Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Frankreichs Rulturexxansion und ihre Bedeutung für Deutschland

Empfohlen werden soll die Einführung einer deutschen Geburtseinbürgerung,
eines deutschen Bodenrechts zur Stunde nicht. Denn die Zeit dafür ist noch
nicht reif, die Zeit geht in Waffen, und einstweilen mag es gelten, unser
Krieger" und Herrenrecht. Ansätze zur Änderung der deutschen Auffassung sind
jedoch bereits in den Kommissionsverhandlungen des Reichstags über das neue
Gesetz festzustellen. Man will denen, die als Kinder Nicht-Reichsdeutscher bei
uns geboren und erzogen sind, die erleichterte Möglichkeit geben, reichsdeutsch
zu werden. Der Boden ihrer Geburt bürgert sie nicht -- wie in England
und Frankreich -- ein, aber sie sollen mit erleichterter Erfüllung den Willen
äußern dürfen, diesem Boden anzugehören.

Im übrigen darf man sich freuen, daß unser neuer Gesetzentwurf geeignet
ist, unser deutsches Blutsrecht im Auslande zu fördern und uns mehr als bisher
davor zu bewahren, daß uns, die wir die Einheitlichkeit der Familie achten,
stets mit den Vätern auch die Söhne verloren gehen. In allen Geschlechter¬
folgen sollen sich künftighin die Söhne und Enkel verlorener Deutscher mit dem
Antrage auf Wiederaufnahme in den Reichsverband im Auslande, also auch
ohne Wohnsitz in Deutschland, beim Konsul melden dürfen. Der Reichskanzler
und nicht mehr allein eine einzelstaatliche Jnlandbehörde soll über ihre Gesuche
entscheiden dürfen, denn es soll ihnen -- darin ist die Kommisston einem Vor¬
schlage des Verfassers dieser Zeilen gefolgt -- bei einer Wiederaufnahme die
reichsunmittelbare Zugehörigkeit zu unserem Staatsvolke gewährt werden.




Frankreichs Aulturexpansion und ihre Bedeutung für
Deutschland
Gberrealschuldirektor Dr. Ost vonin

le Zeitungen brachten neulich eine Notiz, die nicht genug beachtet
werden kann und die blitzartig eine Anstrengung Frankreichs auf¬
deckte, von der man in Deutschland wenig weiß. Sie teilte mit,
daß französische Kreise im Hinblick auf das Lernbedürfnis der
chinesischen Jugend sich mit dem Gedanken beschäftigen, junge
Chinesen, die in Frankreich studieren wollen, zu unterstützen; dabei wurde er¬
wähnt, daß ein Chinese Li vorgeschoben sei, um dem Unternehmen keinen
amtlichen Anstrich zu geben. Die folgenden Zeilen sollen nun ein Licht werfen
auf die Kräfte, die in stiller und zielbewußter Arbeit, zum Teil hinter den Kulissen
tätig find, um den Kultureinfluß Frankreichs zu verbreiten und zu verstärken
und so auch politischen Einfluß zu gewinnen. -Unsere Nachbarn machen darin


Grenzboten II 1913 30
Frankreichs Rulturexxansion und ihre Bedeutung für Deutschland

Empfohlen werden soll die Einführung einer deutschen Geburtseinbürgerung,
eines deutschen Bodenrechts zur Stunde nicht. Denn die Zeit dafür ist noch
nicht reif, die Zeit geht in Waffen, und einstweilen mag es gelten, unser
Krieger» und Herrenrecht. Ansätze zur Änderung der deutschen Auffassung sind
jedoch bereits in den Kommissionsverhandlungen des Reichstags über das neue
Gesetz festzustellen. Man will denen, die als Kinder Nicht-Reichsdeutscher bei
uns geboren und erzogen sind, die erleichterte Möglichkeit geben, reichsdeutsch
zu werden. Der Boden ihrer Geburt bürgert sie nicht — wie in England
und Frankreich — ein, aber sie sollen mit erleichterter Erfüllung den Willen
äußern dürfen, diesem Boden anzugehören.

Im übrigen darf man sich freuen, daß unser neuer Gesetzentwurf geeignet
ist, unser deutsches Blutsrecht im Auslande zu fördern und uns mehr als bisher
davor zu bewahren, daß uns, die wir die Einheitlichkeit der Familie achten,
stets mit den Vätern auch die Söhne verloren gehen. In allen Geschlechter¬
folgen sollen sich künftighin die Söhne und Enkel verlorener Deutscher mit dem
Antrage auf Wiederaufnahme in den Reichsverband im Auslande, also auch
ohne Wohnsitz in Deutschland, beim Konsul melden dürfen. Der Reichskanzler
und nicht mehr allein eine einzelstaatliche Jnlandbehörde soll über ihre Gesuche
entscheiden dürfen, denn es soll ihnen — darin ist die Kommisston einem Vor¬
schlage des Verfassers dieser Zeilen gefolgt — bei einer Wiederaufnahme die
reichsunmittelbare Zugehörigkeit zu unserem Staatsvolke gewährt werden.




Frankreichs Aulturexpansion und ihre Bedeutung für
Deutschland
Gberrealschuldirektor Dr. Ost vonin

le Zeitungen brachten neulich eine Notiz, die nicht genug beachtet
werden kann und die blitzartig eine Anstrengung Frankreichs auf¬
deckte, von der man in Deutschland wenig weiß. Sie teilte mit,
daß französische Kreise im Hinblick auf das Lernbedürfnis der
chinesischen Jugend sich mit dem Gedanken beschäftigen, junge
Chinesen, die in Frankreich studieren wollen, zu unterstützen; dabei wurde er¬
wähnt, daß ein Chinese Li vorgeschoben sei, um dem Unternehmen keinen
amtlichen Anstrich zu geben. Die folgenden Zeilen sollen nun ein Licht werfen
auf die Kräfte, die in stiller und zielbewußter Arbeit, zum Teil hinter den Kulissen
tätig find, um den Kultureinfluß Frankreichs zu verbreiten und zu verstärken
und so auch politischen Einfluß zu gewinnen. -Unsere Nachbarn machen darin


Grenzboten II 1913 30
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0469" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325989"/>
          <fw type="header" place="top"> Frankreichs Rulturexxansion und ihre Bedeutung für Deutschland</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2130"> Empfohlen werden soll die Einführung einer deutschen Geburtseinbürgerung,<lb/>
eines deutschen Bodenrechts zur Stunde nicht. Denn die Zeit dafür ist noch<lb/>
nicht reif, die Zeit geht in Waffen, und einstweilen mag es gelten, unser<lb/>
Krieger» und Herrenrecht. Ansätze zur Änderung der deutschen Auffassung sind<lb/>
jedoch bereits in den Kommissionsverhandlungen des Reichstags über das neue<lb/>
Gesetz festzustellen. Man will denen, die als Kinder Nicht-Reichsdeutscher bei<lb/>
uns geboren und erzogen sind, die erleichterte Möglichkeit geben, reichsdeutsch<lb/>
zu werden. Der Boden ihrer Geburt bürgert sie nicht &#x2014; wie in England<lb/>
und Frankreich &#x2014; ein, aber sie sollen mit erleichterter Erfüllung den Willen<lb/>
äußern dürfen, diesem Boden anzugehören.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2131"> Im übrigen darf man sich freuen, daß unser neuer Gesetzentwurf geeignet<lb/>
ist, unser deutsches Blutsrecht im Auslande zu fördern und uns mehr als bisher<lb/>
davor zu bewahren, daß uns, die wir die Einheitlichkeit der Familie achten,<lb/>
stets mit den Vätern auch die Söhne verloren gehen. In allen Geschlechter¬<lb/>
folgen sollen sich künftighin die Söhne und Enkel verlorener Deutscher mit dem<lb/>
Antrage auf Wiederaufnahme in den Reichsverband im Auslande, also auch<lb/>
ohne Wohnsitz in Deutschland, beim Konsul melden dürfen. Der Reichskanzler<lb/>
und nicht mehr allein eine einzelstaatliche Jnlandbehörde soll über ihre Gesuche<lb/>
entscheiden dürfen, denn es soll ihnen &#x2014; darin ist die Kommisston einem Vor¬<lb/>
schlage des Verfassers dieser Zeilen gefolgt &#x2014; bei einer Wiederaufnahme die<lb/>
reichsunmittelbare Zugehörigkeit zu unserem Staatsvolke gewährt werden.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Frankreichs Aulturexpansion und ihre Bedeutung für<lb/>
Deutschland<lb/><note type="byline"> Gberrealschuldirektor Dr. Ost </note> vonin</head><lb/>
          <p xml:id="ID_2132" next="#ID_2133"> le Zeitungen brachten neulich eine Notiz, die nicht genug beachtet<lb/>
werden kann und die blitzartig eine Anstrengung Frankreichs auf¬<lb/>
deckte, von der man in Deutschland wenig weiß. Sie teilte mit,<lb/>
daß französische Kreise im Hinblick auf das Lernbedürfnis der<lb/>
chinesischen Jugend sich mit dem Gedanken beschäftigen, junge<lb/>
Chinesen, die in Frankreich studieren wollen, zu unterstützen; dabei wurde er¬<lb/>
wähnt, daß ein Chinese Li vorgeschoben sei, um dem Unternehmen keinen<lb/>
amtlichen Anstrich zu geben. Die folgenden Zeilen sollen nun ein Licht werfen<lb/>
auf die Kräfte, die in stiller und zielbewußter Arbeit, zum Teil hinter den Kulissen<lb/>
tätig find, um den Kultureinfluß Frankreichs zu verbreiten und zu verstärken<lb/>
und so auch politischen Einfluß zu gewinnen. -Unsere Nachbarn machen darin</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 1913 30</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0469] Frankreichs Rulturexxansion und ihre Bedeutung für Deutschland Empfohlen werden soll die Einführung einer deutschen Geburtseinbürgerung, eines deutschen Bodenrechts zur Stunde nicht. Denn die Zeit dafür ist noch nicht reif, die Zeit geht in Waffen, und einstweilen mag es gelten, unser Krieger» und Herrenrecht. Ansätze zur Änderung der deutschen Auffassung sind jedoch bereits in den Kommissionsverhandlungen des Reichstags über das neue Gesetz festzustellen. Man will denen, die als Kinder Nicht-Reichsdeutscher bei uns geboren und erzogen sind, die erleichterte Möglichkeit geben, reichsdeutsch zu werden. Der Boden ihrer Geburt bürgert sie nicht — wie in England und Frankreich — ein, aber sie sollen mit erleichterter Erfüllung den Willen äußern dürfen, diesem Boden anzugehören. Im übrigen darf man sich freuen, daß unser neuer Gesetzentwurf geeignet ist, unser deutsches Blutsrecht im Auslande zu fördern und uns mehr als bisher davor zu bewahren, daß uns, die wir die Einheitlichkeit der Familie achten, stets mit den Vätern auch die Söhne verloren gehen. In allen Geschlechter¬ folgen sollen sich künftighin die Söhne und Enkel verlorener Deutscher mit dem Antrage auf Wiederaufnahme in den Reichsverband im Auslande, also auch ohne Wohnsitz in Deutschland, beim Konsul melden dürfen. Der Reichskanzler und nicht mehr allein eine einzelstaatliche Jnlandbehörde soll über ihre Gesuche entscheiden dürfen, denn es soll ihnen — darin ist die Kommisston einem Vor¬ schlage des Verfassers dieser Zeilen gefolgt — bei einer Wiederaufnahme die reichsunmittelbare Zugehörigkeit zu unserem Staatsvolke gewährt werden. Frankreichs Aulturexpansion und ihre Bedeutung für Deutschland Gberrealschuldirektor Dr. Ost vonin le Zeitungen brachten neulich eine Notiz, die nicht genug beachtet werden kann und die blitzartig eine Anstrengung Frankreichs auf¬ deckte, von der man in Deutschland wenig weiß. Sie teilte mit, daß französische Kreise im Hinblick auf das Lernbedürfnis der chinesischen Jugend sich mit dem Gedanken beschäftigen, junge Chinesen, die in Frankreich studieren wollen, zu unterstützen; dabei wurde er¬ wähnt, daß ein Chinese Li vorgeschoben sei, um dem Unternehmen keinen amtlichen Anstrich zu geben. Die folgenden Zeilen sollen nun ein Licht werfen auf die Kräfte, die in stiller und zielbewußter Arbeit, zum Teil hinter den Kulissen tätig find, um den Kultureinfluß Frankreichs zu verbreiten und zu verstärken und so auch politischen Einfluß zu gewinnen. -Unsere Nachbarn machen darin Grenzboten II 1913 30

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/469
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/469>, abgerufen am 30.12.2024.