Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite


Die deutsche Rheinmündung

eit Hans Busz, der münstersche Universitätslehrer, in diesen Heften
(Grenzboten 1912 Ur. 28) die Grundlagen für ein deutsches
Rheinmündungsprojekt erörterte, ist in Berlin und Koblenz ein
besonderer Verein, der sich die Schaffung einer deutschen Rhein¬
mündung zur einzigen Lebensaufgabe gemacht hat, entstanden und
eine Literatur, die kaum noch zu übersehen ist. So erfreulich die Tatsachen an sich
sind, da sie von dem großen Interesse zeugen, dem die Rheinmündungsfrage
in der deutschen Nation begegnet, muß doch festgestellt werden, daß ein großer
Teil der Literatur der Abwehr des Gedankens dient und daß sich unter dem
Mantel der Sachlichkeit oft genug der Pferdefuß kleinlicher Sonderinteressen
zeigt. Den Pferdefuß erkenne ich auch hinter dem Satz, den ich kürzlich in
einem rheinischen Blatte fand: "So dankenswert die wirtschaftspolitischen Aus¬
führungen des Herrn Dr. Busz . . . sind, so sehr ist es zu bedauern, daß er
auch auf das Gebiet des Projekteschmiedens geraten und dabei zu ganz falschen
Schlüssen gekommen ist."

Dieser Satz soll eine Schrift des Herrn Busz abtun, die, bei Franz Coppen-
rath in Münster (1913) erschienen, "die Möglichkeiten der Lösung" der deutschen
Nheinmündungsfrage untersucht. Es handelt sich um eine siebzig große Seiten
umfassende Arbeit auf absolut wissenschaftlicher Grundlage. Selbst wenn die
Vorschläge von Busz sich im einzelnen nicht realisieren lassen sollten, worüber
die technischen Sachverständigen entscheiden mögen, bleibt an ihnen soviel Be¬
achtenswertes, daß sie nicht mit zwei Worten abzutun sind. Dazu ist doch die
ganze Rheinmündungsfrage ein viel zu ernstes, das deutsche Wirtschaftsleben
tief berührendes Problem.

Im Vordergrunde stehen zwei Aufgaben, die nach fachmännischem Urteil
durch den Entwurf von Busz gelöst werden: 1. Ersparnis von vielen Millionen,
die die deutsche Volkswirtschaft gegenwärtig an Holland zahlen muß und
2. Entwirrung des Verkehrsknäuels im rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk
mit seinem unglücklich gelegenen Zentrum Duisburg.

Es kann nicht meine Aufgabe sein, die Vorschläge von Busz im einzelnen
zu prüfen; dazu sind meinerseits Sachverständige aufgefordert. Wohl aber
halte ich mich für berechtigt, den Lesern der Grenzboten dasjenige Material
zugänglich zu machen, das geeignet ist, Klarheit über die Frage zu verbreiten.




Die deutsche Rheinmündung

eit Hans Busz, der münstersche Universitätslehrer, in diesen Heften
(Grenzboten 1912 Ur. 28) die Grundlagen für ein deutsches
Rheinmündungsprojekt erörterte, ist in Berlin und Koblenz ein
besonderer Verein, der sich die Schaffung einer deutschen Rhein¬
mündung zur einzigen Lebensaufgabe gemacht hat, entstanden und
eine Literatur, die kaum noch zu übersehen ist. So erfreulich die Tatsachen an sich
sind, da sie von dem großen Interesse zeugen, dem die Rheinmündungsfrage
in der deutschen Nation begegnet, muß doch festgestellt werden, daß ein großer
Teil der Literatur der Abwehr des Gedankens dient und daß sich unter dem
Mantel der Sachlichkeit oft genug der Pferdefuß kleinlicher Sonderinteressen
zeigt. Den Pferdefuß erkenne ich auch hinter dem Satz, den ich kürzlich in
einem rheinischen Blatte fand: „So dankenswert die wirtschaftspolitischen Aus¬
führungen des Herrn Dr. Busz . . . sind, so sehr ist es zu bedauern, daß er
auch auf das Gebiet des Projekteschmiedens geraten und dabei zu ganz falschen
Schlüssen gekommen ist."

Dieser Satz soll eine Schrift des Herrn Busz abtun, die, bei Franz Coppen-
rath in Münster (1913) erschienen, „die Möglichkeiten der Lösung" der deutschen
Nheinmündungsfrage untersucht. Es handelt sich um eine siebzig große Seiten
umfassende Arbeit auf absolut wissenschaftlicher Grundlage. Selbst wenn die
Vorschläge von Busz sich im einzelnen nicht realisieren lassen sollten, worüber
die technischen Sachverständigen entscheiden mögen, bleibt an ihnen soviel Be¬
achtenswertes, daß sie nicht mit zwei Worten abzutun sind. Dazu ist doch die
ganze Rheinmündungsfrage ein viel zu ernstes, das deutsche Wirtschaftsleben
tief berührendes Problem.

Im Vordergrunde stehen zwei Aufgaben, die nach fachmännischem Urteil
durch den Entwurf von Busz gelöst werden: 1. Ersparnis von vielen Millionen,
die die deutsche Volkswirtschaft gegenwärtig an Holland zahlen muß und
2. Entwirrung des Verkehrsknäuels im rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk
mit seinem unglücklich gelegenen Zentrum Duisburg.

Es kann nicht meine Aufgabe sein, die Vorschläge von Busz im einzelnen
zu prüfen; dazu sind meinerseits Sachverständige aufgefordert. Wohl aber
halte ich mich für berechtigt, den Lesern der Grenzboten dasjenige Material
zugänglich zu machen, das geeignet ist, Klarheit über die Frage zu verbreiten.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325771"/>
          <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341897_325519/figures/grenzboten_341897_325519_325771_000.jpg"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die deutsche Rheinmündung</head><lb/>
          <p xml:id="ID_984"> eit Hans Busz, der münstersche Universitätslehrer, in diesen Heften<lb/>
(Grenzboten 1912 Ur. 28) die Grundlagen für ein deutsches<lb/>
Rheinmündungsprojekt erörterte, ist in Berlin und Koblenz ein<lb/>
besonderer Verein, der sich die Schaffung einer deutschen Rhein¬<lb/>
mündung zur einzigen Lebensaufgabe gemacht hat, entstanden und<lb/>
eine Literatur, die kaum noch zu übersehen ist. So erfreulich die Tatsachen an sich<lb/>
sind, da sie von dem großen Interesse zeugen, dem die Rheinmündungsfrage<lb/>
in der deutschen Nation begegnet, muß doch festgestellt werden, daß ein großer<lb/>
Teil der Literatur der Abwehr des Gedankens dient und daß sich unter dem<lb/>
Mantel der Sachlichkeit oft genug der Pferdefuß kleinlicher Sonderinteressen<lb/>
zeigt. Den Pferdefuß erkenne ich auch hinter dem Satz, den ich kürzlich in<lb/>
einem rheinischen Blatte fand: &#x201E;So dankenswert die wirtschaftspolitischen Aus¬<lb/>
führungen des Herrn Dr. Busz . . . sind, so sehr ist es zu bedauern, daß er<lb/>
auch auf das Gebiet des Projekteschmiedens geraten und dabei zu ganz falschen<lb/>
Schlüssen gekommen ist."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_985"> Dieser Satz soll eine Schrift des Herrn Busz abtun, die, bei Franz Coppen-<lb/>
rath in Münster (1913) erschienen, &#x201E;die Möglichkeiten der Lösung" der deutschen<lb/>
Nheinmündungsfrage untersucht. Es handelt sich um eine siebzig große Seiten<lb/>
umfassende Arbeit auf absolut wissenschaftlicher Grundlage. Selbst wenn die<lb/>
Vorschläge von Busz sich im einzelnen nicht realisieren lassen sollten, worüber<lb/>
die technischen Sachverständigen entscheiden mögen, bleibt an ihnen soviel Be¬<lb/>
achtenswertes, daß sie nicht mit zwei Worten abzutun sind. Dazu ist doch die<lb/>
ganze Rheinmündungsfrage ein viel zu ernstes, das deutsche Wirtschaftsleben<lb/>
tief berührendes Problem.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_986"> Im Vordergrunde stehen zwei Aufgaben, die nach fachmännischem Urteil<lb/>
durch den Entwurf von Busz gelöst werden: 1. Ersparnis von vielen Millionen,<lb/>
die die deutsche Volkswirtschaft gegenwärtig an Holland zahlen muß und<lb/>
2. Entwirrung des Verkehrsknäuels im rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk<lb/>
mit seinem unglücklich gelegenen Zentrum Duisburg.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_987" next="#ID_988"> Es kann nicht meine Aufgabe sein, die Vorschläge von Busz im einzelnen<lb/>
zu prüfen; dazu sind meinerseits Sachverständige aufgefordert. Wohl aber<lb/>
halte ich mich für berechtigt, den Lesern der Grenzboten dasjenige Material<lb/>
zugänglich zu machen, das geeignet ist, Klarheit über die Frage zu verbreiten.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0251] [Abbildung] Die deutsche Rheinmündung eit Hans Busz, der münstersche Universitätslehrer, in diesen Heften (Grenzboten 1912 Ur. 28) die Grundlagen für ein deutsches Rheinmündungsprojekt erörterte, ist in Berlin und Koblenz ein besonderer Verein, der sich die Schaffung einer deutschen Rhein¬ mündung zur einzigen Lebensaufgabe gemacht hat, entstanden und eine Literatur, die kaum noch zu übersehen ist. So erfreulich die Tatsachen an sich sind, da sie von dem großen Interesse zeugen, dem die Rheinmündungsfrage in der deutschen Nation begegnet, muß doch festgestellt werden, daß ein großer Teil der Literatur der Abwehr des Gedankens dient und daß sich unter dem Mantel der Sachlichkeit oft genug der Pferdefuß kleinlicher Sonderinteressen zeigt. Den Pferdefuß erkenne ich auch hinter dem Satz, den ich kürzlich in einem rheinischen Blatte fand: „So dankenswert die wirtschaftspolitischen Aus¬ führungen des Herrn Dr. Busz . . . sind, so sehr ist es zu bedauern, daß er auch auf das Gebiet des Projekteschmiedens geraten und dabei zu ganz falschen Schlüssen gekommen ist." Dieser Satz soll eine Schrift des Herrn Busz abtun, die, bei Franz Coppen- rath in Münster (1913) erschienen, „die Möglichkeiten der Lösung" der deutschen Nheinmündungsfrage untersucht. Es handelt sich um eine siebzig große Seiten umfassende Arbeit auf absolut wissenschaftlicher Grundlage. Selbst wenn die Vorschläge von Busz sich im einzelnen nicht realisieren lassen sollten, worüber die technischen Sachverständigen entscheiden mögen, bleibt an ihnen soviel Be¬ achtenswertes, daß sie nicht mit zwei Worten abzutun sind. Dazu ist doch die ganze Rheinmündungsfrage ein viel zu ernstes, das deutsche Wirtschaftsleben tief berührendes Problem. Im Vordergrunde stehen zwei Aufgaben, die nach fachmännischem Urteil durch den Entwurf von Busz gelöst werden: 1. Ersparnis von vielen Millionen, die die deutsche Volkswirtschaft gegenwärtig an Holland zahlen muß und 2. Entwirrung des Verkehrsknäuels im rheinisch-westfälischen Jndustriebezirk mit seinem unglücklich gelegenen Zentrum Duisburg. Es kann nicht meine Aufgabe sein, die Vorschläge von Busz im einzelnen zu prüfen; dazu sind meinerseits Sachverständige aufgefordert. Wohl aber halte ich mich für berechtigt, den Lesern der Grenzboten dasjenige Material zugänglich zu machen, das geeignet ist, Klarheit über die Frage zu verbreiten.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/251
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/251>, abgerufen am 21.12.2024.