Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Träger der inneren Kolonisation in Preußen

Über den Plan, auch für die Provinz Sachsen eine gemeinnützige Sied¬
lungsgesellschaft unter staatlicher Beteiligung ins Leben zu rufen, liegt seit kurzem
eine beachtenswerte Denkschrift des Oberpräsidenten von Hegel vor. Die Gründung
dürfte wohl in absehbarer Zeit in die Wege geleitet werden.

Auch für Schlesien ist die Errichtung einer ähnlichen Organisation geplant
und zwar im Zusammenhange mit der Durchführung der Besitzfestigung. Sogar
im Rheinlande ist der Gedanke der Errichtung einer gemeinnützigen Siedlungs¬
gesellschaft bereits erwogen worden. Natürlich kann es sich hier nicht darum
handeln, durch Aufteilung Bauerngüter zu schaffen, sondern vielmehr umgekehrt
durch planmäßige Zusammenlegung der schädlichen Bodenzersplitterung entgegen¬
zuwirken. Die Verwirklichung dieses Projektes scheint aber noch in weiterer
Ferne zu liegen.

Zwischen den hier aufgeführten gemeinnützigen Ansiedlungsgesellschaften als
Träger der inneren Kolonisation und den Königlichen Generalkommissionen als
mitwirkender Behörde besteht bei der Durchführung der Siedlungsaufgaben
eine regelrechte Arbeitsteilung. Die ganze besiedlungstechnische Arbeit vom
Gutsankauf über die zwischenzeitliche Verwaltung bis zur Auslegung der Renten¬
stellen und der finanziellen Regelung des Rentengutsverfahrens fällt der Ge¬
sellschaft zu. Anderseits bleibt die umfassende verwaltungstechnische Arbeit,
insonderheit die Regelung der öffentlich rechtlichen Verhältnisse der neuen Ge¬
meinde, sowie der Kirchen- und Schulangelegenheiten, der Behörde vorbehalten.
Die Ansiedlungsgesellschaften sind, obwohl in ihren technischen Funktionen
ziemlich unbehindert, in der Durchführung des Rentengutsverfahrens beauf-
stchtigt.

Als private Erwerbsgesellschaft ist auf dem Gebiete der inneren Koloni¬
sation bisher nur die Landbank, Aktiengesellschaft, Berlin, hervorgetreten. Sie
besteht seit 1895. Ihr Tätigkeitsgebiet dehnt sich ziemlich über die gesamte
Monarchie aus. Das Aktienkapital beträgt gegenwärtig 20000000 Mark. Im
gleichen Betrage sind Obligationen vorhanden. Auf Grund der zahlenmäßig
vorliegenden Belege verdient anerkannt zu werden, daß die Landbank bei den
von ihr durchgeführten Rentengutsbildungen nicht einseitig kapitalistisch arbeitet,
sondern daß sie, im Rahmen ihrer praktischen Mitarbeit an der inneren Koloni¬
sation, trotz ihrer Eigenschaft als Erwerbsgesellschaft, die Grundsätze der zuvor
erwähnten vormaligen deutschen Ansiedlungsgesellschaft sich zu eigen gemacht
hat. Vielleicht ist hier der Hinweis angebracht, daß von den vier Landbank¬
direktoren drei aus dem Staatsdienst hervorgegangen sind. Jedenfalls gibt das
zahlenmäßig feststehende Gesamtbild der Rentengutsbildungen der Landbank
jenen unrecht, die schlechthin einer Erwerbsgesellschast die Fähigkeit absprechen,
im gemeinnützigen Sinne den Aufgaben der inneren Kolonisation zu dienen.

Vor kurzem ist übrigens noch eine junge Erwerbsgesellschaft hinzugetreten:
Deutsche Gesellschaft für innere Kolonisation mit beschränkter Haftung. Auch
hier steht ein ehemaliger Staatsbeamter an der Spitze.


Die Träger der inneren Kolonisation in Preußen

Über den Plan, auch für die Provinz Sachsen eine gemeinnützige Sied¬
lungsgesellschaft unter staatlicher Beteiligung ins Leben zu rufen, liegt seit kurzem
eine beachtenswerte Denkschrift des Oberpräsidenten von Hegel vor. Die Gründung
dürfte wohl in absehbarer Zeit in die Wege geleitet werden.

Auch für Schlesien ist die Errichtung einer ähnlichen Organisation geplant
und zwar im Zusammenhange mit der Durchführung der Besitzfestigung. Sogar
im Rheinlande ist der Gedanke der Errichtung einer gemeinnützigen Siedlungs¬
gesellschaft bereits erwogen worden. Natürlich kann es sich hier nicht darum
handeln, durch Aufteilung Bauerngüter zu schaffen, sondern vielmehr umgekehrt
durch planmäßige Zusammenlegung der schädlichen Bodenzersplitterung entgegen¬
zuwirken. Die Verwirklichung dieses Projektes scheint aber noch in weiterer
Ferne zu liegen.

Zwischen den hier aufgeführten gemeinnützigen Ansiedlungsgesellschaften als
Träger der inneren Kolonisation und den Königlichen Generalkommissionen als
mitwirkender Behörde besteht bei der Durchführung der Siedlungsaufgaben
eine regelrechte Arbeitsteilung. Die ganze besiedlungstechnische Arbeit vom
Gutsankauf über die zwischenzeitliche Verwaltung bis zur Auslegung der Renten¬
stellen und der finanziellen Regelung des Rentengutsverfahrens fällt der Ge¬
sellschaft zu. Anderseits bleibt die umfassende verwaltungstechnische Arbeit,
insonderheit die Regelung der öffentlich rechtlichen Verhältnisse der neuen Ge¬
meinde, sowie der Kirchen- und Schulangelegenheiten, der Behörde vorbehalten.
Die Ansiedlungsgesellschaften sind, obwohl in ihren technischen Funktionen
ziemlich unbehindert, in der Durchführung des Rentengutsverfahrens beauf-
stchtigt.

Als private Erwerbsgesellschaft ist auf dem Gebiete der inneren Koloni¬
sation bisher nur die Landbank, Aktiengesellschaft, Berlin, hervorgetreten. Sie
besteht seit 1895. Ihr Tätigkeitsgebiet dehnt sich ziemlich über die gesamte
Monarchie aus. Das Aktienkapital beträgt gegenwärtig 20000000 Mark. Im
gleichen Betrage sind Obligationen vorhanden. Auf Grund der zahlenmäßig
vorliegenden Belege verdient anerkannt zu werden, daß die Landbank bei den
von ihr durchgeführten Rentengutsbildungen nicht einseitig kapitalistisch arbeitet,
sondern daß sie, im Rahmen ihrer praktischen Mitarbeit an der inneren Koloni¬
sation, trotz ihrer Eigenschaft als Erwerbsgesellschaft, die Grundsätze der zuvor
erwähnten vormaligen deutschen Ansiedlungsgesellschaft sich zu eigen gemacht
hat. Vielleicht ist hier der Hinweis angebracht, daß von den vier Landbank¬
direktoren drei aus dem Staatsdienst hervorgegangen sind. Jedenfalls gibt das
zahlenmäßig feststehende Gesamtbild der Rentengutsbildungen der Landbank
jenen unrecht, die schlechthin einer Erwerbsgesellschast die Fähigkeit absprechen,
im gemeinnützigen Sinne den Aufgaben der inneren Kolonisation zu dienen.

Vor kurzem ist übrigens noch eine junge Erwerbsgesellschaft hinzugetreten:
Deutsche Gesellschaft für innere Kolonisation mit beschränkter Haftung. Auch
hier steht ein ehemaliger Staatsbeamter an der Spitze.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0467" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/325337"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Träger der inneren Kolonisation in Preußen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2125"> Über den Plan, auch für die Provinz Sachsen eine gemeinnützige Sied¬<lb/>
lungsgesellschaft unter staatlicher Beteiligung ins Leben zu rufen, liegt seit kurzem<lb/>
eine beachtenswerte Denkschrift des Oberpräsidenten von Hegel vor. Die Gründung<lb/>
dürfte wohl in absehbarer Zeit in die Wege geleitet werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2126"> Auch für Schlesien ist die Errichtung einer ähnlichen Organisation geplant<lb/>
und zwar im Zusammenhange mit der Durchführung der Besitzfestigung. Sogar<lb/>
im Rheinlande ist der Gedanke der Errichtung einer gemeinnützigen Siedlungs¬<lb/>
gesellschaft bereits erwogen worden. Natürlich kann es sich hier nicht darum<lb/>
handeln, durch Aufteilung Bauerngüter zu schaffen, sondern vielmehr umgekehrt<lb/>
durch planmäßige Zusammenlegung der schädlichen Bodenzersplitterung entgegen¬<lb/>
zuwirken. Die Verwirklichung dieses Projektes scheint aber noch in weiterer<lb/>
Ferne zu liegen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2127"> Zwischen den hier aufgeführten gemeinnützigen Ansiedlungsgesellschaften als<lb/>
Träger der inneren Kolonisation und den Königlichen Generalkommissionen als<lb/>
mitwirkender Behörde besteht bei der Durchführung der Siedlungsaufgaben<lb/>
eine regelrechte Arbeitsteilung. Die ganze besiedlungstechnische Arbeit vom<lb/>
Gutsankauf über die zwischenzeitliche Verwaltung bis zur Auslegung der Renten¬<lb/>
stellen und der finanziellen Regelung des Rentengutsverfahrens fällt der Ge¬<lb/>
sellschaft zu. Anderseits bleibt die umfassende verwaltungstechnische Arbeit,<lb/>
insonderheit die Regelung der öffentlich rechtlichen Verhältnisse der neuen Ge¬<lb/>
meinde, sowie der Kirchen- und Schulangelegenheiten, der Behörde vorbehalten.<lb/>
Die Ansiedlungsgesellschaften sind, obwohl in ihren technischen Funktionen<lb/>
ziemlich unbehindert, in der Durchführung des Rentengutsverfahrens beauf-<lb/>
stchtigt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2128"> Als private Erwerbsgesellschaft ist auf dem Gebiete der inneren Koloni¬<lb/>
sation bisher nur die Landbank, Aktiengesellschaft, Berlin, hervorgetreten. Sie<lb/>
besteht seit 1895. Ihr Tätigkeitsgebiet dehnt sich ziemlich über die gesamte<lb/>
Monarchie aus. Das Aktienkapital beträgt gegenwärtig 20000000 Mark. Im<lb/>
gleichen Betrage sind Obligationen vorhanden. Auf Grund der zahlenmäßig<lb/>
vorliegenden Belege verdient anerkannt zu werden, daß die Landbank bei den<lb/>
von ihr durchgeführten Rentengutsbildungen nicht einseitig kapitalistisch arbeitet,<lb/>
sondern daß sie, im Rahmen ihrer praktischen Mitarbeit an der inneren Koloni¬<lb/>
sation, trotz ihrer Eigenschaft als Erwerbsgesellschaft, die Grundsätze der zuvor<lb/>
erwähnten vormaligen deutschen Ansiedlungsgesellschaft sich zu eigen gemacht<lb/>
hat. Vielleicht ist hier der Hinweis angebracht, daß von den vier Landbank¬<lb/>
direktoren drei aus dem Staatsdienst hervorgegangen sind. Jedenfalls gibt das<lb/>
zahlenmäßig feststehende Gesamtbild der Rentengutsbildungen der Landbank<lb/>
jenen unrecht, die schlechthin einer Erwerbsgesellschast die Fähigkeit absprechen,<lb/>
im gemeinnützigen Sinne den Aufgaben der inneren Kolonisation zu dienen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2129"> Vor kurzem ist übrigens noch eine junge Erwerbsgesellschaft hinzugetreten:<lb/>
Deutsche Gesellschaft für innere Kolonisation mit beschränkter Haftung. Auch<lb/>
hier steht ein ehemaliger Staatsbeamter an der Spitze.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0467] Die Träger der inneren Kolonisation in Preußen Über den Plan, auch für die Provinz Sachsen eine gemeinnützige Sied¬ lungsgesellschaft unter staatlicher Beteiligung ins Leben zu rufen, liegt seit kurzem eine beachtenswerte Denkschrift des Oberpräsidenten von Hegel vor. Die Gründung dürfte wohl in absehbarer Zeit in die Wege geleitet werden. Auch für Schlesien ist die Errichtung einer ähnlichen Organisation geplant und zwar im Zusammenhange mit der Durchführung der Besitzfestigung. Sogar im Rheinlande ist der Gedanke der Errichtung einer gemeinnützigen Siedlungs¬ gesellschaft bereits erwogen worden. Natürlich kann es sich hier nicht darum handeln, durch Aufteilung Bauerngüter zu schaffen, sondern vielmehr umgekehrt durch planmäßige Zusammenlegung der schädlichen Bodenzersplitterung entgegen¬ zuwirken. Die Verwirklichung dieses Projektes scheint aber noch in weiterer Ferne zu liegen. Zwischen den hier aufgeführten gemeinnützigen Ansiedlungsgesellschaften als Träger der inneren Kolonisation und den Königlichen Generalkommissionen als mitwirkender Behörde besteht bei der Durchführung der Siedlungsaufgaben eine regelrechte Arbeitsteilung. Die ganze besiedlungstechnische Arbeit vom Gutsankauf über die zwischenzeitliche Verwaltung bis zur Auslegung der Renten¬ stellen und der finanziellen Regelung des Rentengutsverfahrens fällt der Ge¬ sellschaft zu. Anderseits bleibt die umfassende verwaltungstechnische Arbeit, insonderheit die Regelung der öffentlich rechtlichen Verhältnisse der neuen Ge¬ meinde, sowie der Kirchen- und Schulangelegenheiten, der Behörde vorbehalten. Die Ansiedlungsgesellschaften sind, obwohl in ihren technischen Funktionen ziemlich unbehindert, in der Durchführung des Rentengutsverfahrens beauf- stchtigt. Als private Erwerbsgesellschaft ist auf dem Gebiete der inneren Koloni¬ sation bisher nur die Landbank, Aktiengesellschaft, Berlin, hervorgetreten. Sie besteht seit 1895. Ihr Tätigkeitsgebiet dehnt sich ziemlich über die gesamte Monarchie aus. Das Aktienkapital beträgt gegenwärtig 20000000 Mark. Im gleichen Betrage sind Obligationen vorhanden. Auf Grund der zahlenmäßig vorliegenden Belege verdient anerkannt zu werden, daß die Landbank bei den von ihr durchgeführten Rentengutsbildungen nicht einseitig kapitalistisch arbeitet, sondern daß sie, im Rahmen ihrer praktischen Mitarbeit an der inneren Koloni¬ sation, trotz ihrer Eigenschaft als Erwerbsgesellschaft, die Grundsätze der zuvor erwähnten vormaligen deutschen Ansiedlungsgesellschaft sich zu eigen gemacht hat. Vielleicht ist hier der Hinweis angebracht, daß von den vier Landbank¬ direktoren drei aus dem Staatsdienst hervorgegangen sind. Jedenfalls gibt das zahlenmäßig feststehende Gesamtbild der Rentengutsbildungen der Landbank jenen unrecht, die schlechthin einer Erwerbsgesellschast die Fähigkeit absprechen, im gemeinnützigen Sinne den Aufgaben der inneren Kolonisation zu dienen. Vor kurzem ist übrigens noch eine junge Erwerbsgesellschaft hinzugetreten: Deutsche Gesellschaft für innere Kolonisation mit beschränkter Haftung. Auch hier steht ein ehemaliger Staatsbeamter an der Spitze.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/467
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/467>, abgerufen am 22.12.2024.