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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Politik und Wirtschaft

in ihrem Suchen nach Begabungen ist ihm günstig -- denn selbst Kleist hat
nie eines seiner Stücke aufführen sehen, und Eulenberg hatte bei fast allen
Werken dazu Gelegenheit.

Damit soll freilich gewiß nicht gesagt werden, daß das breite Publikum
ihn hegt und pflegt. Dem sind seine Werke zu sehr voll "unwahrscheinlicher"
Elemente, man will im allgemeinen nicht poetisch-phantastisch erfaßte Gegenwart,
sondern glaubhafte, verbürgte. Darum ist es immer noch an der Zeit, laut
auszusprechen, was wir an Eulenberg in seinen guten Werken haben: in einer
Zeit psychologischen Zerlegens und artistischer Überkunst einen ursprünglichen
Dichter.

Das möge er uns bleiben!




Politik und Wirtschaft

l
e Balkanwirren, die heute, nach der Kündigung des Waffen¬
stillstandes einer endgültigen Lösung so fern zu sein scheinen wie
nur je, beunruhigen das wirtschaftliche und politische Leben
Europas nach wie vor in starkem Maße. Das vorläufige Scheitern
der Friedensverhandlungen war eine schwere Enttäuschung, die
zunächst in einem neuen Sturz der Börsenkurse zum Ausdrucke kam, darüber
hinaus aber für das gesamte Wirtschaftsleben von bedenklichster Wirkung ist.

Das Schwanken der Effektenkurse hat gegenwärtig keine große Bedeutung,
denn die Börse ist geschäftslos und ihre Bewegungen spielen sich in einem
engen Rahmen ab. Dagegen ist die Rückwirkung der politischen Unsicherheit auf
den Geldmarkt um so verhängnisvoller. Denn nur der letzteren ist es zuzu¬
schreiben, wenn die Anspannung, welche der Jahreswechsel mit sich brachte,
nur so zögernd und langsam weicht, wie nie zuvor. Selbst im Januar 1908,
nach der scharfen Geldkrisis des vorangegangenen Jahres, war die Reichsbank
imstande wieder eine steuerfreie Notenreserve anzusammeln. In diesem Jahre
ist es ihr nicht gelungen den steuerpflichtigen Umlauf im ersten Monat zu be¬
seitigen und sie geht daher mit dem Zinsfuß von sechs Prozent in den Februar,
der sonst die geldflüssigste Periode des Jahres einleitet. Unter diesen Umständen
sieht es übel für alle diejenigen aus, welche zur Befriedigung ihrer Emissions¬
wünsche eine Erleichterung des Geldmarktes herbeisehnten. Bei einem Reichs¬
bankdiskont von dieser Höhe ist an einen erfolgreichen Appell an den Geldmarkt
nicht zu denken. Selbst die dringlichsten Bedürfnisse der Staaten und Gemeinden


Politik und Wirtschaft

in ihrem Suchen nach Begabungen ist ihm günstig — denn selbst Kleist hat
nie eines seiner Stücke aufführen sehen, und Eulenberg hatte bei fast allen
Werken dazu Gelegenheit.

Damit soll freilich gewiß nicht gesagt werden, daß das breite Publikum
ihn hegt und pflegt. Dem sind seine Werke zu sehr voll „unwahrscheinlicher"
Elemente, man will im allgemeinen nicht poetisch-phantastisch erfaßte Gegenwart,
sondern glaubhafte, verbürgte. Darum ist es immer noch an der Zeit, laut
auszusprechen, was wir an Eulenberg in seinen guten Werken haben: in einer
Zeit psychologischen Zerlegens und artistischer Überkunst einen ursprünglichen
Dichter.

Das möge er uns bleiben!




Politik und Wirtschaft

l
e Balkanwirren, die heute, nach der Kündigung des Waffen¬
stillstandes einer endgültigen Lösung so fern zu sein scheinen wie
nur je, beunruhigen das wirtschaftliche und politische Leben
Europas nach wie vor in starkem Maße. Das vorläufige Scheitern
der Friedensverhandlungen war eine schwere Enttäuschung, die
zunächst in einem neuen Sturz der Börsenkurse zum Ausdrucke kam, darüber
hinaus aber für das gesamte Wirtschaftsleben von bedenklichster Wirkung ist.

Das Schwanken der Effektenkurse hat gegenwärtig keine große Bedeutung,
denn die Börse ist geschäftslos und ihre Bewegungen spielen sich in einem
engen Rahmen ab. Dagegen ist die Rückwirkung der politischen Unsicherheit auf
den Geldmarkt um so verhängnisvoller. Denn nur der letzteren ist es zuzu¬
schreiben, wenn die Anspannung, welche der Jahreswechsel mit sich brachte,
nur so zögernd und langsam weicht, wie nie zuvor. Selbst im Januar 1908,
nach der scharfen Geldkrisis des vorangegangenen Jahres, war die Reichsbank
imstande wieder eine steuerfreie Notenreserve anzusammeln. In diesem Jahre
ist es ihr nicht gelungen den steuerpflichtigen Umlauf im ersten Monat zu be¬
seitigen und sie geht daher mit dem Zinsfuß von sechs Prozent in den Februar,
der sonst die geldflüssigste Periode des Jahres einleitet. Unter diesen Umständen
sieht es übel für alle diejenigen aus, welche zur Befriedigung ihrer Emissions¬
wünsche eine Erleichterung des Geldmarktes herbeisehnten. Bei einem Reichs¬
bankdiskont von dieser Höhe ist an einen erfolgreichen Appell an den Geldmarkt
nicht zu denken. Selbst die dringlichsten Bedürfnisse der Staaten und Gemeinden


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[0296] Politik und Wirtschaft in ihrem Suchen nach Begabungen ist ihm günstig — denn selbst Kleist hat nie eines seiner Stücke aufführen sehen, und Eulenberg hatte bei fast allen Werken dazu Gelegenheit. Damit soll freilich gewiß nicht gesagt werden, daß das breite Publikum ihn hegt und pflegt. Dem sind seine Werke zu sehr voll „unwahrscheinlicher" Elemente, man will im allgemeinen nicht poetisch-phantastisch erfaßte Gegenwart, sondern glaubhafte, verbürgte. Darum ist es immer noch an der Zeit, laut auszusprechen, was wir an Eulenberg in seinen guten Werken haben: in einer Zeit psychologischen Zerlegens und artistischer Überkunst einen ursprünglichen Dichter. Das möge er uns bleiben! Politik und Wirtschaft l e Balkanwirren, die heute, nach der Kündigung des Waffen¬ stillstandes einer endgültigen Lösung so fern zu sein scheinen wie nur je, beunruhigen das wirtschaftliche und politische Leben Europas nach wie vor in starkem Maße. Das vorläufige Scheitern der Friedensverhandlungen war eine schwere Enttäuschung, die zunächst in einem neuen Sturz der Börsenkurse zum Ausdrucke kam, darüber hinaus aber für das gesamte Wirtschaftsleben von bedenklichster Wirkung ist. Das Schwanken der Effektenkurse hat gegenwärtig keine große Bedeutung, denn die Börse ist geschäftslos und ihre Bewegungen spielen sich in einem engen Rahmen ab. Dagegen ist die Rückwirkung der politischen Unsicherheit auf den Geldmarkt um so verhängnisvoller. Denn nur der letzteren ist es zuzu¬ schreiben, wenn die Anspannung, welche der Jahreswechsel mit sich brachte, nur so zögernd und langsam weicht, wie nie zuvor. Selbst im Januar 1908, nach der scharfen Geldkrisis des vorangegangenen Jahres, war die Reichsbank imstande wieder eine steuerfreie Notenreserve anzusammeln. In diesem Jahre ist es ihr nicht gelungen den steuerpflichtigen Umlauf im ersten Monat zu be¬ seitigen und sie geht daher mit dem Zinsfuß von sechs Prozent in den Februar, der sonst die geldflüssigste Periode des Jahres einleitet. Unter diesen Umständen sieht es übel für alle diejenigen aus, welche zur Befriedigung ihrer Emissions¬ wünsche eine Erleichterung des Geldmarktes herbeisehnten. Bei einem Reichs¬ bankdiskont von dieser Höhe ist an einen erfolgreichen Appell an den Geldmarkt nicht zu denken. Selbst die dringlichsten Bedürfnisse der Staaten und Gemeinden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/296>, abgerufen am 22.12.2024.