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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Fürstliche Gegner Bismarcks

Du hast die loyale Absicht ihres Onkels nicht verkannt, durch die persön¬
lichen Beziehungen, die ihm zu Gebote stehen, die ernste Sachlage möglichst
zugunsten Deines eigenen Wunsches, die ehrenvolle Erhaltung des Friedens
betreffend, aufzuklären, und sich dafür, wie sonst, in direkte Verbindung und
Dir zu setzen.

In demselben Augenblick wird er von bekannter Seite auf eine Art behandelt,
die ihn als deutschen Bundesfürsten verletzen und seine vielfachen verwandt¬
schaftlichen Beziehungen kränken muß.

Wenn sich nicht der Herzog durch sein persönliches Attachement für Dich,
das er nie verleugnet hat, gebunden fühlt, wäre er berechtigt, sofort seinen
Brief an Dich zu veröffentlichen und zu beweisen, wie er gehandelt hat und
welcher Lohn ihm dafür zuteil wird.

(In Abschrift nach Koburg geschickt; Abschrift von der Hand des Kron¬
prinzen, ebenso das Nachwort: i

Der König erwiderte mündlich: "Er habe dem Minister geschrieben, daß
er die Artikel nicht billige und eine Rektifikation wünsche, wenn man Einfluß
auf die Zeitung habe.")

In der Tat liegt im Anhang zu den G. und (I 132) ein Brief des
Königs vor, der die Veröffentlichungen tadelt und mit der Bitte schließt, demi
Unwesen der Kreuzzeitung gegen den Herzog von Koburg ein Ende zu machen.

König Wilhelm an Bismarck.

7. April 1866,

Mir werden soeben die Um. 78 und 79 der Kreuzzeitung vorgelegt durch
fremde Hand (da ich diese Zeitung seit 1861 l^Krönungsartikel im Juni^ nicht
mehr halte) wegen der Schmähartikel auf den Herzog von Koburg. Mir ist
das sehr unangenehm, da nur Sie und die Königin und Kronprinzliche Herr¬
schaften Kenntnis von den Briefen des Herzogs an mich hatten, daher die
Quelle des Artikels sofort zu erraten ist. Da Sie mir immer sagten, daß die
Negierung keinen Einfluß auf die Kreuzzeitung habe, so scheint hier doch ein
Fall vorzuliegen, der dem widerspricht? Die Art, wie ich dem Herzog ant¬
wortete und das zweitemal nicht antwortete, bewies ihm, daß ich keine Fort¬
setzung der Korrespondenz wollte. Aber solche Artikel wie quest. müssen ihn
noch feindlicher gegen uns stimmen, und das ist nicht politisch richtig in diesem
Momente. Ich bitte Sie also, dem Unwesen der Kreuzzeitung gegen den
Herzog ein Ende zu machen. W.

Doch Bismarck nahm diesen königlichen Tadel nicht ruhig hin. Noch ein-
mal bietet er alles auf, seinen königlichen Herrn von der Berechtigung seines
Vorgehens, von dem Unrecht seiner fürstlichen Gegner schlagend zu überzeugen.
Seine in dem Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen I, 133 ff. ver¬
öffentlichten Ausführungen bilden den leidenschaftlichen Schlußakkord der politischen
Auseinandersetzung.


Fürstliche Gegner Bismarcks

Du hast die loyale Absicht ihres Onkels nicht verkannt, durch die persön¬
lichen Beziehungen, die ihm zu Gebote stehen, die ernste Sachlage möglichst
zugunsten Deines eigenen Wunsches, die ehrenvolle Erhaltung des Friedens
betreffend, aufzuklären, und sich dafür, wie sonst, in direkte Verbindung und
Dir zu setzen.

In demselben Augenblick wird er von bekannter Seite auf eine Art behandelt,
die ihn als deutschen Bundesfürsten verletzen und seine vielfachen verwandt¬
schaftlichen Beziehungen kränken muß.

Wenn sich nicht der Herzog durch sein persönliches Attachement für Dich,
das er nie verleugnet hat, gebunden fühlt, wäre er berechtigt, sofort seinen
Brief an Dich zu veröffentlichen und zu beweisen, wie er gehandelt hat und
welcher Lohn ihm dafür zuteil wird.

(In Abschrift nach Koburg geschickt; Abschrift von der Hand des Kron¬
prinzen, ebenso das Nachwort: i

Der König erwiderte mündlich: „Er habe dem Minister geschrieben, daß
er die Artikel nicht billige und eine Rektifikation wünsche, wenn man Einfluß
auf die Zeitung habe.")

In der Tat liegt im Anhang zu den G. und (I 132) ein Brief des
Königs vor, der die Veröffentlichungen tadelt und mit der Bitte schließt, demi
Unwesen der Kreuzzeitung gegen den Herzog von Koburg ein Ende zu machen.

König Wilhelm an Bismarck.

7. April 1866,

Mir werden soeben die Um. 78 und 79 der Kreuzzeitung vorgelegt durch
fremde Hand (da ich diese Zeitung seit 1861 l^Krönungsartikel im Juni^ nicht
mehr halte) wegen der Schmähartikel auf den Herzog von Koburg. Mir ist
das sehr unangenehm, da nur Sie und die Königin und Kronprinzliche Herr¬
schaften Kenntnis von den Briefen des Herzogs an mich hatten, daher die
Quelle des Artikels sofort zu erraten ist. Da Sie mir immer sagten, daß die
Negierung keinen Einfluß auf die Kreuzzeitung habe, so scheint hier doch ein
Fall vorzuliegen, der dem widerspricht? Die Art, wie ich dem Herzog ant¬
wortete und das zweitemal nicht antwortete, bewies ihm, daß ich keine Fort¬
setzung der Korrespondenz wollte. Aber solche Artikel wie quest. müssen ihn
noch feindlicher gegen uns stimmen, und das ist nicht politisch richtig in diesem
Momente. Ich bitte Sie also, dem Unwesen der Kreuzzeitung gegen den
Herzog ein Ende zu machen. W.

Doch Bismarck nahm diesen königlichen Tadel nicht ruhig hin. Noch ein-
mal bietet er alles auf, seinen königlichen Herrn von der Berechtigung seines
Vorgehens, von dem Unrecht seiner fürstlichen Gegner schlagend zu überzeugen.
Seine in dem Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen I, 133 ff. ver¬
öffentlichten Ausführungen bilden den leidenschaftlichen Schlußakkord der politischen
Auseinandersetzung.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/40>, abgerufen am 27.07.2024.