Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.Englisches und deutsches Lriedensxräsenzrecht gerade durch das Friedenspräsenzgesetz veranlaßt wurden, waren nicht deshalb Sie ist aber auch staatsrechtlich gegenstandslos. Allerdings entsteht dadurch das schwere Problem: was hat zu geschehe", Jedenfalls gilt das alte Friedenspräsenzgesetz nicht weiter. Denn ein zeitlich Soll etwa auch hier die Analogie des englischen Friedenspräsenzgesetzes Hier zeigt sich gerade, wie die Rechtsgrundlagen beider Heere ganz ver¬ Der Abschnitt der Reichsverfassung über das Reichskriegswesen beginnt Ein Heer muß also immer vorhanden sein, es fragt sich nur, in welchem Englisches und deutsches Lriedensxräsenzrecht gerade durch das Friedenspräsenzgesetz veranlaßt wurden, waren nicht deshalb Sie ist aber auch staatsrechtlich gegenstandslos. Allerdings entsteht dadurch das schwere Problem: was hat zu geschehe«, Jedenfalls gilt das alte Friedenspräsenzgesetz nicht weiter. Denn ein zeitlich Soll etwa auch hier die Analogie des englischen Friedenspräsenzgesetzes Hier zeigt sich gerade, wie die Rechtsgrundlagen beider Heere ganz ver¬ Der Abschnitt der Reichsverfassung über das Reichskriegswesen beginnt Ein Heer muß also immer vorhanden sein, es fragt sich nur, in welchem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325380"/> <fw type="header" place="top"> Englisches und deutsches Lriedensxräsenzrecht</fw><lb/> <p xml:id="ID_2339" prev="#ID_2338"> gerade durch das Friedenspräsenzgesetz veranlaßt wurden, waren nicht deshalb<lb/> notwendig, weil der Reichstag unter die bisherige Friedenspräsenz herabgehen,<lb/> sondern weil er die erhöhten Forderungen der Regierung nicht bewilligen wollte.<lb/> Dasselbe wäre aber auch bei dauernder Festsetzung der Friedenspräsenz der<lb/> Fall gewesen. Insofern haben sich die Hoffnungen und Erwartungen, die man<lb/> an eine periodische Festsetzung knüpfte, nicht verwirklicht. Die periodische Fest¬<lb/> setzung ist also politisch bedeutungslos geblieben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2340"> Sie ist aber auch staatsrechtlich gegenstandslos.</p><lb/> <p xml:id="ID_2341"> Allerdings entsteht dadurch das schwere Problem: was hat zu geschehe«,<lb/> wenn das alte Friedenspräsenzgesetz abgelaufen, aber ein neues nicht erlassen<lb/> ist? Man braucht dabei gar nicht einmal an einen schweren Konflikt zwischen<lb/> Regierung und Reichstag zu denken. Die Redeseuche im Reichstage kann dieses<lb/> Ergebnis sehr leicht auf dem Wege der Verbummlung herbeiführen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2342"> Jedenfalls gilt das alte Friedenspräsenzgesetz nicht weiter. Denn ein zeitlich<lb/> befristetes Gesetz verliert, wie wir am Sozialistengesetz gesehen haben, mit<lb/> seinem Ablaufe alle Wirkung. Auch auf das Pauschquantum der ersten Jahre<lb/> des Bundesstaates kann man nicht zurückgreifen. Denn auch jene Übergangs¬<lb/> bestimmung war zeitlich befristet und mit Erlaß des ersten Friedenspräsenzgesetzes<lb/> endgültig erledigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2343"> Soll etwa auch hier die Analogie des englischen Friedenspräsenzgesetzes<lb/> Platz greifen? Alle Soldaten werden entlassen, die Offiziere können spazieren<lb/> gehen. Inzwischen bitten wir in einer höflichen Note das Ausland, uns doch<lb/> jetzt nicht anzugreifen, da wir gerade kein Heer haben, sondern lieber zu warten,<lb/> bis ein neues Friedenspräsenzgesetz uns wieder die Aufstellung eines Heeres<lb/> ermöglicht. Was in solchem Maße politischer Wahnwitz ist, kann auch unmöglich<lb/> Rechtens sein. England kann es allenfalls einmal ohne Landheer aushalten,<lb/> Deutschland nicht einen Augenblick.</p><lb/> <p xml:id="ID_2344"> Hier zeigt sich gerade, wie die Rechtsgrundlagen beider Heere ganz ver¬<lb/> schieden sind und aller Spielereien der konstitutionellen Lehre spotten. Das<lb/> deutsche Heer ist keine verfassungswidrige, alljährlich durch Ausnahmegesetz zu<lb/> bewilligende Einrichtung, sondern eine verfassungsmäßige zur Erfüllung der all¬<lb/> gemeinen Wehrpflicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2345"> Der Abschnitt der Reichsverfassung über das Reichskriegswesen beginnt<lb/> daher in Art. 57 mit dem grundlegenden Satze: „Jeder Deutsche ist wehr¬<lb/> pflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen." Die<lb/> allgemeine Wehrpflicht ist die Grundlage unseres Heeres, und sie besteht nicht<lb/> bloß für die nächsten sieben oder fünf Jahre, sondern dauernd als eine I^ex<lb/> in psrpetuum valitura. Es muß daher auch stets das Heer vorhanden fein,<lb/> in dem die allgemeine Wehrpflicht erfüllt werden kann. Der Bestand des Heeres<lb/> ist, anders als in England, unabhängig von dem Friedenspräsenzgesetze.</p><lb/> <p xml:id="ID_2346"> Ein Heer muß also immer vorhanden sein, es fragt sich nur, in welchem<lb/> Bestände.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Englisches und deutsches Lriedensxräsenzrecht
gerade durch das Friedenspräsenzgesetz veranlaßt wurden, waren nicht deshalb
notwendig, weil der Reichstag unter die bisherige Friedenspräsenz herabgehen,
sondern weil er die erhöhten Forderungen der Regierung nicht bewilligen wollte.
Dasselbe wäre aber auch bei dauernder Festsetzung der Friedenspräsenz der
Fall gewesen. Insofern haben sich die Hoffnungen und Erwartungen, die man
an eine periodische Festsetzung knüpfte, nicht verwirklicht. Die periodische Fest¬
setzung ist also politisch bedeutungslos geblieben.
Sie ist aber auch staatsrechtlich gegenstandslos.
Allerdings entsteht dadurch das schwere Problem: was hat zu geschehe«,
wenn das alte Friedenspräsenzgesetz abgelaufen, aber ein neues nicht erlassen
ist? Man braucht dabei gar nicht einmal an einen schweren Konflikt zwischen
Regierung und Reichstag zu denken. Die Redeseuche im Reichstage kann dieses
Ergebnis sehr leicht auf dem Wege der Verbummlung herbeiführen.
Jedenfalls gilt das alte Friedenspräsenzgesetz nicht weiter. Denn ein zeitlich
befristetes Gesetz verliert, wie wir am Sozialistengesetz gesehen haben, mit
seinem Ablaufe alle Wirkung. Auch auf das Pauschquantum der ersten Jahre
des Bundesstaates kann man nicht zurückgreifen. Denn auch jene Übergangs¬
bestimmung war zeitlich befristet und mit Erlaß des ersten Friedenspräsenzgesetzes
endgültig erledigt.
Soll etwa auch hier die Analogie des englischen Friedenspräsenzgesetzes
Platz greifen? Alle Soldaten werden entlassen, die Offiziere können spazieren
gehen. Inzwischen bitten wir in einer höflichen Note das Ausland, uns doch
jetzt nicht anzugreifen, da wir gerade kein Heer haben, sondern lieber zu warten,
bis ein neues Friedenspräsenzgesetz uns wieder die Aufstellung eines Heeres
ermöglicht. Was in solchem Maße politischer Wahnwitz ist, kann auch unmöglich
Rechtens sein. England kann es allenfalls einmal ohne Landheer aushalten,
Deutschland nicht einen Augenblick.
Hier zeigt sich gerade, wie die Rechtsgrundlagen beider Heere ganz ver¬
schieden sind und aller Spielereien der konstitutionellen Lehre spotten. Das
deutsche Heer ist keine verfassungswidrige, alljährlich durch Ausnahmegesetz zu
bewilligende Einrichtung, sondern eine verfassungsmäßige zur Erfüllung der all¬
gemeinen Wehrpflicht.
Der Abschnitt der Reichsverfassung über das Reichskriegswesen beginnt
daher in Art. 57 mit dem grundlegenden Satze: „Jeder Deutsche ist wehr¬
pflichtig und kann sich in Ausübung dieser Pflicht nicht vertreten lassen." Die
allgemeine Wehrpflicht ist die Grundlage unseres Heeres, und sie besteht nicht
bloß für die nächsten sieben oder fünf Jahre, sondern dauernd als eine I^ex
in psrpetuum valitura. Es muß daher auch stets das Heer vorhanden fein,
in dem die allgemeine Wehrpflicht erfüllt werden kann. Der Bestand des Heeres
ist, anders als in England, unabhängig von dem Friedenspräsenzgesetze.
Ein Heer muß also immer vorhanden sein, es fragt sich nur, in welchem
Bestände.
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