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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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An der Wiege des Königreichs Rumänien

Organisation in der dafür vorgeschriebenen legalen Weise zum unzweideutigen
Ausdrucke kommen zu lassen, blieb er.mir die Antwort schuldig.

In späteren Unterhaltungen äußerte er ganz unverhohlen, daß die Pforte
ihm mitgeteilt habe, daß sie in der Union, und noch mehr in der Frage des
fremden Erbfürsten eine Verletzung ihrer Suzeränitätsrechte finde, daß die Pforte
dies auch in einem neuen Zirkular an die Mächte ausgesprochen habe, und
daß er daher um so mehr gegen diese beiden Punkte wirken werde, als man
anderseits -- er deutete auf Frankreich und die Wirksamkeit des französischen
Konsuls Hierselbst -- die Parteilosigkeit in bezug auf die erste Frage ganz bei¬
seite gesetzt habe. Gegen die Wirksamkeit im unionistischen Sinne lasse sich
nur durch eine Wirksamkeit im antiunionistischen Sinne mit Erfolg auftreten,
und dadurch das Gleichgewicht wiederherstellen.

Der Kaimakam ging sogar so weit, durchblicken zu lassen, daß, wenn diese
Wirksamkeit nicht zu seinem Ziele führe, und wenn der Diwan in der Moldau
oder die vorhergehenden Wahlversammlungen sich mit der Frage der Union
und des fremden Erbfürsten beschäftigen wollten, er zur Auflösung desselben,
nötigenfalls mit Gewalt, schreiten würde.

Der Kaimakam glaubt hierzu um so mehr verpflichtet zu sein, als, wie er
sagt, die Kombination der Union unter einem fremden Erbfürsten -- und nur
unter dieser Bedingung wolle man hier die Union -- nach demjenigen, was
die Großmächte oder wenigstens der überwiegende und vorzüglich maßgebende
Teil derselben bereits unter sich vereinbart haben, schon von vornherein von
den Betrachtungen ausgeschlossen sei, und somit nicht die allermindeste Aussicht
auf Erfolg gewähre, ein Einschreiten gegen eine ganz erfolglose Aufregung
daher um so mehr Pflicht der Regierung sei, denn die Aufregung bleibe im
Lande, wenn nicht erfüllbare Wünsche nicht von vornherein unterdrückt würden.

Kurz zusammengefaßt ist der Standpunkt des Kaimakams folgender: unver¬
hohlene Parteinahme gegen die Union mit allen Mitteln der Regierungsgewalt,
ganz im Sinne der Pforte, Englands und Österreichs, deren Kommissionen
den Kaimakam unstreitig von der Konzession unterrichtet haben, die Frankreich
in bezug auf die Frage des fremden Erbfürsten gemacht haben soll, und auf
welche ich späterhin in diesem Berichte noch ehrfurchtsvoll kommen werde.

Weit weiter in seinen Äußerungen ging der Präsident des Ministeriums,
Minister des Innern Kostaki Catardgi. welcher mir geradezu sagte, daß die
Anwesenheit der Kommissäre in der Moldau eine Störung der öffentlichen
Ordnung und Ruhe im Lande bereits zur Folge gehabt habe, daß das Land
dadurch revolutionär geworden sei und dieser Richtung durch die Kommissäre
Vorschub geleistet würde, indem diese den Ausdruck der Wünsche der Bevölke¬
rung nicht abwehrten. Hierbei fiel ihm jedoch ein bei diesem Besuche zufällig
anwesender anderer Beamter, der Chef des Unterrichtswesens mit der Be¬
merkung ins Wort, daß der Minister die Tatsachen völlig entstelle, daß nicht
die mindeste Unordnung vorgefallen sei, daß, wenn dies je der Fall gewesen


An der Wiege des Königreichs Rumänien

Organisation in der dafür vorgeschriebenen legalen Weise zum unzweideutigen
Ausdrucke kommen zu lassen, blieb er.mir die Antwort schuldig.

In späteren Unterhaltungen äußerte er ganz unverhohlen, daß die Pforte
ihm mitgeteilt habe, daß sie in der Union, und noch mehr in der Frage des
fremden Erbfürsten eine Verletzung ihrer Suzeränitätsrechte finde, daß die Pforte
dies auch in einem neuen Zirkular an die Mächte ausgesprochen habe, und
daß er daher um so mehr gegen diese beiden Punkte wirken werde, als man
anderseits — er deutete auf Frankreich und die Wirksamkeit des französischen
Konsuls Hierselbst — die Parteilosigkeit in bezug auf die erste Frage ganz bei¬
seite gesetzt habe. Gegen die Wirksamkeit im unionistischen Sinne lasse sich
nur durch eine Wirksamkeit im antiunionistischen Sinne mit Erfolg auftreten,
und dadurch das Gleichgewicht wiederherstellen.

Der Kaimakam ging sogar so weit, durchblicken zu lassen, daß, wenn diese
Wirksamkeit nicht zu seinem Ziele führe, und wenn der Diwan in der Moldau
oder die vorhergehenden Wahlversammlungen sich mit der Frage der Union
und des fremden Erbfürsten beschäftigen wollten, er zur Auflösung desselben,
nötigenfalls mit Gewalt, schreiten würde.

Der Kaimakam glaubt hierzu um so mehr verpflichtet zu sein, als, wie er
sagt, die Kombination der Union unter einem fremden Erbfürsten — und nur
unter dieser Bedingung wolle man hier die Union — nach demjenigen, was
die Großmächte oder wenigstens der überwiegende und vorzüglich maßgebende
Teil derselben bereits unter sich vereinbart haben, schon von vornherein von
den Betrachtungen ausgeschlossen sei, und somit nicht die allermindeste Aussicht
auf Erfolg gewähre, ein Einschreiten gegen eine ganz erfolglose Aufregung
daher um so mehr Pflicht der Regierung sei, denn die Aufregung bleibe im
Lande, wenn nicht erfüllbare Wünsche nicht von vornherein unterdrückt würden.

Kurz zusammengefaßt ist der Standpunkt des Kaimakams folgender: unver¬
hohlene Parteinahme gegen die Union mit allen Mitteln der Regierungsgewalt,
ganz im Sinne der Pforte, Englands und Österreichs, deren Kommissionen
den Kaimakam unstreitig von der Konzession unterrichtet haben, die Frankreich
in bezug auf die Frage des fremden Erbfürsten gemacht haben soll, und auf
welche ich späterhin in diesem Berichte noch ehrfurchtsvoll kommen werde.

Weit weiter in seinen Äußerungen ging der Präsident des Ministeriums,
Minister des Innern Kostaki Catardgi. welcher mir geradezu sagte, daß die
Anwesenheit der Kommissäre in der Moldau eine Störung der öffentlichen
Ordnung und Ruhe im Lande bereits zur Folge gehabt habe, daß das Land
dadurch revolutionär geworden sei und dieser Richtung durch die Kommissäre
Vorschub geleistet würde, indem diese den Ausdruck der Wünsche der Bevölke¬
rung nicht abwehrten. Hierbei fiel ihm jedoch ein bei diesem Besuche zufällig
anwesender anderer Beamter, der Chef des Unterrichtswesens mit der Be¬
merkung ins Wort, daß der Minister die Tatsachen völlig entstelle, daß nicht
die mindeste Unordnung vorgefallen sei, daß, wenn dies je der Fall gewesen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/190>, abgerufen am 22.12.2024.