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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Mit dem Aaiser auf Reisen

Bild ist so großartig, so wunderbar, so erhaben, daß jeder Versuch der Be¬
schreibung daran zu Schanden wird und man nur sagen kann: "Komm selbst
und sieh."

Se. Majestät hatten nach der Abfahrt aus Bergen bis zum zweiten Früh¬
stück sich mit Lesen der eingegangenen Zeitungen beschäftigt. Nach dem Früh¬
stück setzten sich Se. Majestät in den Pavillon auf dem Nadkasten und arbeiteten,
ab und zu einen Blick auf die Gegend werfend. Sodann ließen sich Se.
Majestät noch längeren Vortrag von dem Vertreter des Zivilkabinets und des
Auswärtigen Amtes (beides von Kiderlen-Waechter) halten.

Erst beim Eingang in den Aurlandfjord trat Se. Majestät auf die Kom¬
mandobrücke, um sich ganz den Eindrücken der großartigen Natur hinzugeben.

Um ^/o8 Uhr ging die "Hohenzollern" bei Gudvangen zwischen den steilen
Felswänden vor Anker. Se. Majestät unternahm noch eine etwa dreiviertel-
stttndige Promenade in das sich weiter nach Stalheim zu hinziehende Felstal.
Einen merkwürdigen Kontrast bilden hier die hohen Felswände mit ihren
wilden Sturzbächen und das liebliche, fruchtbare, sorgfältig bebaute Tal mit
seinem plätschernden Bache. Einzelne Felsblöcke, die sich von den hohen Wänden
losgelöst, liegen mitten in den Wiesen und Feldern.

An einzelnen Stellen ist des Viehes wegen der Weg durch Holzgatter
versperrt; hier standen die Kinder der nächsten Gehöfte und öffneten die Gatter¬
tore. Der Kaiser, seinen Begleitern voranschreitend, schenkte den Kleinen sein
Bildnis auf einem Goldstück. Es war ein nettes Bild, als dann die Kinder
der Reihe nach an den Kaiser herantraten, um ihm nach norwegischer Sitte
zum Dank die Hand zu reichen. Freundlich nahm der Kaiser die Hand der
Kleinen und streichelte diese auch über ihre blonden Flachsköpfchen.

Nach Rückkehr von dem Spaziergange begab sich Se. Majestät zur Ruhe.




Mittwoch den 10. Juli blieb die kaiserliche Jacht vor Gudvangen im Närö-
fjord. Den Vormittag arbeitete der Kaiser in seinem Kabinet. Gegen Mittag
fuhr Allerhöchstderselbe auf kleinem Fischerboot, in Begleitung des angelkundigen
Schiffs-Stabsarztes Dr. Schneider, zum Fischen aus. Nach längerem vergeblichen
Warten wurde die Ausdauer Sr. Majestät durch den Fang von fünf größeren
Fischen belohnt, die Se. Majestät hinter einander in ziemlich kurzen Zwischen¬
räumen aus dem Wasser zog. Es war ein besonders stattlicher Fisch von bei¬
nahe Armeslänge darunter; der Koch, dem der ganze Fang übergeben wurde,
nahm diese Bereicherung seiner Küchenvorräte mit sichtlicher Freude entgegen.
Die vier kleineren Fische wurden den nächsten Morgen zum Frühstück verzehrt,
während das eine Prachtstück zur Abendtafel gereicht wurde.

Die beiden anderen Angler, Graf Waldersee und Graf Wedel, waren
weniger glücklich und konnten daher zur Bereicherung der Schiffstafel nichts
beitragen. Am Nachmittag begab sich Se. Majestät zu Gudvangen an Land,
woselbst eine lange Reihe zweirädriger Gefährte bereit stand, die den Kaiser und


Mit dem Aaiser auf Reisen

Bild ist so großartig, so wunderbar, so erhaben, daß jeder Versuch der Be¬
schreibung daran zu Schanden wird und man nur sagen kann: „Komm selbst
und sieh."

Se. Majestät hatten nach der Abfahrt aus Bergen bis zum zweiten Früh¬
stück sich mit Lesen der eingegangenen Zeitungen beschäftigt. Nach dem Früh¬
stück setzten sich Se. Majestät in den Pavillon auf dem Nadkasten und arbeiteten,
ab und zu einen Blick auf die Gegend werfend. Sodann ließen sich Se.
Majestät noch längeren Vortrag von dem Vertreter des Zivilkabinets und des
Auswärtigen Amtes (beides von Kiderlen-Waechter) halten.

Erst beim Eingang in den Aurlandfjord trat Se. Majestät auf die Kom¬
mandobrücke, um sich ganz den Eindrücken der großartigen Natur hinzugeben.

Um ^/o8 Uhr ging die „Hohenzollern" bei Gudvangen zwischen den steilen
Felswänden vor Anker. Se. Majestät unternahm noch eine etwa dreiviertel-
stttndige Promenade in das sich weiter nach Stalheim zu hinziehende Felstal.
Einen merkwürdigen Kontrast bilden hier die hohen Felswände mit ihren
wilden Sturzbächen und das liebliche, fruchtbare, sorgfältig bebaute Tal mit
seinem plätschernden Bache. Einzelne Felsblöcke, die sich von den hohen Wänden
losgelöst, liegen mitten in den Wiesen und Feldern.

An einzelnen Stellen ist des Viehes wegen der Weg durch Holzgatter
versperrt; hier standen die Kinder der nächsten Gehöfte und öffneten die Gatter¬
tore. Der Kaiser, seinen Begleitern voranschreitend, schenkte den Kleinen sein
Bildnis auf einem Goldstück. Es war ein nettes Bild, als dann die Kinder
der Reihe nach an den Kaiser herantraten, um ihm nach norwegischer Sitte
zum Dank die Hand zu reichen. Freundlich nahm der Kaiser die Hand der
Kleinen und streichelte diese auch über ihre blonden Flachsköpfchen.

Nach Rückkehr von dem Spaziergange begab sich Se. Majestät zur Ruhe.




Mittwoch den 10. Juli blieb die kaiserliche Jacht vor Gudvangen im Närö-
fjord. Den Vormittag arbeitete der Kaiser in seinem Kabinet. Gegen Mittag
fuhr Allerhöchstderselbe auf kleinem Fischerboot, in Begleitung des angelkundigen
Schiffs-Stabsarztes Dr. Schneider, zum Fischen aus. Nach längerem vergeblichen
Warten wurde die Ausdauer Sr. Majestät durch den Fang von fünf größeren
Fischen belohnt, die Se. Majestät hinter einander in ziemlich kurzen Zwischen¬
räumen aus dem Wasser zog. Es war ein besonders stattlicher Fisch von bei¬
nahe Armeslänge darunter; der Koch, dem der ganze Fang übergeben wurde,
nahm diese Bereicherung seiner Küchenvorräte mit sichtlicher Freude entgegen.
Die vier kleineren Fische wurden den nächsten Morgen zum Frühstück verzehrt,
während das eine Prachtstück zur Abendtafel gereicht wurde.

Die beiden anderen Angler, Graf Waldersee und Graf Wedel, waren
weniger glücklich und konnten daher zur Bereicherung der Schiffstafel nichts
beitragen. Am Nachmittag begab sich Se. Majestät zu Gudvangen an Land,
woselbst eine lange Reihe zweirädriger Gefährte bereit stand, die den Kaiser und


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[0576] Mit dem Aaiser auf Reisen Bild ist so großartig, so wunderbar, so erhaben, daß jeder Versuch der Be¬ schreibung daran zu Schanden wird und man nur sagen kann: „Komm selbst und sieh." Se. Majestät hatten nach der Abfahrt aus Bergen bis zum zweiten Früh¬ stück sich mit Lesen der eingegangenen Zeitungen beschäftigt. Nach dem Früh¬ stück setzten sich Se. Majestät in den Pavillon auf dem Nadkasten und arbeiteten, ab und zu einen Blick auf die Gegend werfend. Sodann ließen sich Se. Majestät noch längeren Vortrag von dem Vertreter des Zivilkabinets und des Auswärtigen Amtes (beides von Kiderlen-Waechter) halten. Erst beim Eingang in den Aurlandfjord trat Se. Majestät auf die Kom¬ mandobrücke, um sich ganz den Eindrücken der großartigen Natur hinzugeben. Um ^/o8 Uhr ging die „Hohenzollern" bei Gudvangen zwischen den steilen Felswänden vor Anker. Se. Majestät unternahm noch eine etwa dreiviertel- stttndige Promenade in das sich weiter nach Stalheim zu hinziehende Felstal. Einen merkwürdigen Kontrast bilden hier die hohen Felswände mit ihren wilden Sturzbächen und das liebliche, fruchtbare, sorgfältig bebaute Tal mit seinem plätschernden Bache. Einzelne Felsblöcke, die sich von den hohen Wänden losgelöst, liegen mitten in den Wiesen und Feldern. An einzelnen Stellen ist des Viehes wegen der Weg durch Holzgatter versperrt; hier standen die Kinder der nächsten Gehöfte und öffneten die Gatter¬ tore. Der Kaiser, seinen Begleitern voranschreitend, schenkte den Kleinen sein Bildnis auf einem Goldstück. Es war ein nettes Bild, als dann die Kinder der Reihe nach an den Kaiser herantraten, um ihm nach norwegischer Sitte zum Dank die Hand zu reichen. Freundlich nahm der Kaiser die Hand der Kleinen und streichelte diese auch über ihre blonden Flachsköpfchen. Nach Rückkehr von dem Spaziergange begab sich Se. Majestät zur Ruhe. Mittwoch den 10. Juli blieb die kaiserliche Jacht vor Gudvangen im Närö- fjord. Den Vormittag arbeitete der Kaiser in seinem Kabinet. Gegen Mittag fuhr Allerhöchstderselbe auf kleinem Fischerboot, in Begleitung des angelkundigen Schiffs-Stabsarztes Dr. Schneider, zum Fischen aus. Nach längerem vergeblichen Warten wurde die Ausdauer Sr. Majestät durch den Fang von fünf größeren Fischen belohnt, die Se. Majestät hinter einander in ziemlich kurzen Zwischen¬ räumen aus dem Wasser zog. Es war ein besonders stattlicher Fisch von bei¬ nahe Armeslänge darunter; der Koch, dem der ganze Fang übergeben wurde, nahm diese Bereicherung seiner Küchenvorräte mit sichtlicher Freude entgegen. Die vier kleineren Fische wurden den nächsten Morgen zum Frühstück verzehrt, während das eine Prachtstück zur Abendtafel gereicht wurde. Die beiden anderen Angler, Graf Waldersee und Graf Wedel, waren weniger glücklich und konnten daher zur Bereicherung der Schiffstafel nichts beitragen. Am Nachmittag begab sich Se. Majestät zu Gudvangen an Land, woselbst eine lange Reihe zweirädriger Gefährte bereit stand, die den Kaiser und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/576>, abgerufen am 28.07.2024.