Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.Bulgarische Balladen G, <L. Freiherrn von Dungern von Held Marko Eichen pflanzt Held Marko, einen tiefenBrunnen gräbt er, baut die Klostermauer, Wo wi dürren Sand nur Schlangen schliefen; singt ein Lied dazu voll düstrer Trauer. Spricht die Mutter: Marko, stolzer Recke. Willst du büßend für der Väter Sünden In der Wüste eine grüne Hecke Pflanzen und ein gastlich Kloster gründen? Liebe Mutter, nicht der Väter Taten, Büßen will ich, was ich selbst verbrochen. Denn ich hab von feiger Furcht beraten Eine braune Türkenmaid erstochen. Weißt du wohl, ich war hinausgezogen Für den Kaiser Asten zu gewinnen, Als der Türk mein arglos Herz betrogen, AIs der Türk mich nimmer ließ entrinnen. Schmachten ließ er mich in dunklem Kerker Anatols neun trübe lange Jahre. Doch das Sultanskind im hohen Erker Saum wie sie mir meine Jugend wahre. Schickte jeden morgen gute Speise -- Stets von weitem nur sah ich sie winken -- Schickte Wasser auf verstohlne Weise. Wasser zweimal täglich frisch zum Trinken. Und wenn heiß Arabiens Sonne brannte, Saftge Äpfel oder Apfelsinen; Bis ich wohl im Traum mein Weib sie nannte Und gelobte treulich ihr zu dienen. Bulgarische Balladen G, <L. Freiherrn von Dungern von Held Marko Eichen pflanzt Held Marko, einen tiefenBrunnen gräbt er, baut die Klostermauer, Wo wi dürren Sand nur Schlangen schliefen; singt ein Lied dazu voll düstrer Trauer. Spricht die Mutter: Marko, stolzer Recke. Willst du büßend für der Väter Sünden In der Wüste eine grüne Hecke Pflanzen und ein gastlich Kloster gründen? Liebe Mutter, nicht der Väter Taten, Büßen will ich, was ich selbst verbrochen. Denn ich hab von feiger Furcht beraten Eine braune Türkenmaid erstochen. Weißt du wohl, ich war hinausgezogen Für den Kaiser Asten zu gewinnen, Als der Türk mein arglos Herz betrogen, AIs der Türk mich nimmer ließ entrinnen. Schmachten ließ er mich in dunklem Kerker Anatols neun trübe lange Jahre. Doch das Sultanskind im hohen Erker Saum wie sie mir meine Jugend wahre. Schickte jeden morgen gute Speise — Stets von weitem nur sah ich sie winken — Schickte Wasser auf verstohlne Weise. Wasser zweimal täglich frisch zum Trinken. Und wenn heiß Arabiens Sonne brannte, Saftge Äpfel oder Apfelsinen; Bis ich wohl im Traum mein Weib sie nannte Und gelobte treulich ihr zu dienen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0582" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325452"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341897_324869/figures/grenzboten_341897_324869_325452_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Bulgarische Balladen<lb/><note type="byline"> G, <L. Freiherrn von Dungern</note> von</head><lb/> <lg xml:id="POEMID_37" type="poem"> <head> Held Marko</head> <l> Eichen pflanzt Held Marko, einen tiefen<lb/> Brunnen gräbt er, baut die Klostermauer,<lb/> Wo wi dürren Sand nur Schlangen schliefen;<lb/> singt ein Lied dazu voll düstrer Trauer. Spricht die Mutter: Marko, stolzer Recke.<lb/> Willst du büßend für der Väter Sünden<lb/> In der Wüste eine grüne Hecke<lb/> Pflanzen und ein gastlich Kloster gründen? Liebe Mutter, nicht der Väter Taten,<lb/> Büßen will ich, was ich selbst verbrochen.<lb/> Denn ich hab von feiger Furcht beraten<lb/> Eine braune Türkenmaid erstochen. Weißt du wohl, ich war hinausgezogen<lb/> Für den Kaiser Asten zu gewinnen,<lb/> Als der Türk mein arglos Herz betrogen,<lb/> AIs der Türk mich nimmer ließ entrinnen. Schmachten ließ er mich in dunklem Kerker<lb/> Anatols neun trübe lange Jahre.<lb/> Doch das Sultanskind im hohen Erker<lb/> Saum wie sie mir meine Jugend wahre. Schickte jeden morgen gute Speise —<lb/> Stets von weitem nur sah ich sie winken —<lb/> Schickte Wasser auf verstohlne Weise.<lb/> Wasser zweimal täglich frisch zum Trinken. Und wenn heiß Arabiens Sonne brannte,<lb/> Saftge Äpfel oder Apfelsinen;<lb/> Bis ich wohl im Traum mein Weib sie nannte<lb/> Und gelobte treulich ihr zu dienen. </l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0582]
[Abbildung]
Bulgarische Balladen
G, <L. Freiherrn von Dungern von
Held Marko Eichen pflanzt Held Marko, einen tiefen
Brunnen gräbt er, baut die Klostermauer,
Wo wi dürren Sand nur Schlangen schliefen;
singt ein Lied dazu voll düstrer Trauer. Spricht die Mutter: Marko, stolzer Recke.
Willst du büßend für der Väter Sünden
In der Wüste eine grüne Hecke
Pflanzen und ein gastlich Kloster gründen? Liebe Mutter, nicht der Väter Taten,
Büßen will ich, was ich selbst verbrochen.
Denn ich hab von feiger Furcht beraten
Eine braune Türkenmaid erstochen. Weißt du wohl, ich war hinausgezogen
Für den Kaiser Asten zu gewinnen,
Als der Türk mein arglos Herz betrogen,
AIs der Türk mich nimmer ließ entrinnen. Schmachten ließ er mich in dunklem Kerker
Anatols neun trübe lange Jahre.
Doch das Sultanskind im hohen Erker
Saum wie sie mir meine Jugend wahre. Schickte jeden morgen gute Speise —
Stets von weitem nur sah ich sie winken —
Schickte Wasser auf verstohlne Weise.
Wasser zweimal täglich frisch zum Trinken. Und wenn heiß Arabiens Sonne brannte,
Saftge Äpfel oder Apfelsinen;
Bis ich wohl im Traum mein Weib sie nannte
Und gelobte treulich ihr zu dienen.
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