Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Raubbögelchen gewesen gegen diese leuchtende Mensche" und Bücher. Gesammelte Der verdienstvolle Eichendvrssforscher hat schaft am meisten fördernde Artikel in dieser Theologie Eine neue katholische Enzyklopädie. Es Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Raubbögelchen gewesen gegen diese leuchtende Mensche» und Bücher. Gesammelte Der verdienstvolle Eichendvrssforscher hat schaft am meisten fördernde Artikel in dieser Theologie Eine neue katholische Enzyklopädie. Es <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0648" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323050"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_3149" prev="#ID_3148"> Raubbögelchen gewesen gegen diese leuchtende<lb/> Verheißung. Sie machten ihm die Welt gleich<lb/> so friedlich, als ob es weit und breit keine<lb/> Wölfe gäbe. Er griff wieder zum Besen und<lb/> hatte ihn schon angesetzt, da erinnerte er sich<lb/> an die Hundsohrfeige und sah auf, was seine<lb/> Christine jetzt Wohl für ein Gesicht machte.<lb/> Er hatte eigentlich noch einmal lachen wollen;<lb/> was er jedoch sah, kam ihm bedenklich vor,<lb/> und er ließ es. Christine saß da mit den:<lb/> Kind zwischen den Knien und mit dem Ge¬<lb/> sicht über ihren Händen, und weinte. Die<lb/> Tränen liefen ihr schlank und hurtig über die<lb/> rechtschaffenen Wangen herunter, und fielen auf<lb/> Franzels blonden Kopf zwischen die kleinen<lb/> Läuse hinein, die er dort hatte. Der Bauer<lb/> trat besorgt näher."</p> <note type="byline"> Dr. Richard Meszlöny</note> <p xml:id="ID_3150"> Mensche» und Bücher. Gesammelte<lb/> Reden und Aufsätze von Dr. Wilhelm Kosch,<lb/> Professor für neuere deutsche Sprache und<lb/> Literatur an der Universität Czernowitz.<lb/> Verlag der Dykschen Buchhandlung, Leipzig<lb/> 1912. 362 S. 8°.</p> <p xml:id="ID_3151" next="#ID_3152"> Der verdienstvolle Eichendvrssforscher hat<lb/> in diesem umfänglichen Bande einundzwanzig<lb/> Aufsätze aus den Jahren 1904 bis 1911 ge¬<lb/> sammelt, die das Interesse auch nichtzünftiger<lb/> Kreise in vollem Maße verdienen. Sie be¬<lb/> handeln, der Abstammung ihres Verfassers<lb/> gemäß, meist österreichische Dichter und<lb/> Schriftsteller, greifen aber auch, wie z, B. in<lb/> den vier Prachtvollen Raabe-Aufsntzeu, in das<lb/> Gebiet der reichsdeutschen Literatur über.<lb/> Der Eingangsessay, „Die literarischen Strö¬<lb/> mungen des neunzehnten Jahrhunderts",<lb/> verbreitet sich in großen Zügen über die all¬<lb/> gemeine europäische Literaturentwicklung, mit<lb/> der Tendenz, überall die verborgenen roman¬<lb/> tischen Quellen auszuweisen; mir schnitt Kosch<lb/> indes die Romantik doch zu einseitig als<lb/> treibende Kraft der ganzen literarischen Evo¬<lb/> lution aufzufassen und daneben andere Kräfte<lb/> ganz zu unterdrücken. Der umfangreichste<lb/> Beitrag beschäftigt sich mit Clemens Brentano<lb/> und sucht diesem zwiespältigen Charakter, der<lb/> in der Beurteilung der Kritik noch heute hin<lb/> und her schwankt, durch feinfühliges Eingehen<lb/> auf seine innere Veranlagung gerecht zu<lb/> werden; meines Emcktens der die Wissen¬</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_3152" prev="#ID_3151"> schaft am meisten fördernde Artikel in dieser<lb/> Sammlung. Äußerst interessant sind die Ab¬<lb/> handlungen über I. M. von Radowitz, den<lb/> „Deutsch - Preußen", und Franz Schusella,<lb/> den „Deutsch-Österreicher". Radowitz, der<lb/> zielbewußt auf seinem Wege fortschreitende,<lb/> zäh am richtig Erkannten festhaltende Diplo¬<lb/> mat, wird mit knappen Strichen ausgezeichnet<lb/> charakterisiert; dagegen gelingt es Kosch nicht<lb/> so gut, das Schwankende, Haltlose des<lb/> Deutschböhmen zu erklären, so sehr er sich<lb/> auch bemüht, ihn vor hartem Urteil zu retten.<lb/> Bekannt ist ja Kosch als Martin Greif-Ver¬<lb/> ehrer; meines Erachtens überschätzt er den zarten<lb/> Stimmungslhriler als Dramatiker sehr. Ein<lb/> Essay, der sich mit Richard Schcmkal be¬<lb/> schäftigt, zeigt uns diesen Wiener Dichter in<lb/> seiner Entwicklung, sowohl der inneren, in<lb/> der Auffassung, wie der äußeren, in der<lb/> Sprache. Warme Worte der Anerkennung<lb/> findet Kosch beim Tode I. B. Widmanns,<lb/> und ein Panegyrikus „Muttersprache, Mutter-<lb/> land" macht den Schluß der wertvollen Samm¬<lb/> lung, die auch bezeichnend ist für die warme<lb/> Vaterlandsliebe deS Verfassers, der an der<lb/> katholischen Universität ftreiburg in der<lb/> Schweiz den Anfeindungen der ultramon-<lb/> tnncn Gegner weichen mußte.</p> <note type="byline"> Dr. ZVolfgcmg Stammler</note> </div> <div n="2"> <head> Theologie</head> <p xml:id="ID_3153" next="#ID_3154"> Eine neue katholische Enzyklopädie. Es<lb/> ist eine stehende Redensart: wir leben im<lb/> Zeitalter des Universalismus und Kosmo¬<lb/> politismus, Sie mag im allgemeinen stimmen,<lb/> aber der Theologe wird für seine Wissenschaft<lb/> eher zu sagen geneigt sein: wir leben im<lb/> Zeitalter der Konfessionalisierung. Die beiden<lb/> Armeen protestantischer und katholischer Wissen¬<lb/> schaft marschieren getrennt, und man kann<lb/> nicht sagen, daß sie etwa vereint schlügen;<lb/> denn die Ziele sind beide Male ganz ver¬<lb/> schieden, und weil sie das sind, darum keine<lb/> Arbeitsgemeinschaft mehr. Es sind seltene<lb/> Ausnahmen, wenn Katholiken und Protestanten<lb/> an einem Werke der Wissenschaft gemeinsam<lb/> schassen, die Wissenschaft ist hier nicht mehr<lb/> überkonfessionell, die Zeiten liegen hinter<lb/> uns, seitdem Katholizismus mit Romanismus<lb/> zusammenzufallen begann, und einstweilen ist<lb/> keine Aussicht auf ihre Wiederkehr. Man kann</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0648]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Raubbögelchen gewesen gegen diese leuchtende
Verheißung. Sie machten ihm die Welt gleich
so friedlich, als ob es weit und breit keine
Wölfe gäbe. Er griff wieder zum Besen und
hatte ihn schon angesetzt, da erinnerte er sich
an die Hundsohrfeige und sah auf, was seine
Christine jetzt Wohl für ein Gesicht machte.
Er hatte eigentlich noch einmal lachen wollen;
was er jedoch sah, kam ihm bedenklich vor,
und er ließ es. Christine saß da mit den:
Kind zwischen den Knien und mit dem Ge¬
sicht über ihren Händen, und weinte. Die
Tränen liefen ihr schlank und hurtig über die
rechtschaffenen Wangen herunter, und fielen auf
Franzels blonden Kopf zwischen die kleinen
Läuse hinein, die er dort hatte. Der Bauer
trat besorgt näher."
Dr. Richard Meszlöny Mensche» und Bücher. Gesammelte
Reden und Aufsätze von Dr. Wilhelm Kosch,
Professor für neuere deutsche Sprache und
Literatur an der Universität Czernowitz.
Verlag der Dykschen Buchhandlung, Leipzig
1912. 362 S. 8°.
Der verdienstvolle Eichendvrssforscher hat
in diesem umfänglichen Bande einundzwanzig
Aufsätze aus den Jahren 1904 bis 1911 ge¬
sammelt, die das Interesse auch nichtzünftiger
Kreise in vollem Maße verdienen. Sie be¬
handeln, der Abstammung ihres Verfassers
gemäß, meist österreichische Dichter und
Schriftsteller, greifen aber auch, wie z, B. in
den vier Prachtvollen Raabe-Aufsntzeu, in das
Gebiet der reichsdeutschen Literatur über.
Der Eingangsessay, „Die literarischen Strö¬
mungen des neunzehnten Jahrhunderts",
verbreitet sich in großen Zügen über die all¬
gemeine europäische Literaturentwicklung, mit
der Tendenz, überall die verborgenen roman¬
tischen Quellen auszuweisen; mir schnitt Kosch
indes die Romantik doch zu einseitig als
treibende Kraft der ganzen literarischen Evo¬
lution aufzufassen und daneben andere Kräfte
ganz zu unterdrücken. Der umfangreichste
Beitrag beschäftigt sich mit Clemens Brentano
und sucht diesem zwiespältigen Charakter, der
in der Beurteilung der Kritik noch heute hin
und her schwankt, durch feinfühliges Eingehen
auf seine innere Veranlagung gerecht zu
werden; meines Emcktens der die Wissen¬
schaft am meisten fördernde Artikel in dieser
Sammlung. Äußerst interessant sind die Ab¬
handlungen über I. M. von Radowitz, den
„Deutsch - Preußen", und Franz Schusella,
den „Deutsch-Österreicher". Radowitz, der
zielbewußt auf seinem Wege fortschreitende,
zäh am richtig Erkannten festhaltende Diplo¬
mat, wird mit knappen Strichen ausgezeichnet
charakterisiert; dagegen gelingt es Kosch nicht
so gut, das Schwankende, Haltlose des
Deutschböhmen zu erklären, so sehr er sich
auch bemüht, ihn vor hartem Urteil zu retten.
Bekannt ist ja Kosch als Martin Greif-Ver¬
ehrer; meines Erachtens überschätzt er den zarten
Stimmungslhriler als Dramatiker sehr. Ein
Essay, der sich mit Richard Schcmkal be¬
schäftigt, zeigt uns diesen Wiener Dichter in
seiner Entwicklung, sowohl der inneren, in
der Auffassung, wie der äußeren, in der
Sprache. Warme Worte der Anerkennung
findet Kosch beim Tode I. B. Widmanns,
und ein Panegyrikus „Muttersprache, Mutter-
land" macht den Schluß der wertvollen Samm¬
lung, die auch bezeichnend ist für die warme
Vaterlandsliebe deS Verfassers, der an der
katholischen Universität ftreiburg in der
Schweiz den Anfeindungen der ultramon-
tnncn Gegner weichen mußte.
Dr. ZVolfgcmg Stammler Theologie Eine neue katholische Enzyklopädie. Es
ist eine stehende Redensart: wir leben im
Zeitalter des Universalismus und Kosmo¬
politismus, Sie mag im allgemeinen stimmen,
aber der Theologe wird für seine Wissenschaft
eher zu sagen geneigt sein: wir leben im
Zeitalter der Konfessionalisierung. Die beiden
Armeen protestantischer und katholischer Wissen¬
schaft marschieren getrennt, und man kann
nicht sagen, daß sie etwa vereint schlügen;
denn die Ziele sind beide Male ganz ver¬
schieden, und weil sie das sind, darum keine
Arbeitsgemeinschaft mehr. Es sind seltene
Ausnahmen, wenn Katholiken und Protestanten
an einem Werke der Wissenschaft gemeinsam
schassen, die Wissenschaft ist hier nicht mehr
überkonfessionell, die Zeiten liegen hinter
uns, seitdem Katholizismus mit Romanismus
zusammenzufallen begann, und einstweilen ist
keine Aussicht auf ihre Wiederkehr. Man kann
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |