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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

vollen künstlerischen Persönlichkeit. Die herbe
Keuschheit, welche die theatralischen Gestalten,
die er schafft, umwittert, ist auch Eigenschaft
seiner Poesien; schauspielerhaft sind sie gar
nicht, und eben deshalb, weil sie gar nicht
auf Pose gestellt sind, konnten einige Stücke
seines neuen Gedichtbuches gültiger Ausdruck
seines Standes werden. Die deutsche Dichtung
ist nicht arm an Handwerks- und Standes¬
poesie; Kayßler bereichert sie mit den ersten
tiefen, melodiösen Schauspielergedichten. Eines
vor allem, das schlichte, klare Gedicht "Die
vierte Wand" zeigt uns den Mann und seinen
Beruf in schönster Deutlichkeit.

Die "eigenen, steinernen, festen vier Wände"
kann allerdings nur einer feiern, der sich auch
auf der Bühne die "vierte Wand" in diesem
Sinne schafft: alles Windige, Unmännliche,
Verlogene der Schauspielerei hat keinen Teil
an ihn,. So mag es nur zu begreiflich scheinen,
wenn in diesem Büchlein manches kurze bittere
Wörtlein über Kunst und Theater von heute
fällt. Ohne Liebet lautet sein Urteil und
seine Klage über den modernen Theater¬
betrieb.

Großstadttheater
Das Ganze eine Erfolgs-Wirtschaft.
Nicht Ziel, nicht Herz, nicht Leidenschaft.
Nur ein rasend Getriebe.
Und--keine Liebe.

Dem Glauben an die Liebe und an die
Geborgenheit in ihr, dem Stolz auf Er¬
rungenes, in der Kunst wie im Leben gelten
die Bekenntnisse dieses Dichters, schön geformt
in den "Sorgen", in der "Regenwetterlaune",
dem "Kelch", "Geburtstag" und etlichen ernst¬
haften Sprüchen und Mahnungen.

[Spaltenumbruch]
Als hätte Plötzlich mir ein guter Geist
die alte nie verscheuchte Sorgenwolke
aus meinem Auge fortgewischt -- ich
sehe.
Da ist ein Herz, in dessen heiliger, treuer
Tiefe
ich ganz geborgen bin vor jedem Tod.
Da ist ein Kind, in dem so zart und frei
sich eben schon verkündet, was wir still
gehofft:
ein Mensch mit einem kleinen Gott im
Herzen.
Wo dieseBeiden sind,was sind daSorgen?
Der Kelch
Leib, der Unwissende, und Seele, die
Wissende,
tranken zusammen aus einem Kelch einen
Trank,
bitteren Saft.
Leib schrie: "Weh', ich trank Schmerz!" --
Und er sank.
Seele sprach: "Ruhig, Herz.
Wir tranken Kraft."

Dieser Lebensglaube, dieser Glaube an
Reinheit und Menschlichkeit dürfen es sogar
unternehmen, uns eine Ballade zu erzählen,
die ihren Stoff dem "Boccaccio", der zweiten
Erzählung der dritten Nacht, verdankt: die
Geschichte von dem Pagen, der zu seiner Kö¬
nigin schleicht und von ihr für den König ge¬
halten wird; -- und uns diese Ballade mit
einem Refrain "Reine, reine Königin" zu er¬
zählen, ohne daß wir die k omischenPointen,
die "Boccaccio" bringt und auf die es auch der
ursprünglichen, der volkstümlichen Erzählung
jedenfalls ankam, ernstlich vermissen können.
Ich wüßte kaum ein belehrenderes, ein schö¬
neres Beispiel dafür, wie ein lockeres roma¬
nisches Thema im deutschen Dichterherzen ernst
und glaubensvoll gewendet worden ist. Aber
von dieser Deutschheit ist jadieses kleine Büchlein
so voll, von ihr so schwer, und die Gewohnheit,
dem Schauspieler Kayßler für sie zu danken,
üben wir auch freudig und herzlich dem Dichter
Max Meil gegenüber. in

DicBlümlcin des belli"enFranziskus von
Assisi. Übertragung von Rudolf G. Binding.
Insel-Verlag. Leipzig.
[Ende Spaltensatz]
Die vierte Wand
Abend um Abend standen wir
auf der Bühne zwischen drei Wänden,
Worte der Schönheit sprechend,
durch eine offene Wand
belauscht
vom Leben. Endlich einmal einen Abend sitzen
wir im Hause zwischen vier Wänden;
eigenen, steinernen, festen vier Wänden,
seligen Schweigens voll --
und lauschen
dem Leben.

Maßgebliches und Unmaßgebliches

[Beginn Spaltensatz]

vollen künstlerischen Persönlichkeit. Die herbe
Keuschheit, welche die theatralischen Gestalten,
die er schafft, umwittert, ist auch Eigenschaft
seiner Poesien; schauspielerhaft sind sie gar
nicht, und eben deshalb, weil sie gar nicht
auf Pose gestellt sind, konnten einige Stücke
seines neuen Gedichtbuches gültiger Ausdruck
seines Standes werden. Die deutsche Dichtung
ist nicht arm an Handwerks- und Standes¬
poesie; Kayßler bereichert sie mit den ersten
tiefen, melodiösen Schauspielergedichten. Eines
vor allem, das schlichte, klare Gedicht „Die
vierte Wand" zeigt uns den Mann und seinen
Beruf in schönster Deutlichkeit.

Die „eigenen, steinernen, festen vier Wände"
kann allerdings nur einer feiern, der sich auch
auf der Bühne die „vierte Wand" in diesem
Sinne schafft: alles Windige, Unmännliche,
Verlogene der Schauspielerei hat keinen Teil
an ihn,. So mag es nur zu begreiflich scheinen,
wenn in diesem Büchlein manches kurze bittere
Wörtlein über Kunst und Theater von heute
fällt. Ohne Liebet lautet sein Urteil und
seine Klage über den modernen Theater¬
betrieb.

Großstadttheater
Das Ganze eine Erfolgs-Wirtschaft.
Nicht Ziel, nicht Herz, nicht Leidenschaft.
Nur ein rasend Getriebe.
Und--keine Liebe.

Dem Glauben an die Liebe und an die
Geborgenheit in ihr, dem Stolz auf Er¬
rungenes, in der Kunst wie im Leben gelten
die Bekenntnisse dieses Dichters, schön geformt
in den „Sorgen", in der „Regenwetterlaune",
dem „Kelch", „Geburtstag" und etlichen ernst¬
haften Sprüchen und Mahnungen.

[Spaltenumbruch]
Als hätte Plötzlich mir ein guter Geist
die alte nie verscheuchte Sorgenwolke
aus meinem Auge fortgewischt — ich
sehe.
Da ist ein Herz, in dessen heiliger, treuer
Tiefe
ich ganz geborgen bin vor jedem Tod.
Da ist ein Kind, in dem so zart und frei
sich eben schon verkündet, was wir still
gehofft:
ein Mensch mit einem kleinen Gott im
Herzen.
Wo dieseBeiden sind,was sind daSorgen?
Der Kelch
Leib, der Unwissende, und Seele, die
Wissende,
tranken zusammen aus einem Kelch einen
Trank,
bitteren Saft.
Leib schrie: „Weh', ich trank Schmerz!" —
Und er sank.
Seele sprach: „Ruhig, Herz.
Wir tranken Kraft."

Dieser Lebensglaube, dieser Glaube an
Reinheit und Menschlichkeit dürfen es sogar
unternehmen, uns eine Ballade zu erzählen,
die ihren Stoff dem „Boccaccio", der zweiten
Erzählung der dritten Nacht, verdankt: die
Geschichte von dem Pagen, der zu seiner Kö¬
nigin schleicht und von ihr für den König ge¬
halten wird; — und uns diese Ballade mit
einem Refrain „Reine, reine Königin" zu er¬
zählen, ohne daß wir die k omischenPointen,
die „Boccaccio" bringt und auf die es auch der
ursprünglichen, der volkstümlichen Erzählung
jedenfalls ankam, ernstlich vermissen können.
Ich wüßte kaum ein belehrenderes, ein schö¬
neres Beispiel dafür, wie ein lockeres roma¬
nisches Thema im deutschen Dichterherzen ernst
und glaubensvoll gewendet worden ist. Aber
von dieser Deutschheit ist jadieses kleine Büchlein
so voll, von ihr so schwer, und die Gewohnheit,
dem Schauspieler Kayßler für sie zu danken,
üben wir auch freudig und herzlich dem Dichter
Max Meil gegenüber. in

DicBlümlcin des belli„enFranziskus von
Assisi. Übertragung von Rudolf G. Binding.
Insel-Verlag. Leipzig.
[Ende Spaltensatz]
Die vierte Wand
Abend um Abend standen wir
auf der Bühne zwischen drei Wänden,
Worte der Schönheit sprechend,
durch eine offene Wand
belauscht
vom Leben. Endlich einmal einen Abend sitzen
wir im Hause zwischen vier Wänden;
eigenen, steinernen, festen vier Wänden,
seligen Schweigens voll —
und lauschen
dem Leben.

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[0643] Maßgebliches und Unmaßgebliches vollen künstlerischen Persönlichkeit. Die herbe Keuschheit, welche die theatralischen Gestalten, die er schafft, umwittert, ist auch Eigenschaft seiner Poesien; schauspielerhaft sind sie gar nicht, und eben deshalb, weil sie gar nicht auf Pose gestellt sind, konnten einige Stücke seines neuen Gedichtbuches gültiger Ausdruck seines Standes werden. Die deutsche Dichtung ist nicht arm an Handwerks- und Standes¬ poesie; Kayßler bereichert sie mit den ersten tiefen, melodiösen Schauspielergedichten. Eines vor allem, das schlichte, klare Gedicht „Die vierte Wand" zeigt uns den Mann und seinen Beruf in schönster Deutlichkeit. Die „eigenen, steinernen, festen vier Wände" kann allerdings nur einer feiern, der sich auch auf der Bühne die „vierte Wand" in diesem Sinne schafft: alles Windige, Unmännliche, Verlogene der Schauspielerei hat keinen Teil an ihn,. So mag es nur zu begreiflich scheinen, wenn in diesem Büchlein manches kurze bittere Wörtlein über Kunst und Theater von heute fällt. Ohne Liebet lautet sein Urteil und seine Klage über den modernen Theater¬ betrieb. Großstadttheater Das Ganze eine Erfolgs-Wirtschaft. Nicht Ziel, nicht Herz, nicht Leidenschaft. Nur ein rasend Getriebe. Und--keine Liebe. Dem Glauben an die Liebe und an die Geborgenheit in ihr, dem Stolz auf Er¬ rungenes, in der Kunst wie im Leben gelten die Bekenntnisse dieses Dichters, schön geformt in den „Sorgen", in der „Regenwetterlaune", dem „Kelch", „Geburtstag" und etlichen ernst¬ haften Sprüchen und Mahnungen. Als hätte Plötzlich mir ein guter Geist die alte nie verscheuchte Sorgenwolke aus meinem Auge fortgewischt — ich sehe. Da ist ein Herz, in dessen heiliger, treuer Tiefe ich ganz geborgen bin vor jedem Tod. Da ist ein Kind, in dem so zart und frei sich eben schon verkündet, was wir still gehofft: ein Mensch mit einem kleinen Gott im Herzen. Wo dieseBeiden sind,was sind daSorgen? Der Kelch Leib, der Unwissende, und Seele, die Wissende, tranken zusammen aus einem Kelch einen Trank, bitteren Saft. Leib schrie: „Weh', ich trank Schmerz!" — Und er sank. Seele sprach: „Ruhig, Herz. Wir tranken Kraft." Dieser Lebensglaube, dieser Glaube an Reinheit und Menschlichkeit dürfen es sogar unternehmen, uns eine Ballade zu erzählen, die ihren Stoff dem „Boccaccio", der zweiten Erzählung der dritten Nacht, verdankt: die Geschichte von dem Pagen, der zu seiner Kö¬ nigin schleicht und von ihr für den König ge¬ halten wird; — und uns diese Ballade mit einem Refrain „Reine, reine Königin" zu er¬ zählen, ohne daß wir die k omischenPointen, die „Boccaccio" bringt und auf die es auch der ursprünglichen, der volkstümlichen Erzählung jedenfalls ankam, ernstlich vermissen können. Ich wüßte kaum ein belehrenderes, ein schö¬ neres Beispiel dafür, wie ein lockeres roma¬ nisches Thema im deutschen Dichterherzen ernst und glaubensvoll gewendet worden ist. Aber von dieser Deutschheit ist jadieses kleine Büchlein so voll, von ihr so schwer, und die Gewohnheit, dem Schauspieler Kayßler für sie zu danken, üben wir auch freudig und herzlich dem Dichter Max Meil gegenüber. in DicBlümlcin des belli„enFranziskus von Assisi. Übertragung von Rudolf G. Binding. Insel-Verlag. Leipzig. Die vierte Wand Abend um Abend standen wir auf der Bühne zwischen drei Wänden, Worte der Schönheit sprechend, durch eine offene Wand belauscht vom Leben. Endlich einmal einen Abend sitzen wir im Hause zwischen vier Wänden; eigenen, steinernen, festen vier Wänden, seligen Schweigens voll — und lauschen dem Leben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/643>, abgerufen am 22.12.2024.