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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr.

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vcrfassüngskämpfe in Mecklenburg

Ist also im äußersten Notfalle nur im Wege der Oktroyiemng einer Ver-
fassung durch die Großherzoge die Möglichkeit einer organischen Verfassung^
reform lösbar Und denkbar, -- so können etwaige Einwände dagegen nicht als
durchschlagend gelten. Die Meinung vieler Staatsrechtlehrer geht auch rechtlich
dahin, daß ihre etwaige Rechtskraft unangetastet ist im Hinblick auf das Ver¬
halten der Ritterschaft, im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse des Landes,
im Hinblick auf die Unmöglichkeit, zivilrechtliche Theorien öffentlich-rechtlichen
Verhältnissen des modernen Staates zugrunde zu legen. Ein Eingreifen des
Reiches zugunsten der Ritterschaft wäre nicht zu befürchten; der Artikel 76 der
Reichsverfassung, der Verfassungsstreitigkeiten zum Gegenstande hat, kann nicht
zur Anwendung gelangen. Denn Mecklenburg besitzt in der Kompromißinstanz
eine Behörde zur Schlichtung solcher Streitigkeiten. Daß aber die Behörde
derzeit schwerlich geneigt sein würde, gegebenenfalls zuungunsten der Großherzoge
zu erkennen, kann als ziemlich wahrscheinlich gelten. Im übrigen käme noch in
Betracht, daß die Gerichte in Mecklenburg nicht befugt sind, Gesetze und Ver¬
ordnungen auf ihre Rechtmä'ßtgkeit in verfassungsrechtlich-formeller Hinsicht
zu prüfen. Die Chancen für die mecklenburgische Verfassungsreform sind also
im Lande ganz gute; es bedarf hierzu nur zielbewußter Energiel Diese hat
aber bislang gefehlt, und zwar nach der Meinung selbst konservativ gerichteter
Kreisel ' ...... -l, , - ' ' ' - . '




vcrfassüngskämpfe in Mecklenburg

Ist also im äußersten Notfalle nur im Wege der Oktroyiemng einer Ver-
fassung durch die Großherzoge die Möglichkeit einer organischen Verfassung^
reform lösbar Und denkbar, — so können etwaige Einwände dagegen nicht als
durchschlagend gelten. Die Meinung vieler Staatsrechtlehrer geht auch rechtlich
dahin, daß ihre etwaige Rechtskraft unangetastet ist im Hinblick auf das Ver¬
halten der Ritterschaft, im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse des Landes,
im Hinblick auf die Unmöglichkeit, zivilrechtliche Theorien öffentlich-rechtlichen
Verhältnissen des modernen Staates zugrunde zu legen. Ein Eingreifen des
Reiches zugunsten der Ritterschaft wäre nicht zu befürchten; der Artikel 76 der
Reichsverfassung, der Verfassungsstreitigkeiten zum Gegenstande hat, kann nicht
zur Anwendung gelangen. Denn Mecklenburg besitzt in der Kompromißinstanz
eine Behörde zur Schlichtung solcher Streitigkeiten. Daß aber die Behörde
derzeit schwerlich geneigt sein würde, gegebenenfalls zuungunsten der Großherzoge
zu erkennen, kann als ziemlich wahrscheinlich gelten. Im übrigen käme noch in
Betracht, daß die Gerichte in Mecklenburg nicht befugt sind, Gesetze und Ver¬
ordnungen auf ihre Rechtmä'ßtgkeit in verfassungsrechtlich-formeller Hinsicht
zu prüfen. Die Chancen für die mecklenburgische Verfassungsreform sind also
im Lande ganz gute; es bedarf hierzu nur zielbewußter Energiel Diese hat
aber bislang gefehlt, und zwar nach der Meinung selbst konservativ gerichteter
Kreisel ' ...... -l, , - ' ' ' - . '




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[0162] vcrfassüngskämpfe in Mecklenburg Ist also im äußersten Notfalle nur im Wege der Oktroyiemng einer Ver- fassung durch die Großherzoge die Möglichkeit einer organischen Verfassung^ reform lösbar Und denkbar, — so können etwaige Einwände dagegen nicht als durchschlagend gelten. Die Meinung vieler Staatsrechtlehrer geht auch rechtlich dahin, daß ihre etwaige Rechtskraft unangetastet ist im Hinblick auf das Ver¬ halten der Ritterschaft, im Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse des Landes, im Hinblick auf die Unmöglichkeit, zivilrechtliche Theorien öffentlich-rechtlichen Verhältnissen des modernen Staates zugrunde zu legen. Ein Eingreifen des Reiches zugunsten der Ritterschaft wäre nicht zu befürchten; der Artikel 76 der Reichsverfassung, der Verfassungsstreitigkeiten zum Gegenstande hat, kann nicht zur Anwendung gelangen. Denn Mecklenburg besitzt in der Kompromißinstanz eine Behörde zur Schlichtung solcher Streitigkeiten. Daß aber die Behörde derzeit schwerlich geneigt sein würde, gegebenenfalls zuungunsten der Großherzoge zu erkennen, kann als ziemlich wahrscheinlich gelten. Im übrigen käme noch in Betracht, daß die Gerichte in Mecklenburg nicht befugt sind, Gesetze und Ver¬ ordnungen auf ihre Rechtmä'ßtgkeit in verfassungsrechtlich-formeller Hinsicht zu prüfen. Die Chancen für die mecklenburgische Verfassungsreform sind also im Lande ganz gute; es bedarf hierzu nur zielbewußter Energiel Diese hat aber bislang gefehlt, und zwar nach der Meinung selbst konservativ gerichteter Kreisel ' ...... -l, , - ' ' ' - . '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_325519/162>, abgerufen am 27.07.2024.