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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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zu Gemüt, wenn auch der Herthasee, mit der
Sage von der blonden Göttin, nicht durch¬
weg von den Gelehrten als Götterverehrungs¬
stätte angesehen wird. Die Kreideformationen
des Seeufers, welche durch alljährliche Fels¬
stürze seltsame Versteinerungen und wunder¬
bare Gebilde des FeuersteinschwammeS über
den Strand ausschütten, die Riesensteinfind-
linge im ganzen Land, die erkennbaren Mo¬
ränen der Steinzeit, sie wecken auch im flüch¬
tigen Wanderer Ewigkeitsgedanken.

Aber auch der moderne Mensch findet,
was er haben will, in den herrlichen Bade¬
orten, die modernsten Zuschnitt aufweisen,
der um so eigenartiger anmutet, als die un¬
verfälschte Natur sich hier nicht hat unter¬
drücken lassen. Aus dem Glanz des elek¬
trischen Lichtes geht es unvermittelt in den
Dämmerschatten eines Waldes, der durch
Farrenvegetation und Stämmigkeit seiner
Baumriesen wie ein Urwald anmutet. Neben
dieser gefälligen Unkultur der berühmte
Schloßpark in Putbus, die Gartenkulturen
der Schlösser Dwasieden, Ralswiek, Panse-
vitz, und das historisch merkwürdige Spuk¬
schloß Spyker mit dem Enthauptungs¬
zimmer. Rügeuland hat aber auch seine
Bedeutung in der Geschichte, davon zeugen
die ragenden Denkmäler Friedrich Wilhelms
des Ersten bei Groß-Stresow und des
Großen Kurfürsten bei Neukamp, der Bis-
marckstein in Putbus. Rügen ist das Ge¬
burtsland Ernst Moritz Arndts und des be¬
rühmten Wiener Professors Billroth.

Rügen ist in Summa ein interessantes
Land, ein Land der Gegensätze, ein Land,
das sich ohne Selbstüberhebung den Globe¬
trotter-Verkehrsgebieten anreihen läßt, und
der Besuch seiner prächtig gelegenen Bade¬
orte, vor allem Binz, Saßnitz, Selim und
Göhren, aber auch der kleineren, wie etwa
Baabe, Thiessow, Lohne usw., die von Jahr
zu Jahr größeren Aufschwung nehmen, lohnt
um so mehr, als die deutsche Flotte in Rügen
ein Manöverzentrum hat, welches das herz¬
liche patriotische Interesse aller Deutschen
und die Schaulust ausländischer Besucher
weckt, die hier die stolzen Schiffe manövrieren und
oft wochenlang vor Anker liegend sehen können.

Durch die neuesten Wcltrouten Berlin--
Köln --Hamburg--Stockholm -- Kopenhagen

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ist Rügen der Mittelpunkt des Nordlands¬
verkehrs, und als solcher eine Etappe für
Weltreisende und Erholungsuchende.

Oberst a. D. Seelmcmn i
Kapitän Mikkelsen, Ein arktischer Robinson.

Mit über 100 Abbildungen und zwei Karten.
Leipzig, F. A. Brockhaus. M. 10.-- geht.

Grönland d. h. grünes Land nannte Erik
der Rote, der um 986 das schon 100 Jahre
früher von isländischen Seefahrern entdeckte
Land besiedeln wollte, die größte Insel der
Erde. Der Jnselcharakter Grönlands ist
allerdings erst über 900 Jahre später
zweifelsfrei festgestellt worden, solange setzte
der ungeheure Eispanzer dem menschlichen
Forschungseifer ein gebieterisches Halt ent¬
gegen. Große Opfer mußten und müssen
noch immer gebracht werden, um demi ewigen
Eise seine Geheimnisse entreißen zu können,
wie erst kürzlich wieder das Schicksal der
Scottschen Südpolexpedition lehrte. Während
sich dort im Süden die Tragödie zuspitzte
und der Weiße Tod eine grimmige Ernte
hielt, gelang es in: Norden eine fast auf¬
gegebene Expedition zu einem glücklicheren
Abschluß zu bringen.

Der dänische Kapitän Mikkelsen zog im
Sommer 1909 auf einem winzigen Schiffe
mit sechs Teilnehmern aus, um an der Nord-
Ostküste Grönlands Nachforschungen nacki den
hinterlassenen Aufzeichnungen der verunglückten
Mylius-Erlassen-ExPedition anzustellen. Nach
Überwinterung auf der Shannon-Insel legte
Mikkelsen mit nur einem Begleiter über
2000 Kilometer auf dem fast unwegsamen
Inlandeis zurück, untersuchte vom Danmark-
Fjord an der Nordost-Rundung bis zur
Shannon-Insel die ganze grönländische Ost¬
küste, überall nach Spuren Mulus-Erichsens
forschend, um schließlich sein eigenes Schiff
von der Mannschaft verlassen als hilfloses
Wrack wiederzufinden. Ohne Hunde -- die
mitgenommenen hatten sämtlich ihr Leben
auf dem großen Zuge lassen müssen -- war
an ein Aufsuchen bewohnter Stätten nicht zu
denken. Nur einige Tage Dampferfahrt von
Norwegens Küste entfernt mußte Mikkelsen
zwei Jahre warten, bis endlich die kaum
noch erhoffte Erlösung kam.

Die ganz hervorragende Reise und das
spätere zweimalige Überwintern lassen in

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

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zu Gemüt, wenn auch der Herthasee, mit der
Sage von der blonden Göttin, nicht durch¬
weg von den Gelehrten als Götterverehrungs¬
stätte angesehen wird. Die Kreideformationen
des Seeufers, welche durch alljährliche Fels¬
stürze seltsame Versteinerungen und wunder¬
bare Gebilde des FeuersteinschwammeS über
den Strand ausschütten, die Riesensteinfind-
linge im ganzen Land, die erkennbaren Mo¬
ränen der Steinzeit, sie wecken auch im flüch¬
tigen Wanderer Ewigkeitsgedanken.

Aber auch der moderne Mensch findet,
was er haben will, in den herrlichen Bade¬
orten, die modernsten Zuschnitt aufweisen,
der um so eigenartiger anmutet, als die un¬
verfälschte Natur sich hier nicht hat unter¬
drücken lassen. Aus dem Glanz des elek¬
trischen Lichtes geht es unvermittelt in den
Dämmerschatten eines Waldes, der durch
Farrenvegetation und Stämmigkeit seiner
Baumriesen wie ein Urwald anmutet. Neben
dieser gefälligen Unkultur der berühmte
Schloßpark in Putbus, die Gartenkulturen
der Schlösser Dwasieden, Ralswiek, Panse-
vitz, und das historisch merkwürdige Spuk¬
schloß Spyker mit dem Enthauptungs¬
zimmer. Rügeuland hat aber auch seine
Bedeutung in der Geschichte, davon zeugen
die ragenden Denkmäler Friedrich Wilhelms
des Ersten bei Groß-Stresow und des
Großen Kurfürsten bei Neukamp, der Bis-
marckstein in Putbus. Rügen ist das Ge¬
burtsland Ernst Moritz Arndts und des be¬
rühmten Wiener Professors Billroth.

Rügen ist in Summa ein interessantes
Land, ein Land der Gegensätze, ein Land,
das sich ohne Selbstüberhebung den Globe¬
trotter-Verkehrsgebieten anreihen läßt, und
der Besuch seiner prächtig gelegenen Bade¬
orte, vor allem Binz, Saßnitz, Selim und
Göhren, aber auch der kleineren, wie etwa
Baabe, Thiessow, Lohne usw., die von Jahr
zu Jahr größeren Aufschwung nehmen, lohnt
um so mehr, als die deutsche Flotte in Rügen
ein Manöverzentrum hat, welches das herz¬
liche patriotische Interesse aller Deutschen
und die Schaulust ausländischer Besucher
weckt, die hier die stolzen Schiffe manövrieren und
oft wochenlang vor Anker liegend sehen können.

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ist Rügen der Mittelpunkt des Nordlands¬
verkehrs, und als solcher eine Etappe für
Weltreisende und Erholungsuchende.

Oberst a. D. Seelmcmn i
Kapitän Mikkelsen, Ein arktischer Robinson.

Mit über 100 Abbildungen und zwei Karten.
Leipzig, F. A. Brockhaus. M. 10.— geht.

Grönland d. h. grünes Land nannte Erik
der Rote, der um 986 das schon 100 Jahre
früher von isländischen Seefahrern entdeckte
Land besiedeln wollte, die größte Insel der
Erde. Der Jnselcharakter Grönlands ist
allerdings erst über 900 Jahre später
zweifelsfrei festgestellt worden, solange setzte
der ungeheure Eispanzer dem menschlichen
Forschungseifer ein gebieterisches Halt ent¬
gegen. Große Opfer mußten und müssen
noch immer gebracht werden, um demi ewigen
Eise seine Geheimnisse entreißen zu können,
wie erst kürzlich wieder das Schicksal der
Scottschen Südpolexpedition lehrte. Während
sich dort im Süden die Tragödie zuspitzte
und der Weiße Tod eine grimmige Ernte
hielt, gelang es in: Norden eine fast auf¬
gegebene Expedition zu einem glücklicheren
Abschluß zu bringen.

Der dänische Kapitän Mikkelsen zog im
Sommer 1909 auf einem winzigen Schiffe
mit sechs Teilnehmern aus, um an der Nord-
Ostküste Grönlands Nachforschungen nacki den
hinterlassenen Aufzeichnungen der verunglückten
Mylius-Erlassen-ExPedition anzustellen. Nach
Überwinterung auf der Shannon-Insel legte
Mikkelsen mit nur einem Begleiter über
2000 Kilometer auf dem fast unwegsamen
Inlandeis zurück, untersuchte vom Danmark-
Fjord an der Nordost-Rundung bis zur
Shannon-Insel die ganze grönländische Ost¬
küste, überall nach Spuren Mulus-Erichsens
forschend, um schließlich sein eigenes Schiff
von der Mannschaft verlassen als hilfloses
Wrack wiederzufinden. Ohne Hunde — die
mitgenommenen hatten sämtlich ihr Leben
auf dem großen Zuge lassen müssen — war
an ein Aufsuchen bewohnter Stätten nicht zu
denken. Nur einige Tage Dampferfahrt von
Norwegens Küste entfernt mußte Mikkelsen
zwei Jahre warten, bis endlich die kaum
noch erhoffte Erlösung kam.

Die ganz hervorragende Reise und das
spätere zweimalige Überwintern lassen in

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[0353] Maßgebliches und Unmaßgebliches zu Gemüt, wenn auch der Herthasee, mit der Sage von der blonden Göttin, nicht durch¬ weg von den Gelehrten als Götterverehrungs¬ stätte angesehen wird. Die Kreideformationen des Seeufers, welche durch alljährliche Fels¬ stürze seltsame Versteinerungen und wunder¬ bare Gebilde des FeuersteinschwammeS über den Strand ausschütten, die Riesensteinfind- linge im ganzen Land, die erkennbaren Mo¬ ränen der Steinzeit, sie wecken auch im flüch¬ tigen Wanderer Ewigkeitsgedanken. Aber auch der moderne Mensch findet, was er haben will, in den herrlichen Bade¬ orten, die modernsten Zuschnitt aufweisen, der um so eigenartiger anmutet, als die un¬ verfälschte Natur sich hier nicht hat unter¬ drücken lassen. Aus dem Glanz des elek¬ trischen Lichtes geht es unvermittelt in den Dämmerschatten eines Waldes, der durch Farrenvegetation und Stämmigkeit seiner Baumriesen wie ein Urwald anmutet. Neben dieser gefälligen Unkultur der berühmte Schloßpark in Putbus, die Gartenkulturen der Schlösser Dwasieden, Ralswiek, Panse- vitz, und das historisch merkwürdige Spuk¬ schloß Spyker mit dem Enthauptungs¬ zimmer. Rügeuland hat aber auch seine Bedeutung in der Geschichte, davon zeugen die ragenden Denkmäler Friedrich Wilhelms des Ersten bei Groß-Stresow und des Großen Kurfürsten bei Neukamp, der Bis- marckstein in Putbus. Rügen ist das Ge¬ burtsland Ernst Moritz Arndts und des be¬ rühmten Wiener Professors Billroth. Rügen ist in Summa ein interessantes Land, ein Land der Gegensätze, ein Land, das sich ohne Selbstüberhebung den Globe¬ trotter-Verkehrsgebieten anreihen läßt, und der Besuch seiner prächtig gelegenen Bade¬ orte, vor allem Binz, Saßnitz, Selim und Göhren, aber auch der kleineren, wie etwa Baabe, Thiessow, Lohne usw., die von Jahr zu Jahr größeren Aufschwung nehmen, lohnt um so mehr, als die deutsche Flotte in Rügen ein Manöverzentrum hat, welches das herz¬ liche patriotische Interesse aller Deutschen und die Schaulust ausländischer Besucher weckt, die hier die stolzen Schiffe manövrieren und oft wochenlang vor Anker liegend sehen können. Durch die neuesten Wcltrouten Berlin— Köln —Hamburg—Stockholm — Kopenhagen ist Rügen der Mittelpunkt des Nordlands¬ verkehrs, und als solcher eine Etappe für Weltreisende und Erholungsuchende. Oberst a. D. Seelmcmn i Kapitän Mikkelsen, Ein arktischer Robinson. Mit über 100 Abbildungen und zwei Karten. Leipzig, F. A. Brockhaus. M. 10.— geht. Grönland d. h. grünes Land nannte Erik der Rote, der um 986 das schon 100 Jahre früher von isländischen Seefahrern entdeckte Land besiedeln wollte, die größte Insel der Erde. Der Jnselcharakter Grönlands ist allerdings erst über 900 Jahre später zweifelsfrei festgestellt worden, solange setzte der ungeheure Eispanzer dem menschlichen Forschungseifer ein gebieterisches Halt ent¬ gegen. Große Opfer mußten und müssen noch immer gebracht werden, um demi ewigen Eise seine Geheimnisse entreißen zu können, wie erst kürzlich wieder das Schicksal der Scottschen Südpolexpedition lehrte. Während sich dort im Süden die Tragödie zuspitzte und der Weiße Tod eine grimmige Ernte hielt, gelang es in: Norden eine fast auf¬ gegebene Expedition zu einem glücklicheren Abschluß zu bringen. Der dänische Kapitän Mikkelsen zog im Sommer 1909 auf einem winzigen Schiffe mit sechs Teilnehmern aus, um an der Nord- Ostküste Grönlands Nachforschungen nacki den hinterlassenen Aufzeichnungen der verunglückten Mylius-Erlassen-ExPedition anzustellen. Nach Überwinterung auf der Shannon-Insel legte Mikkelsen mit nur einem Begleiter über 2000 Kilometer auf dem fast unwegsamen Inlandeis zurück, untersuchte vom Danmark- Fjord an der Nordost-Rundung bis zur Shannon-Insel die ganze grönländische Ost¬ küste, überall nach Spuren Mulus-Erichsens forschend, um schließlich sein eigenes Schiff von der Mannschaft verlassen als hilfloses Wrack wiederzufinden. Ohne Hunde — die mitgenommenen hatten sämtlich ihr Leben auf dem großen Zuge lassen müssen — war an ein Aufsuchen bewohnter Stätten nicht zu denken. Nur einige Tage Dampferfahrt von Norwegens Küste entfernt mußte Mikkelsen zwei Jahre warten, bis endlich die kaum noch erhoffte Erlösung kam. Die ganz hervorragende Reise und das spätere zweimalige Überwintern lassen in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/353>, abgerufen am 21.12.2024.