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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Aus Arndts Vermächtnis

Buch in der Monatsschrift für höhere Schulen sonst sehr günstig besprochen hat.
durchaus nicht missen.*)

Findet also in dieser Schrift der Pädagoge viel Anregung und unerwartete
Entdeckungen, so kann auch dem Politiker und Historiker durch neue Arndt-
vücher hohe Freude widerfahren, zumal durch einen Neudruck der erst vor kurzem
von Müsebeck wiederentdeckten Schrift Arndts aus dem Jahre 1810: "Der Bauern¬
stand politisch betrachtet. Nach Anleitung des königlich Preußischen Edikts vom
9. Oktober 1807" (s. Prß. Ib/Juli 1910). Dieser Neudruck ist sehr dankens¬
wert; macht er doch eine höchst seltene Schrift Arndts bequem zugänglich, in
der die Grundlagen unserer neueren Bauernpolitik und ihre allermodernsten
Bestrebungen klar und wohlgegliedert in echt Arndtscher historisch-realer Beweis¬
führung niedergelegt sind. Es ist für mich eine der fesselndsten, auch stilistisch
besten Schriften Arndts. Sie findet sich in der neuen Arndtausgabe, die der
Borghese Verlag (Goldene Klassikerbibliothek) von Leffson und Steffens, zwei
noch jungen Historikern, in vier Bänden hat herausgeben lassen. Es gehörte
Mut dazu, diese Ausgabe auf den Markt zu bringen, nachdem bereits 1908
Max Hesse eine treffliche vierhändige Auswahl geliefert hatte, die dem damals
dringenden Bedürfnis abzuhelfen durchaus geeignet war, nun aber gar nicht
den Erfolg zu haben scheint, den sie verdient als eine tüchtige Leistung der
beiden Veteranen der Arndtforschung H. Meisner und R. Geerds. Wer also
einen solchen Mut hat, muß schon überzeugt sein, etwas besonders Gutes zu
bieten. Und in der Tat: die Ausgabe ist vortrefflich; nach sorgfältiger Prüfung
und Vergleichung muß ich der Überzeugung Ausdruck geben, daß sie sich neben
der Hesseschen behaupten kann; zumal nach Ausstattung und Format wird sie
vielen mehr gefallen. Einem Bedürfnis aber entsprach sie nicht; die Heraus¬
geber von Schriftstellern Arndtscher Art, die schwerlich einen Massenabsatz er¬
zielen werden, sollten lieber eine Arbeitsteilung eintreten lassen, statt eine Kon¬
kurrenz uni jeden Preis zu betreiben. Bietet doch die Hessesche Ausgabe an
Umfang sogar erheblich mehr. Sie enthält allein etwa einhundertundsiebzig
Gedichte und Einzelstrophen, die Leffson ausschied, darunter solche, die man
nicht gern entbehrt (I, 26. 113; II, 40, 76. 93, 96, 105, 114. 120, 144,
177. 179, 183; III, 68, 175, 183, 187). Und acht "kleine Schriften" finden
sich in dem von Geerds zusammengestellten Band 4, die man in Bongs Aus¬
gabe vergeblich sucht.

Nach dieser Hinsicht scheint die Ausgabe von Meisner und Geerds mehr
für die Bibliothek des Wissenschaftlers, des Geschichts- und Literaturforschers,
des Politikers geeignet. Auch die Einleitungen sind in ihrer Schlichtheit und
Bündigkeit, die Archivalisches und Bibliographisches bevorzugt, anscheinend mit
Absicht, mehr auf das äußere Drum und Dran eingerichtet, als auf eine Ein-



*) Man vergleiche auch den schönen Bortrag Levinsteins: "E. M. Arndt und die Er¬
ziehung der deutschen Jugend" S. 110 bis 113 der oben genannten Huldigungsschrift von
Joseph Loevenich.
Aus Arndts Vermächtnis

Buch in der Monatsschrift für höhere Schulen sonst sehr günstig besprochen hat.
durchaus nicht missen.*)

Findet also in dieser Schrift der Pädagoge viel Anregung und unerwartete
Entdeckungen, so kann auch dem Politiker und Historiker durch neue Arndt-
vücher hohe Freude widerfahren, zumal durch einen Neudruck der erst vor kurzem
von Müsebeck wiederentdeckten Schrift Arndts aus dem Jahre 1810: „Der Bauern¬
stand politisch betrachtet. Nach Anleitung des königlich Preußischen Edikts vom
9. Oktober 1807" (s. Prß. Ib/Juli 1910). Dieser Neudruck ist sehr dankens¬
wert; macht er doch eine höchst seltene Schrift Arndts bequem zugänglich, in
der die Grundlagen unserer neueren Bauernpolitik und ihre allermodernsten
Bestrebungen klar und wohlgegliedert in echt Arndtscher historisch-realer Beweis¬
führung niedergelegt sind. Es ist für mich eine der fesselndsten, auch stilistisch
besten Schriften Arndts. Sie findet sich in der neuen Arndtausgabe, die der
Borghese Verlag (Goldene Klassikerbibliothek) von Leffson und Steffens, zwei
noch jungen Historikern, in vier Bänden hat herausgeben lassen. Es gehörte
Mut dazu, diese Ausgabe auf den Markt zu bringen, nachdem bereits 1908
Max Hesse eine treffliche vierhändige Auswahl geliefert hatte, die dem damals
dringenden Bedürfnis abzuhelfen durchaus geeignet war, nun aber gar nicht
den Erfolg zu haben scheint, den sie verdient als eine tüchtige Leistung der
beiden Veteranen der Arndtforschung H. Meisner und R. Geerds. Wer also
einen solchen Mut hat, muß schon überzeugt sein, etwas besonders Gutes zu
bieten. Und in der Tat: die Ausgabe ist vortrefflich; nach sorgfältiger Prüfung
und Vergleichung muß ich der Überzeugung Ausdruck geben, daß sie sich neben
der Hesseschen behaupten kann; zumal nach Ausstattung und Format wird sie
vielen mehr gefallen. Einem Bedürfnis aber entsprach sie nicht; die Heraus¬
geber von Schriftstellern Arndtscher Art, die schwerlich einen Massenabsatz er¬
zielen werden, sollten lieber eine Arbeitsteilung eintreten lassen, statt eine Kon¬
kurrenz uni jeden Preis zu betreiben. Bietet doch die Hessesche Ausgabe an
Umfang sogar erheblich mehr. Sie enthält allein etwa einhundertundsiebzig
Gedichte und Einzelstrophen, die Leffson ausschied, darunter solche, die man
nicht gern entbehrt (I, 26. 113; II, 40, 76. 93, 96, 105, 114. 120, 144,
177. 179, 183; III, 68, 175, 183, 187). Und acht „kleine Schriften" finden
sich in dem von Geerds zusammengestellten Band 4, die man in Bongs Aus¬
gabe vergeblich sucht.

Nach dieser Hinsicht scheint die Ausgabe von Meisner und Geerds mehr
für die Bibliothek des Wissenschaftlers, des Geschichts- und Literaturforschers,
des Politikers geeignet. Auch die Einleitungen sind in ihrer Schlichtheit und
Bündigkeit, die Archivalisches und Bibliographisches bevorzugt, anscheinend mit
Absicht, mehr auf das äußere Drum und Dran eingerichtet, als auf eine Ein-



*) Man vergleiche auch den schönen Bortrag Levinsteins: „E. M. Arndt und die Er¬
ziehung der deutschen Jugend" S. 110 bis 113 der oben genannten Huldigungsschrift von
Joseph Loevenich.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/419>, abgerufen am 01.09.2024.