgen etwa 20 Mark, ein Drittel der sämtlichen Produktionskosten. Professor Gering sage, „mit dem immensen Kapital, das die Ansiedler in ihren Armen und Beinen haben, kann der Großgrundbesitzer nicht konkurrieren"; diese Äuße¬ rung enthalte viel wahres, könne aber doch zu Mißverständnissen führen. Denn der Arbeitsbedarf in der Landwirtschaft sei nicht gleichmäßig, sondern je nach der Jahreszeit recht schwankend. Es möge richtig sein, daß in bäuerlichen Wirt¬ schaften zeitweise bei allen dringenden Arbeiten mit größerer Intensität gearbeitet werde, aber die Arbeitskraft werde den größeren Teil des Jahres, besonders im Winter, nicht voll ausgenutzt; selbstverständlich seien dann Arbeitsleistung und Arbeitsintensität entsprechend geringer. Das alles treffe beim klein- und mittelbäuerlichen Besitzer zu, dagegen würden auf den Gütern nur soviel ständige Arbeiter gehalten, als dem Minimum an Arbeitsbedarf entspreche. Auch würden viele Arbeiten regelmäßig im Akkord verrichtet; dabei komme der Einwand, daß der Arbeiter, weil für fremde Rechnung tätig, weniger leiste, nicht in Betracht. Die Sorgfalt der Arbeit spiele natürlich auch eine Rolle. Deshalb sei es gerechtfertigt, die Wirtschaftsunkosten bei dem Großbetrieb um etwa 25 Prozent höher anzusetzen als bei dem Kleinbetrieb. Ebenso ist, wie zugestanden wird, der Kleinbesitzer hinsichtlich der besseren Pflege des lebenden und toten In¬ ventars im Vorteil (Seite 304). Auch an allgemeinen Verwaltungskosten soll der Kleinbesitzer sparen. Geringere Abnutzung der Zugtiere und stärkere Ge¬ spannhaltung sollen sich nach Ansicht des Verfassers ausgleichen. Den auf 8,25 Mark für den Morgen berechneten Vorteilen für den Kleinbetrieb: Ersparung an Arbeitslast............. 5,— Mark geringere Abnutzung des toten Inventars . . . . . . . . 2,25 „ und Ersparung an allgemeinen Verwaltungskosten.....1.— „ 8.25 Mark ständen die Verzinsung des höheren Baukapitals, die Amortisation, die größeren Reparaturkosten und der Versicherungsgelder mit 5 bis 6 Mark für den Morgen als Mehrbelastung des Kleinbetriebes gegenüber. Diese 5 Mark von den 8.25 Mark Vorteil des Kleinbesitzes abgezogen, blieben also zu dessen Gunsten 3,25 Mark. Ein nennenswerter Vorsprung sei das nicht, und dieser werde durch die erleichterte Anwendung der Maschinen im Großbetriebe reichlich auf¬ gewogen. Die Vervollkommnung des Maschinenwesens sei den großen Gütern verhältnismäßig mehr zu statten gekommen als dem Kleinbesitz. Darüber ließe sich vielleicht in der einen oder anderen Richtung streiten. Aber wenn der Verfasser Seite 307 hervorhebt, der Vorteil der Maschinen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/84>, abgerufen am 22.12.2024.