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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Intellekt, religiöse und moralische Seelenvor¬
gänge, Charakter und Persönlichkeit behandelt;
von menschlichen Vereinigungen finden wir
die auf Sympathie, auf gesellschaftlichen For¬
men und aus idealen Bestrebungen begrün¬
deten behandelt, dazu die gemeinschaftsbildende
Kraft von Mode und Zeitgeist und die der
historischen Ideen. Überall sind aus den
besten Historikern, vor allem aus Rankes
klassischen Darstellungen, die Beispiele heran¬
gezogen. Zwar hat man ab und zu das
Gefühl, als sollte die historische Erscheimmgs-
welt in ein Schema gezwängt werden --,
aber wie sollten wir die Menschen verstehen
und darstellen, ohne feste Begriffe auf sie an¬
zuwenden, ohne die wimmelnde Masse des
Einzelgeschehens vom Typus her zu ordnen?
So wird man das Buch des vielbelesenen
Autors nicht ohne großen Nutzen aus der
Hand legen, wenn man auch von einer solchen

[Spaltenumbruch]

Formenlehre historischen Geschehens logischere
Gliederung, straffere Fassung erwarten müßte.
Oft läßt der Verfasser seine Gedankengänge
weitab vom Zweckpunkt des Buches schweifen,
scheidet nicht scharf Wichtiges und Unwichtiges,
und wir stehen mehr als einmal in Gefahr,
die Brücke zur Geschichte, die Anwendbarkeit
des Ausgeführten aus den Augen zu ver¬
lieren. Noch etwas Äußerliches muß zum
Schluß erwähnt werden: die Zahl der schlim¬
men Druckfehler, besonders in Namen und
Fremdwörtern, ist Legion, und das Register
ist unzuverlässig.

Professor Dr. w. M. Becker
Volkswirtschaft

I>a yuestion alö la Population psr Paul
l^ero^-Keaulieu, iVlembrs 6s l'Institut, pro-
kiZsseur su LollöZe cle pranes. Ukraine!
k'SIix /.Jean. Paris 1913.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

Intellekt, religiöse und moralische Seelenvor¬
gänge, Charakter und Persönlichkeit behandelt;
von menschlichen Vereinigungen finden wir
die auf Sympathie, auf gesellschaftlichen For¬
men und aus idealen Bestrebungen begrün¬
deten behandelt, dazu die gemeinschaftsbildende
Kraft von Mode und Zeitgeist und die der
historischen Ideen. Überall sind aus den
besten Historikern, vor allem aus Rankes
klassischen Darstellungen, die Beispiele heran¬
gezogen. Zwar hat man ab und zu das
Gefühl, als sollte die historische Erscheimmgs-
welt in ein Schema gezwängt werden —,
aber wie sollten wir die Menschen verstehen
und darstellen, ohne feste Begriffe auf sie an¬
zuwenden, ohne die wimmelnde Masse des
Einzelgeschehens vom Typus her zu ordnen?
So wird man das Buch des vielbelesenen
Autors nicht ohne großen Nutzen aus der
Hand legen, wenn man auch von einer solchen

[Spaltenumbruch]

Formenlehre historischen Geschehens logischere
Gliederung, straffere Fassung erwarten müßte.
Oft läßt der Verfasser seine Gedankengänge
weitab vom Zweckpunkt des Buches schweifen,
scheidet nicht scharf Wichtiges und Unwichtiges,
und wir stehen mehr als einmal in Gefahr,
die Brücke zur Geschichte, die Anwendbarkeit
des Ausgeführten aus den Augen zu ver¬
lieren. Noch etwas Äußerliches muß zum
Schluß erwähnt werden: die Zahl der schlim¬
men Druckfehler, besonders in Namen und
Fremdwörtern, ist Legion, und das Register
ist unzuverlässig.

Professor Dr. w. M. Becker
Volkswirtschaft

I>a yuestion alö la Population psr Paul
l^ero^-Keaulieu, iVlembrs 6s l'Institut, pro-
kiZsseur su LollöZe cle pranes. Ukraine!
k'SIix /.Jean. Paris 1913.

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[0594] Maßgebliches und Unmaßgebliches Intellekt, religiöse und moralische Seelenvor¬ gänge, Charakter und Persönlichkeit behandelt; von menschlichen Vereinigungen finden wir die auf Sympathie, auf gesellschaftlichen For¬ men und aus idealen Bestrebungen begrün¬ deten behandelt, dazu die gemeinschaftsbildende Kraft von Mode und Zeitgeist und die der historischen Ideen. Überall sind aus den besten Historikern, vor allem aus Rankes klassischen Darstellungen, die Beispiele heran¬ gezogen. Zwar hat man ab und zu das Gefühl, als sollte die historische Erscheimmgs- welt in ein Schema gezwängt werden —, aber wie sollten wir die Menschen verstehen und darstellen, ohne feste Begriffe auf sie an¬ zuwenden, ohne die wimmelnde Masse des Einzelgeschehens vom Typus her zu ordnen? So wird man das Buch des vielbelesenen Autors nicht ohne großen Nutzen aus der Hand legen, wenn man auch von einer solchen Formenlehre historischen Geschehens logischere Gliederung, straffere Fassung erwarten müßte. Oft läßt der Verfasser seine Gedankengänge weitab vom Zweckpunkt des Buches schweifen, scheidet nicht scharf Wichtiges und Unwichtiges, und wir stehen mehr als einmal in Gefahr, die Brücke zur Geschichte, die Anwendbarkeit des Ausgeführten aus den Augen zu ver¬ lieren. Noch etwas Äußerliches muß zum Schluß erwähnt werden: die Zahl der schlim¬ men Druckfehler, besonders in Namen und Fremdwörtern, ist Legion, und das Register ist unzuverlässig. Professor Dr. w. M. Becker Volkswirtschaft I>a yuestion alö la Population psr Paul l^ero^-Keaulieu, iVlembrs 6s l'Institut, pro- kiZsseur su LollöZe cle pranes. Ukraine! k'SIix /.Jean. Paris 1913.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/594>, abgerufen am 30.12.2024.