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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Deutsches Bluts- und Bodenrecht

Mag es also selbst unter fremdem Kleide fortleben, das alte deutsche Blut,
für unser Reich als solches zerstört die teuto-germanische Wehrpflicht nur gar
zu leicht unser von Ewigkeit her ererbtes Blutsrecht der Normannen, Sachsen
und Franken.

Angesehene deutsche Auslandkreise, so unter anderem der Verband deutscher
Flottenvereine im Auslande, haben deshalb für die Auslanddeutschen Wehr¬
freiheit gefordert. In unserer eisernen Zeit war es das begreifliche Schicksal
dieses Gedankens, daß ihn der deutsche Reichstag schon in der ersten Lesung
des Neichsangehörigkeitsgesetzes verwarf und an seiner Stelle den Grundsatz,
daß auch fürderhin keine Reichsgemeinschaft ohne Wehrgemeinschaft bestehen
solle, auf den Schild erhob. Eine im Reichstage noch nicht erörterte, aber
überaus wichtige Ausnahme ließe sich vielleicht für die im Auslande geborenen
Kinder reichsdeutsch gebliebener Väter schaffen, denn die Wehrfreiheit ihrer
künftigen Kinder könnte den Deutschen im Reiche schwerlich den Anreiz zur
Auswanderung bieten. Die Wehrfreiheit dieser Auslandgeburten oder ihre
grundsätzliche Überweisung zur Ersatzreserve ist aber auch das einzige, was sich
zur Stärkung unserer kaufmännischen und kulturellen Auslandarmee erörtern
ließe. Wir werden insbesondere verzichten müssen auf den in seiner geschmei¬
digen Einfachheit überaus bemerkenswerten Weg, den das britische Blutsrecht
einschlägt, um sich dem dauernden Einflüsse fremden Bodenrechts zu entziehen.
Solange und nur genau solange, als der in Brasilien oder Argentinien, in
Frankreich oder sonstigen Ländern des Okzidents -- denn diese alle huldigen
auf eigenem Boden dem Territorialgrundsatze -- geborenen und durch die
bloße Tatsache seiner Geburt eingebürgerte Engländer sich in dem Rentamte
seiner Geburt aufhält, achtet England des fremden Bodens, der fremden Luft,
der fremden Herrschaft und des fremden Bürgerrechts. Mit der Rückkehr in
die Heimat lebt der unverwüstliche John Bull wieder auf. Ein Antrag auf
Wiederaufnahme wird nicht erfordert. Das Band braucht nicht neu geknüpft
zu werden, denn es war niemals zerrissen.

So kann ein Volk nur dann handeln und in dieser ungeschwächten Art
kann ein stolzes Blutsrecht nur dann wieder aufleben, es kann, kurz gesagt,
auf eine ausdrückliche Äußerung des Treuwillens und auf den von unseren
Rücksiedlern so sehr gescheuten Gang in die Vorzimmer der Behörden nur dann
verzichtet werden, wenn dem Heimwanderer keine Bürgerlast, keine Wehrpflicht
entgegentritt.

Und es ist nicht nur das englische Blut, es ist nicht nur die englische
Wehrfreiheit, die also wirken. Es ist auch der englische Boden. Denn nur
Deutschland, nur die teuto-germanische Mutter der Nationen und mit ihr das
Reich der Habsburger, unter allen großen Kulturvölkern diese beiden ganz
allein, verzichten noch heute auf jede einbürgernde, insoweit also auf jede staats-
und volkserhaltende Kraft ihres Bodens. Kein deutscher Geburtsschein, und
stamme er vom Vater und Großvater, vermag unser Deutschtum zu beweisen,


Deutsches Bluts- und Bodenrecht

Mag es also selbst unter fremdem Kleide fortleben, das alte deutsche Blut,
für unser Reich als solches zerstört die teuto-germanische Wehrpflicht nur gar
zu leicht unser von Ewigkeit her ererbtes Blutsrecht der Normannen, Sachsen
und Franken.

Angesehene deutsche Auslandkreise, so unter anderem der Verband deutscher
Flottenvereine im Auslande, haben deshalb für die Auslanddeutschen Wehr¬
freiheit gefordert. In unserer eisernen Zeit war es das begreifliche Schicksal
dieses Gedankens, daß ihn der deutsche Reichstag schon in der ersten Lesung
des Neichsangehörigkeitsgesetzes verwarf und an seiner Stelle den Grundsatz,
daß auch fürderhin keine Reichsgemeinschaft ohne Wehrgemeinschaft bestehen
solle, auf den Schild erhob. Eine im Reichstage noch nicht erörterte, aber
überaus wichtige Ausnahme ließe sich vielleicht für die im Auslande geborenen
Kinder reichsdeutsch gebliebener Väter schaffen, denn die Wehrfreiheit ihrer
künftigen Kinder könnte den Deutschen im Reiche schwerlich den Anreiz zur
Auswanderung bieten. Die Wehrfreiheit dieser Auslandgeburten oder ihre
grundsätzliche Überweisung zur Ersatzreserve ist aber auch das einzige, was sich
zur Stärkung unserer kaufmännischen und kulturellen Auslandarmee erörtern
ließe. Wir werden insbesondere verzichten müssen auf den in seiner geschmei¬
digen Einfachheit überaus bemerkenswerten Weg, den das britische Blutsrecht
einschlägt, um sich dem dauernden Einflüsse fremden Bodenrechts zu entziehen.
Solange und nur genau solange, als der in Brasilien oder Argentinien, in
Frankreich oder sonstigen Ländern des Okzidents — denn diese alle huldigen
auf eigenem Boden dem Territorialgrundsatze — geborenen und durch die
bloße Tatsache seiner Geburt eingebürgerte Engländer sich in dem Rentamte
seiner Geburt aufhält, achtet England des fremden Bodens, der fremden Luft,
der fremden Herrschaft und des fremden Bürgerrechts. Mit der Rückkehr in
die Heimat lebt der unverwüstliche John Bull wieder auf. Ein Antrag auf
Wiederaufnahme wird nicht erfordert. Das Band braucht nicht neu geknüpft
zu werden, denn es war niemals zerrissen.

So kann ein Volk nur dann handeln und in dieser ungeschwächten Art
kann ein stolzes Blutsrecht nur dann wieder aufleben, es kann, kurz gesagt,
auf eine ausdrückliche Äußerung des Treuwillens und auf den von unseren
Rücksiedlern so sehr gescheuten Gang in die Vorzimmer der Behörden nur dann
verzichtet werden, wenn dem Heimwanderer keine Bürgerlast, keine Wehrpflicht
entgegentritt.

Und es ist nicht nur das englische Blut, es ist nicht nur die englische
Wehrfreiheit, die also wirken. Es ist auch der englische Boden. Denn nur
Deutschland, nur die teuto-germanische Mutter der Nationen und mit ihr das
Reich der Habsburger, unter allen großen Kulturvölkern diese beiden ganz
allein, verzichten noch heute auf jede einbürgernde, insoweit also auf jede staats-
und volkserhaltende Kraft ihres Bodens. Kein deutscher Geburtsschein, und
stamme er vom Vater und Großvater, vermag unser Deutschtum zu beweisen,


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[0467] Deutsches Bluts- und Bodenrecht Mag es also selbst unter fremdem Kleide fortleben, das alte deutsche Blut, für unser Reich als solches zerstört die teuto-germanische Wehrpflicht nur gar zu leicht unser von Ewigkeit her ererbtes Blutsrecht der Normannen, Sachsen und Franken. Angesehene deutsche Auslandkreise, so unter anderem der Verband deutscher Flottenvereine im Auslande, haben deshalb für die Auslanddeutschen Wehr¬ freiheit gefordert. In unserer eisernen Zeit war es das begreifliche Schicksal dieses Gedankens, daß ihn der deutsche Reichstag schon in der ersten Lesung des Neichsangehörigkeitsgesetzes verwarf und an seiner Stelle den Grundsatz, daß auch fürderhin keine Reichsgemeinschaft ohne Wehrgemeinschaft bestehen solle, auf den Schild erhob. Eine im Reichstage noch nicht erörterte, aber überaus wichtige Ausnahme ließe sich vielleicht für die im Auslande geborenen Kinder reichsdeutsch gebliebener Väter schaffen, denn die Wehrfreiheit ihrer künftigen Kinder könnte den Deutschen im Reiche schwerlich den Anreiz zur Auswanderung bieten. Die Wehrfreiheit dieser Auslandgeburten oder ihre grundsätzliche Überweisung zur Ersatzreserve ist aber auch das einzige, was sich zur Stärkung unserer kaufmännischen und kulturellen Auslandarmee erörtern ließe. Wir werden insbesondere verzichten müssen auf den in seiner geschmei¬ digen Einfachheit überaus bemerkenswerten Weg, den das britische Blutsrecht einschlägt, um sich dem dauernden Einflüsse fremden Bodenrechts zu entziehen. Solange und nur genau solange, als der in Brasilien oder Argentinien, in Frankreich oder sonstigen Ländern des Okzidents — denn diese alle huldigen auf eigenem Boden dem Territorialgrundsatze — geborenen und durch die bloße Tatsache seiner Geburt eingebürgerte Engländer sich in dem Rentamte seiner Geburt aufhält, achtet England des fremden Bodens, der fremden Luft, der fremden Herrschaft und des fremden Bürgerrechts. Mit der Rückkehr in die Heimat lebt der unverwüstliche John Bull wieder auf. Ein Antrag auf Wiederaufnahme wird nicht erfordert. Das Band braucht nicht neu geknüpft zu werden, denn es war niemals zerrissen. So kann ein Volk nur dann handeln und in dieser ungeschwächten Art kann ein stolzes Blutsrecht nur dann wieder aufleben, es kann, kurz gesagt, auf eine ausdrückliche Äußerung des Treuwillens und auf den von unseren Rücksiedlern so sehr gescheuten Gang in die Vorzimmer der Behörden nur dann verzichtet werden, wenn dem Heimwanderer keine Bürgerlast, keine Wehrpflicht entgegentritt. Und es ist nicht nur das englische Blut, es ist nicht nur die englische Wehrfreiheit, die also wirken. Es ist auch der englische Boden. Denn nur Deutschland, nur die teuto-germanische Mutter der Nationen und mit ihr das Reich der Habsburger, unter allen großen Kulturvölkern diese beiden ganz allein, verzichten noch heute auf jede einbürgernde, insoweit also auf jede staats- und volkserhaltende Kraft ihres Bodens. Kein deutscher Geburtsschein, und stamme er vom Vater und Großvater, vermag unser Deutschtum zu beweisen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/467>, abgerufen am 22.12.2024.