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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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besitzen bereits Katasterbücher, in denen zum Zweck der Ergänzungssteuer¬
veranlagung die Ergebnisse der Einschätzung der sämtlichen Grundstücke ihres
Bezirks zum gemeinen Wert enthalten sind. Der Wert der bebauten
Grundstücke erscheint dort freilich nur einheitlich. Um zu seiner Schätzung zu
gelangen, nutz aber der gemeine Wert des Grund und Bodens getrennt
von dem der Gebäude geschätzt werden. Der Schätzungswert wäre also
sür den Zweck der Bodentaxe durch getrennte Niederschrift der beiden schon jetzt
getrennt zu ermittelnder Faktoren ohne grotze Umstände feststellbar. Die zu
staatlichen Taxämtern auszugestaltenden Katasterämter oder andere ihnen
entsprechende Ämter würden also zur Lösung der Ausgabe imstande sein.
Die Durchführung der Bodenwertsermittlung für den Zweck der Reichsbodentaxe
würde in diesen Erfordernissen zusammentreffen mit den dringenden Postulaten,
welche die moderne Entwicklung des Hypothekenwesens erhebt. Auch dort steht
in erster Linie die Einrichtung staatlicher Taxämter und die Ermittlung des
gemeinen Wertes des Grund und Bodens auch der bebauten Grundstücke.

Ein Ertragswert der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke ist der
zu Z 11 des Ergänzungssteuergesetzes gebildeten Praxis ebenfalls bereits bekannt.




Die allgemeine wirtschaftliche und politische Wirkung einer fest¬
stehenden Reichsbodentaxe auch nur einigermaßen abzuschätzen, ist ungeheuer
schwierig. Der Widerstand vieler Grundbesitzer und vieler Hypothekengläubiger,
ja der Gemeinden und des Staats gegen ihre Einführung ist zu erwarten.
Die Frage ist aber, ob die Gründe dieses Widerstandes absolut durchschlagend
sind und ob ihnen nicht ein allgemeines Interesse gegenübersteht, so stark, daß
allmählich ein völliger Umschwung der öffentlichen Meinung zu erhoffen und
möglich wäre.

Die Bedeutung der Bodentaxe läge wohl vor allem darin, daß sie
das jetzt für die Preisregulierung geltende allgemeine Gesetz von Angebot und
Nachfrage für den Grund und Boden ausschalten würde. Aber das wäre nichts
Unerhörtes insofern, als sich bereits heute aller gebundene Grundbesitz (Domänen,
Fideikommisse. Erbbaurechte, der Besitz des Käufers von der Stadt Ulm)
bis zu einem gewissen Grade in der gleichen Lage befindet. Es würde fich
also insoweit nur um die Ausdehnung eines Zustandes handeln, der für weite
Länderstrecken bereits ohne erkennbare wirtschaftlich schädliche Wirkungen besteht.
Dabei darf nicht übersehen werden, daß die freie Gestaltung der Bodenpreise
durch Angebot und Nachfrage nicht etwa ein nationales Gut erzeugt, daß viel¬
mehr die Werte nur aus der Tasche des deutschen Käufers in die Tasche des
deutschen Verkäufers wandern, wo nicht Ausländer mitwirren. Was der eine
gewinnt, verliert der andere und der Verlust wird ins Unermeßliche gesteigert
durch den Umstand, daß er sich nicht auf den Käufer beschränkt, sondern die
Ursache zu neuen Verlusten wird, die den an dem Kauf völlig unbeteiligten


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besitzen bereits Katasterbücher, in denen zum Zweck der Ergänzungssteuer¬
veranlagung die Ergebnisse der Einschätzung der sämtlichen Grundstücke ihres
Bezirks zum gemeinen Wert enthalten sind. Der Wert der bebauten
Grundstücke erscheint dort freilich nur einheitlich. Um zu seiner Schätzung zu
gelangen, nutz aber der gemeine Wert des Grund und Bodens getrennt
von dem der Gebäude geschätzt werden. Der Schätzungswert wäre also
sür den Zweck der Bodentaxe durch getrennte Niederschrift der beiden schon jetzt
getrennt zu ermittelnder Faktoren ohne grotze Umstände feststellbar. Die zu
staatlichen Taxämtern auszugestaltenden Katasterämter oder andere ihnen
entsprechende Ämter würden also zur Lösung der Ausgabe imstande sein.
Die Durchführung der Bodenwertsermittlung für den Zweck der Reichsbodentaxe
würde in diesen Erfordernissen zusammentreffen mit den dringenden Postulaten,
welche die moderne Entwicklung des Hypothekenwesens erhebt. Auch dort steht
in erster Linie die Einrichtung staatlicher Taxämter und die Ermittlung des
gemeinen Wertes des Grund und Bodens auch der bebauten Grundstücke.

Ein Ertragswert der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke ist der
zu Z 11 des Ergänzungssteuergesetzes gebildeten Praxis ebenfalls bereits bekannt.




Die allgemeine wirtschaftliche und politische Wirkung einer fest¬
stehenden Reichsbodentaxe auch nur einigermaßen abzuschätzen, ist ungeheuer
schwierig. Der Widerstand vieler Grundbesitzer und vieler Hypothekengläubiger,
ja der Gemeinden und des Staats gegen ihre Einführung ist zu erwarten.
Die Frage ist aber, ob die Gründe dieses Widerstandes absolut durchschlagend
sind und ob ihnen nicht ein allgemeines Interesse gegenübersteht, so stark, daß
allmählich ein völliger Umschwung der öffentlichen Meinung zu erhoffen und
möglich wäre.

Die Bedeutung der Bodentaxe läge wohl vor allem darin, daß sie
das jetzt für die Preisregulierung geltende allgemeine Gesetz von Angebot und
Nachfrage für den Grund und Boden ausschalten würde. Aber das wäre nichts
Unerhörtes insofern, als sich bereits heute aller gebundene Grundbesitz (Domänen,
Fideikommisse. Erbbaurechte, der Besitz des Käufers von der Stadt Ulm)
bis zu einem gewissen Grade in der gleichen Lage befindet. Es würde fich
also insoweit nur um die Ausdehnung eines Zustandes handeln, der für weite
Länderstrecken bereits ohne erkennbare wirtschaftlich schädliche Wirkungen besteht.
Dabei darf nicht übersehen werden, daß die freie Gestaltung der Bodenpreise
durch Angebot und Nachfrage nicht etwa ein nationales Gut erzeugt, daß viel¬
mehr die Werte nur aus der Tasche des deutschen Käufers in die Tasche des
deutschen Verkäufers wandern, wo nicht Ausländer mitwirren. Was der eine
gewinnt, verliert der andere und der Verlust wird ins Unermeßliche gesteigert
durch den Umstand, daß er sich nicht auf den Käufer beschränkt, sondern die
Ursache zu neuen Verlusten wird, die den an dem Kauf völlig unbeteiligten


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[0019] Handle oder stirb! besitzen bereits Katasterbücher, in denen zum Zweck der Ergänzungssteuer¬ veranlagung die Ergebnisse der Einschätzung der sämtlichen Grundstücke ihres Bezirks zum gemeinen Wert enthalten sind. Der Wert der bebauten Grundstücke erscheint dort freilich nur einheitlich. Um zu seiner Schätzung zu gelangen, nutz aber der gemeine Wert des Grund und Bodens getrennt von dem der Gebäude geschätzt werden. Der Schätzungswert wäre also sür den Zweck der Bodentaxe durch getrennte Niederschrift der beiden schon jetzt getrennt zu ermittelnder Faktoren ohne grotze Umstände feststellbar. Die zu staatlichen Taxämtern auszugestaltenden Katasterämter oder andere ihnen entsprechende Ämter würden also zur Lösung der Ausgabe imstande sein. Die Durchführung der Bodenwertsermittlung für den Zweck der Reichsbodentaxe würde in diesen Erfordernissen zusammentreffen mit den dringenden Postulaten, welche die moderne Entwicklung des Hypothekenwesens erhebt. Auch dort steht in erster Linie die Einrichtung staatlicher Taxämter und die Ermittlung des gemeinen Wertes des Grund und Bodens auch der bebauten Grundstücke. Ein Ertragswert der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke ist der zu Z 11 des Ergänzungssteuergesetzes gebildeten Praxis ebenfalls bereits bekannt. Die allgemeine wirtschaftliche und politische Wirkung einer fest¬ stehenden Reichsbodentaxe auch nur einigermaßen abzuschätzen, ist ungeheuer schwierig. Der Widerstand vieler Grundbesitzer und vieler Hypothekengläubiger, ja der Gemeinden und des Staats gegen ihre Einführung ist zu erwarten. Die Frage ist aber, ob die Gründe dieses Widerstandes absolut durchschlagend sind und ob ihnen nicht ein allgemeines Interesse gegenübersteht, so stark, daß allmählich ein völliger Umschwung der öffentlichen Meinung zu erhoffen und möglich wäre. Die Bedeutung der Bodentaxe läge wohl vor allem darin, daß sie das jetzt für die Preisregulierung geltende allgemeine Gesetz von Angebot und Nachfrage für den Grund und Boden ausschalten würde. Aber das wäre nichts Unerhörtes insofern, als sich bereits heute aller gebundene Grundbesitz (Domänen, Fideikommisse. Erbbaurechte, der Besitz des Käufers von der Stadt Ulm) bis zu einem gewissen Grade in der gleichen Lage befindet. Es würde fich also insoweit nur um die Ausdehnung eines Zustandes handeln, der für weite Länderstrecken bereits ohne erkennbare wirtschaftlich schädliche Wirkungen besteht. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die freie Gestaltung der Bodenpreise durch Angebot und Nachfrage nicht etwa ein nationales Gut erzeugt, daß viel¬ mehr die Werte nur aus der Tasche des deutschen Käufers in die Tasche des deutschen Verkäufers wandern, wo nicht Ausländer mitwirren. Was der eine gewinnt, verliert der andere und der Verlust wird ins Unermeßliche gesteigert durch den Umstand, daß er sich nicht auf den Käufer beschränkt, sondern die Ursache zu neuen Verlusten wird, die den an dem Kauf völlig unbeteiligten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/19>, abgerufen am 05.07.2024.