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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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mischen Katakomben, aus denen allein wir
sie kennen, anfangs ganz in den antiken
Formen und geht erst später zu christlichen
Gegenständen über, wandelt dann aber das
Mosaik zum glänzenden Wand- und Decken-
schmuck. Die Plastik beschränkt sich fast ganz
auf Sarkophagreliefs in der Weise der spät¬
römischen Zeit, die Baukunst hat zunächst
vielfach antike Gebäude benutzt (die ^sria
sntiqus am Nordfuße des Palatin ist in die
Bibliothek des Augustustempels eingebaut),
aber ihre Kirchen, die Basiliken, Wohl selbst-
ständig, nicht in einfacher Nachahmung der
antiken Basiliken, nach den Bedürfnissen des
Gemeindehauses gestaltet, früh auch Kuppel¬
kirchen errichtet, wie schon Santa Costanza
in Rom aus der Zeit Konstantins des Großen,
und diese Form beherrscht dann die ostgotischen
Bauten in Ravenna wie die byzantinischen
dort und in Konstantinopel, wo die frei-
schwebende Riesenkuppel der Hagia Sophia
die großartigste Raumwirkung erzielt, die
jemals erreicht worden ist. Keine bessere
Vorbereitung für den Besuch Roms als diese
schönen Kapitel.

Dr. Gelo Uaemmel i
Musik

Neue Bücher über Musik. (Biographisches.)
Immer und immer wieder wird das Leben
unserer größten und großen Tonsetzer zum
Gegenstand von Büchern gemacht, welche für
weite Leserkreise bestimmt sind. Demnach
scheint unserer so ungemxin ausgebreiteten
Musikpflege das Interesse für die Schöpfer
der Tonwerke einigermaßen zu entsprechen.
So erfreulich das wäre, so kann doch den
Autoren jener Bücher der Vorwurf nicht er¬
spart werden, daß sie vielfach das Interesse
des Publikums irreleiten oder einem irre¬
geleiteten Interesse entgegenkommen, indem
sie gegen die Person, ja selbst gegen das
äußere Leben des Komponisten dessen Werke
in ungebührlicher Weise in den Hintergrund
treten lassen. Zweifellos hat der, welcher zu
den Sonaten und Symphonien eines Beethoven
ein inneres Verhältnis gewonnen hat, das
natürliche Bedürfnis, über die Schicksale des
Meisters, über seine Lebens- und Welt¬
anschauung usw. etwas zu erfahren. Aber
die wichtigste Aufgabe des Biographen, der

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sich an ein großes Laienpublikum wendet,
wird es doch immer bleiben, das Verständnis
für die Werke seines Helden zu erwecken oder
zu vertiefen. Selbstverständlich soll die Not¬
wendigkeit der historischen Forschung über den
Lebensgang der Komponisten und über die
außermusikalischen, ja die außerkünstlerischen
Seiten ihrer Persönlichkeit nicht geleugnet
werden. Aber solche Darstellungen sind stets
als Vorarbeiten oder als Ergänzungen der
eigentlichen Biographie zu betrachten.

Ein derartiges und zwar sehr gutes Buch
ist unter den vorliegenden Schriften das von
Sebastian Röckl über "Ludwin it. von
Bayern und Richard Wagner" (zweite neu
bearbeitete und vermehrte Auflage, C. H.
Becksche sOskar Bechj Verlagsbuchhandlung,
München 1913). In schlichter, zum Teil
aktenmäßiger Darstellung behandelt eS den
merkwürdigen Verkehr zwischen dem jungen,
kunstbegeisterten König und dein von ihm
geradezu vergötterten, bis dahin viel umher¬
getriebenen Künstler, der von der Freundschaft
dieses Fürsten die Verwirklichung seiner
kühnsten Träume erhofft. Aber je weiter wir
lesen, um so klarer erkennen wir das tragische
Verhängnis, das über dem Bunde waltet,
den zwei Männer geschlossen haben, die beide
unfähig sind, den natürlichen Widerstand der
realen und materiellen Mächte richtig in ihre
Rechnung einzustellen. Wagners Weggang von
München, mit dem das Buch schließt (ein
zweiter Band, der die Darstellung bis zu
seinem Tode fortführen soll, ist uns ver¬
sprochen^, war, wie wir heute, nach dem furcht¬
baren Schicksal und Ende des Königs, deut¬
lich übersehen können, eine Notwendigkeit im
wohlverstandenen Staatsinteresse. Das hätte
Röckl betonen sollen, statt durch eigene Be¬
merkungen dem gedankenlosen Gerede von
der in der Stadt und am Hofe herrschenden
Philisterei, die ja gewiß auch ihre Rolle
dabei gespielt hat, neue Nahrung zu geben.
Vermehrt ist die zweite Auflage um ein ein¬
leitendes Kapitel über Wagners Beziehungen
zum Münchener Hoftheater vor 1864. Wir
erfahren daraus, daß der "Holländer" 1841
von der Intendanz abgelehnt wurde, aber
auch, was wichtiger ist, daß sich Franz Lachner,
wenn auch Wohl mit innerem Widerstreben,
als Dirigent ehrlich für eine möglichst gute

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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mischen Katakomben, aus denen allein wir
sie kennen, anfangs ganz in den antiken
Formen und geht erst später zu christlichen
Gegenständen über, wandelt dann aber das
Mosaik zum glänzenden Wand- und Decken-
schmuck. Die Plastik beschränkt sich fast ganz
auf Sarkophagreliefs in der Weise der spät¬
römischen Zeit, die Baukunst hat zunächst
vielfach antike Gebäude benutzt (die ^sria
sntiqus am Nordfuße des Palatin ist in die
Bibliothek des Augustustempels eingebaut),
aber ihre Kirchen, die Basiliken, Wohl selbst-
ständig, nicht in einfacher Nachahmung der
antiken Basiliken, nach den Bedürfnissen des
Gemeindehauses gestaltet, früh auch Kuppel¬
kirchen errichtet, wie schon Santa Costanza
in Rom aus der Zeit Konstantins des Großen,
und diese Form beherrscht dann die ostgotischen
Bauten in Ravenna wie die byzantinischen
dort und in Konstantinopel, wo die frei-
schwebende Riesenkuppel der Hagia Sophia
die großartigste Raumwirkung erzielt, die
jemals erreicht worden ist. Keine bessere
Vorbereitung für den Besuch Roms als diese
schönen Kapitel.

Dr. Gelo Uaemmel i
Musik

Neue Bücher über Musik. (Biographisches.)
Immer und immer wieder wird das Leben
unserer größten und großen Tonsetzer zum
Gegenstand von Büchern gemacht, welche für
weite Leserkreise bestimmt sind. Demnach
scheint unserer so ungemxin ausgebreiteten
Musikpflege das Interesse für die Schöpfer
der Tonwerke einigermaßen zu entsprechen.
So erfreulich das wäre, so kann doch den
Autoren jener Bücher der Vorwurf nicht er¬
spart werden, daß sie vielfach das Interesse
des Publikums irreleiten oder einem irre¬
geleiteten Interesse entgegenkommen, indem
sie gegen die Person, ja selbst gegen das
äußere Leben des Komponisten dessen Werke
in ungebührlicher Weise in den Hintergrund
treten lassen. Zweifellos hat der, welcher zu
den Sonaten und Symphonien eines Beethoven
ein inneres Verhältnis gewonnen hat, das
natürliche Bedürfnis, über die Schicksale des
Meisters, über seine Lebens- und Welt¬
anschauung usw. etwas zu erfahren. Aber
die wichtigste Aufgabe des Biographen, der

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sich an ein großes Laienpublikum wendet,
wird es doch immer bleiben, das Verständnis
für die Werke seines Helden zu erwecken oder
zu vertiefen. Selbstverständlich soll die Not¬
wendigkeit der historischen Forschung über den
Lebensgang der Komponisten und über die
außermusikalischen, ja die außerkünstlerischen
Seiten ihrer Persönlichkeit nicht geleugnet
werden. Aber solche Darstellungen sind stets
als Vorarbeiten oder als Ergänzungen der
eigentlichen Biographie zu betrachten.

Ein derartiges und zwar sehr gutes Buch
ist unter den vorliegenden Schriften das von
Sebastian Röckl über „Ludwin it. von
Bayern und Richard Wagner" (zweite neu
bearbeitete und vermehrte Auflage, C. H.
Becksche sOskar Bechj Verlagsbuchhandlung,
München 1913). In schlichter, zum Teil
aktenmäßiger Darstellung behandelt eS den
merkwürdigen Verkehr zwischen dem jungen,
kunstbegeisterten König und dein von ihm
geradezu vergötterten, bis dahin viel umher¬
getriebenen Künstler, der von der Freundschaft
dieses Fürsten die Verwirklichung seiner
kühnsten Träume erhofft. Aber je weiter wir
lesen, um so klarer erkennen wir das tragische
Verhängnis, das über dem Bunde waltet,
den zwei Männer geschlossen haben, die beide
unfähig sind, den natürlichen Widerstand der
realen und materiellen Mächte richtig in ihre
Rechnung einzustellen. Wagners Weggang von
München, mit dem das Buch schließt (ein
zweiter Band, der die Darstellung bis zu
seinem Tode fortführen soll, ist uns ver¬
sprochen^, war, wie wir heute, nach dem furcht¬
baren Schicksal und Ende des Königs, deut¬
lich übersehen können, eine Notwendigkeit im
wohlverstandenen Staatsinteresse. Das hätte
Röckl betonen sollen, statt durch eigene Be¬
merkungen dem gedankenlosen Gerede von
der in der Stadt und am Hofe herrschenden
Philisterei, die ja gewiß auch ihre Rolle
dabei gespielt hat, neue Nahrung zu geben.
Vermehrt ist die zweite Auflage um ein ein¬
leitendes Kapitel über Wagners Beziehungen
zum Münchener Hoftheater vor 1864. Wir
erfahren daraus, daß der „Holländer" 1841
von der Intendanz abgelehnt wurde, aber
auch, was wichtiger ist, daß sich Franz Lachner,
wenn auch Wohl mit innerem Widerstreben,
als Dirigent ehrlich für eine möglichst gute

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[0450] Maßgebliches und Unmaßgebliches mischen Katakomben, aus denen allein wir sie kennen, anfangs ganz in den antiken Formen und geht erst später zu christlichen Gegenständen über, wandelt dann aber das Mosaik zum glänzenden Wand- und Decken- schmuck. Die Plastik beschränkt sich fast ganz auf Sarkophagreliefs in der Weise der spät¬ römischen Zeit, die Baukunst hat zunächst vielfach antike Gebäude benutzt (die ^sria sntiqus am Nordfuße des Palatin ist in die Bibliothek des Augustustempels eingebaut), aber ihre Kirchen, die Basiliken, Wohl selbst- ständig, nicht in einfacher Nachahmung der antiken Basiliken, nach den Bedürfnissen des Gemeindehauses gestaltet, früh auch Kuppel¬ kirchen errichtet, wie schon Santa Costanza in Rom aus der Zeit Konstantins des Großen, und diese Form beherrscht dann die ostgotischen Bauten in Ravenna wie die byzantinischen dort und in Konstantinopel, wo die frei- schwebende Riesenkuppel der Hagia Sophia die großartigste Raumwirkung erzielt, die jemals erreicht worden ist. Keine bessere Vorbereitung für den Besuch Roms als diese schönen Kapitel. Dr. Gelo Uaemmel i Musik Neue Bücher über Musik. (Biographisches.) Immer und immer wieder wird das Leben unserer größten und großen Tonsetzer zum Gegenstand von Büchern gemacht, welche für weite Leserkreise bestimmt sind. Demnach scheint unserer so ungemxin ausgebreiteten Musikpflege das Interesse für die Schöpfer der Tonwerke einigermaßen zu entsprechen. So erfreulich das wäre, so kann doch den Autoren jener Bücher der Vorwurf nicht er¬ spart werden, daß sie vielfach das Interesse des Publikums irreleiten oder einem irre¬ geleiteten Interesse entgegenkommen, indem sie gegen die Person, ja selbst gegen das äußere Leben des Komponisten dessen Werke in ungebührlicher Weise in den Hintergrund treten lassen. Zweifellos hat der, welcher zu den Sonaten und Symphonien eines Beethoven ein inneres Verhältnis gewonnen hat, das natürliche Bedürfnis, über die Schicksale des Meisters, über seine Lebens- und Welt¬ anschauung usw. etwas zu erfahren. Aber die wichtigste Aufgabe des Biographen, der sich an ein großes Laienpublikum wendet, wird es doch immer bleiben, das Verständnis für die Werke seines Helden zu erwecken oder zu vertiefen. Selbstverständlich soll die Not¬ wendigkeit der historischen Forschung über den Lebensgang der Komponisten und über die außermusikalischen, ja die außerkünstlerischen Seiten ihrer Persönlichkeit nicht geleugnet werden. Aber solche Darstellungen sind stets als Vorarbeiten oder als Ergänzungen der eigentlichen Biographie zu betrachten. Ein derartiges und zwar sehr gutes Buch ist unter den vorliegenden Schriften das von Sebastian Röckl über „Ludwin it. von Bayern und Richard Wagner" (zweite neu bearbeitete und vermehrte Auflage, C. H. Becksche sOskar Bechj Verlagsbuchhandlung, München 1913). In schlichter, zum Teil aktenmäßiger Darstellung behandelt eS den merkwürdigen Verkehr zwischen dem jungen, kunstbegeisterten König und dein von ihm geradezu vergötterten, bis dahin viel umher¬ getriebenen Künstler, der von der Freundschaft dieses Fürsten die Verwirklichung seiner kühnsten Träume erhofft. Aber je weiter wir lesen, um so klarer erkennen wir das tragische Verhängnis, das über dem Bunde waltet, den zwei Männer geschlossen haben, die beide unfähig sind, den natürlichen Widerstand der realen und materiellen Mächte richtig in ihre Rechnung einzustellen. Wagners Weggang von München, mit dem das Buch schließt (ein zweiter Band, der die Darstellung bis zu seinem Tode fortführen soll, ist uns ver¬ sprochen^, war, wie wir heute, nach dem furcht¬ baren Schicksal und Ende des Königs, deut¬ lich übersehen können, eine Notwendigkeit im wohlverstandenen Staatsinteresse. Das hätte Röckl betonen sollen, statt durch eigene Be¬ merkungen dem gedankenlosen Gerede von der in der Stadt und am Hofe herrschenden Philisterei, die ja gewiß auch ihre Rolle dabei gespielt hat, neue Nahrung zu geben. Vermehrt ist die zweite Auflage um ein ein¬ leitendes Kapitel über Wagners Beziehungen zum Münchener Hoftheater vor 1864. Wir erfahren daraus, daß der „Holländer" 1841 von der Intendanz abgelehnt wurde, aber auch, was wichtiger ist, daß sich Franz Lachner, wenn auch Wohl mit innerem Widerstreben, als Dirigent ehrlich für eine möglichst gute

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/450>, abgerufen am 27.07.2024.