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Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr.

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Handle oder stirb!
Das Mittel zur Bekämpfung von Teuerung und Wohnungsnot
Walter Fleischaner, Senatspräsident im Reichsversicherungsamt in Berlin von

In der Sitzung des Preußischen Abgeordnetenhauses vom 13. De¬
zember 1912 hat der freikonservative Abgeordnete I)r. Otto Arendt
gelegentlich der Begründung seiner Jnterpellation über die Notstände
des städtischen Realkredits ausgeführt, die Taxe der Grundstücke
dürfe nicht einen Wert an sich, sondern müsse lediglich einen
Beleihn ngswert feststellen und dieser Beleihungswert sollte von
öffentlichen Instituten anerkannt werden. Eine nähere Begründung
der Forderung gab Herr Arendt nicht. Aber, da er die Festellung eines
bleibenden Beleihungswertes fordert, so erweist sich der Boden im
deutschen Volke als vorbereitet für eine Erörterung der Vorschläge, die im
folgenden der Öffentlichkeit übergeben Werden, nachdem die Handschrift
selbst mehr als sechs Monate zurückgehalten wurde.

rotz des heutigen in seinen Ursachen noch nicht klar erkannten
und deshalb in seiner Dauer noch zweifelhaften Rückganges der
Geburten findet im Deutschen Reiche eine starke Zunahme der
Bevölkerung statt. Dadurch steigt die Nachfrage nach Grund
und Boden, nach Wohnungen und Werkstätten, dadurch steigt

deren Preis, steigt auch der Preis der landwirtschaftlichen wie der gewerblichen
Erzeugnisse. Die Folge ist eine allgemeine Verteuerung der Lebenshaltung.
Freilich ist diese auch in Zusammenhang zu bringen mit der Steigerung der
Wohlhabenheit aus allen Quellen nationalen und internationalen Erwerbslebens,
die wiederum ein Steigen der Ansprüche, selbst der Arbeiter, zur Folge hat,
wodurch dann wieder ein preistreibendes Element in unser Leben hinein¬
getragen wird.

Auf die Frage, wie hoch der Anteil der Bodenpreise an der allgemeinen
Tendenz zur Teuerung im Verhältnis zu den anderen Faktoren zu bemessen


Grenzboten I 1913 1


Handle oder stirb!
Das Mittel zur Bekämpfung von Teuerung und Wohnungsnot
Walter Fleischaner, Senatspräsident im Reichsversicherungsamt in Berlin von

In der Sitzung des Preußischen Abgeordnetenhauses vom 13. De¬
zember 1912 hat der freikonservative Abgeordnete I)r. Otto Arendt
gelegentlich der Begründung seiner Jnterpellation über die Notstände
des städtischen Realkredits ausgeführt, die Taxe der Grundstücke
dürfe nicht einen Wert an sich, sondern müsse lediglich einen
Beleihn ngswert feststellen und dieser Beleihungswert sollte von
öffentlichen Instituten anerkannt werden. Eine nähere Begründung
der Forderung gab Herr Arendt nicht. Aber, da er die Festellung eines
bleibenden Beleihungswertes fordert, so erweist sich der Boden im
deutschen Volke als vorbereitet für eine Erörterung der Vorschläge, die im
folgenden der Öffentlichkeit übergeben Werden, nachdem die Handschrift
selbst mehr als sechs Monate zurückgehalten wurde.

rotz des heutigen in seinen Ursachen noch nicht klar erkannten
und deshalb in seiner Dauer noch zweifelhaften Rückganges der
Geburten findet im Deutschen Reiche eine starke Zunahme der
Bevölkerung statt. Dadurch steigt die Nachfrage nach Grund
und Boden, nach Wohnungen und Werkstätten, dadurch steigt

deren Preis, steigt auch der Preis der landwirtschaftlichen wie der gewerblichen
Erzeugnisse. Die Folge ist eine allgemeine Verteuerung der Lebenshaltung.
Freilich ist diese auch in Zusammenhang zu bringen mit der Steigerung der
Wohlhabenheit aus allen Quellen nationalen und internationalen Erwerbslebens,
die wiederum ein Steigen der Ansprüche, selbst der Arbeiter, zur Folge hat,
wodurch dann wieder ein preistreibendes Element in unser Leben hinein¬
getragen wird.

Auf die Frage, wie hoch der Anteil der Bodenpreise an der allgemeinen
Tendenz zur Teuerung im Verhältnis zu den anderen Faktoren zu bemessen


Grenzboten I 1913 1
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[0013] [Abbildung] Handle oder stirb! Das Mittel zur Bekämpfung von Teuerung und Wohnungsnot Walter Fleischaner, Senatspräsident im Reichsversicherungsamt in Berlin von In der Sitzung des Preußischen Abgeordnetenhauses vom 13. De¬ zember 1912 hat der freikonservative Abgeordnete I)r. Otto Arendt gelegentlich der Begründung seiner Jnterpellation über die Notstände des städtischen Realkredits ausgeführt, die Taxe der Grundstücke dürfe nicht einen Wert an sich, sondern müsse lediglich einen Beleihn ngswert feststellen und dieser Beleihungswert sollte von öffentlichen Instituten anerkannt werden. Eine nähere Begründung der Forderung gab Herr Arendt nicht. Aber, da er die Festellung eines bleibenden Beleihungswertes fordert, so erweist sich der Boden im deutschen Volke als vorbereitet für eine Erörterung der Vorschläge, die im folgenden der Öffentlichkeit übergeben Werden, nachdem die Handschrift selbst mehr als sechs Monate zurückgehalten wurde. rotz des heutigen in seinen Ursachen noch nicht klar erkannten und deshalb in seiner Dauer noch zweifelhaften Rückganges der Geburten findet im Deutschen Reiche eine starke Zunahme der Bevölkerung statt. Dadurch steigt die Nachfrage nach Grund und Boden, nach Wohnungen und Werkstätten, dadurch steigt deren Preis, steigt auch der Preis der landwirtschaftlichen wie der gewerblichen Erzeugnisse. Die Folge ist eine allgemeine Verteuerung der Lebenshaltung. Freilich ist diese auch in Zusammenhang zu bringen mit der Steigerung der Wohlhabenheit aus allen Quellen nationalen und internationalen Erwerbslebens, die wiederum ein Steigen der Ansprüche, selbst der Arbeiter, zur Folge hat, wodurch dann wieder ein preistreibendes Element in unser Leben hinein¬ getragen wird. Auf die Frage, wie hoch der Anteil der Bodenpreise an der allgemeinen Tendenz zur Teuerung im Verhältnis zu den anderen Faktoren zu bemessen Grenzboten I 1913 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 72, 1913, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341897_324869/13>, abgerufen am 22.12.2024.