Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Deutschland und die Ralsankriso Lehrern auf allen Gebieten. Das Erwachen der Slawen ist zum guten Teil Scheidet somit der deutsch - slawische Gegensatz als Kampf zweier Kulturen Blieben nun aber wirklich handelspolitische Gesichtspunkte für unsere Zum mindesten gleichwertig mit den unsrigen sind die Interessen Frank¬ Deutschland und die Ralsankriso Lehrern auf allen Gebieten. Das Erwachen der Slawen ist zum guten Teil Scheidet somit der deutsch - slawische Gegensatz als Kampf zweier Kulturen Blieben nun aber wirklich handelspolitische Gesichtspunkte für unsere Zum mindesten gleichwertig mit den unsrigen sind die Interessen Frank¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0062" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322463"/> <fw type="header" place="top"> Deutschland und die Ralsankriso</fw><lb/> <p xml:id="ID_245" prev="#ID_244"> Lehrern auf allen Gebieten. Das Erwachen der Slawen ist zum guten Teil<lb/> unser, der Deutschen, Werk,'— wir werden sie durch keine siegreichen Kriege,<lb/> durch keinerlei politische Unterdrückung von weiterer Machtentfaltung zurück¬<lb/> halten, wenn wir selbst nicht rassenmäßig, das will sagen: zahlenmäßig, geistig<lb/> und wirtschaftlich so stark werden, daß neben uns keine andere Gewalt auf¬<lb/> kommen kann. Diesem Ziele zuzustreben, kann nicht in erster Linie Aufgabe<lb/> der auswärtigen Politik sein, das wäre eine Aufgabe der inneren. Die Leiter<lb/> der auswärtigen Politik sind gezwungen, mit den vorhandenen, gegebenen<lb/> Faktoren zu rechnen, die Leiter der inneren haben die Aufgabe, diese Faktoren<lb/> im Sinne unserer Stärkung zu vermehren, solange es dafür noch Zeit und<lb/> Mittel gibt.</p><lb/> <p xml:id="ID_246"> Scheidet somit der deutsch - slawische Gegensatz als Kampf zweier Kulturen<lb/> für die praktische Politik Deutschlands auf dem Balkan im Augenblick aus, so<lb/> wird unsere politische Tatensreude obendrein gezügelt durch die geographische<lb/> Lage Deutschlands zu den Balkanstaaten. Alles, was uns noch als Spielraum<lb/> übrig bleibt, ist gewissermaßen geistiger Natur, beruht fast ausschließlich auf der<lb/> Gesundheit der Nation daheim, auf der Güte ihrer staatlichen und sozialen<lb/> Organisationen und findet seinen Ausdruck in der folgerichtigen, stetigen Ent¬<lb/> faltung unserer Welthandelspolitik. Politischen Einfluß haben wir in der Türkei<lb/> nur in diesem Sinne zu suchen und deshalb auch zu keiner Zeit unter anderen<lb/> Gesichtspunkten gesucht, als etwa in Petersburg oder Washington. Die deutsche<lb/> Politik ging niemals auf Gebietserwerbungen in der Türkei aus, wie etwa die<lb/> englische, russische und österreichisch-ungarische, sei es nun zu kolonisatorischen<lb/> oder zu strategischen Zwecken. Auch nicht zu Bismarcks Zeiten. Ein Blick auf<lb/> die Karte der alten Welt erklärt die Gründe solcher Zurückhaltung zur Genüge.<lb/> Darum sind die Mittel deutscher „Eroberungs"-Politik Geist und Kapital,<lb/> nicht das Schwert.</p><lb/> <p xml:id="ID_247"> Blieben nun aber wirklich handelspolitische Gesichtspunkte für unsere<lb/> Beziehungen zu den Balkanstaaten allein übrig, dann ergab sich die im akuten<lb/> Falle notwendig einzunehmende Haltung der deutschen Diplomatie von selbst:<lb/> harmonisches Zusammenwirken mit allen übrigen am Balkan interessierten Mächten,<lb/> insonderheit mit denen, deren Interessen ebenso liegen, wie die unsrigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_248" next="#ID_249"> Zum mindesten gleichwertig mit den unsrigen sind die Interessen Frank¬<lb/> reichs, das ebenso wie wir namhafte Kapitalien in der Türkei investiert hat.<lb/> Ein kulturell und wirtschaftlich aufstrebendes Osmanenreich ist Abnehmer<lb/> deutscher und französischer Waren, Anlagemarkt für deutsches und französisches<lb/> Kapital, Betätigungsgebiet für französische und deutsche Geistesarbeit. An den<lb/> Pforten dieses Reiches rütteln die kleinen Balkanstaaten, die sich auf Kosten<lb/> der Türkei bereichern wollen. Wie Frankreich diesem Unterfangen gegenübersteht,<lb/> zeigt am klarsten seine Weigerung, Bulgarien Geld zum Kriegführen zu leihen.<lb/> Man darf also annehmen, daß in den maßgebenden Kreisen Frankreichs die<lb/> Interessen an der türkischen Frage zum mindesten ebenso aufgefaßt werden wie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
Deutschland und die Ralsankriso
Lehrern auf allen Gebieten. Das Erwachen der Slawen ist zum guten Teil
unser, der Deutschen, Werk,'— wir werden sie durch keine siegreichen Kriege,
durch keinerlei politische Unterdrückung von weiterer Machtentfaltung zurück¬
halten, wenn wir selbst nicht rassenmäßig, das will sagen: zahlenmäßig, geistig
und wirtschaftlich so stark werden, daß neben uns keine andere Gewalt auf¬
kommen kann. Diesem Ziele zuzustreben, kann nicht in erster Linie Aufgabe
der auswärtigen Politik sein, das wäre eine Aufgabe der inneren. Die Leiter
der auswärtigen Politik sind gezwungen, mit den vorhandenen, gegebenen
Faktoren zu rechnen, die Leiter der inneren haben die Aufgabe, diese Faktoren
im Sinne unserer Stärkung zu vermehren, solange es dafür noch Zeit und
Mittel gibt.
Scheidet somit der deutsch - slawische Gegensatz als Kampf zweier Kulturen
für die praktische Politik Deutschlands auf dem Balkan im Augenblick aus, so
wird unsere politische Tatensreude obendrein gezügelt durch die geographische
Lage Deutschlands zu den Balkanstaaten. Alles, was uns noch als Spielraum
übrig bleibt, ist gewissermaßen geistiger Natur, beruht fast ausschließlich auf der
Gesundheit der Nation daheim, auf der Güte ihrer staatlichen und sozialen
Organisationen und findet seinen Ausdruck in der folgerichtigen, stetigen Ent¬
faltung unserer Welthandelspolitik. Politischen Einfluß haben wir in der Türkei
nur in diesem Sinne zu suchen und deshalb auch zu keiner Zeit unter anderen
Gesichtspunkten gesucht, als etwa in Petersburg oder Washington. Die deutsche
Politik ging niemals auf Gebietserwerbungen in der Türkei aus, wie etwa die
englische, russische und österreichisch-ungarische, sei es nun zu kolonisatorischen
oder zu strategischen Zwecken. Auch nicht zu Bismarcks Zeiten. Ein Blick auf
die Karte der alten Welt erklärt die Gründe solcher Zurückhaltung zur Genüge.
Darum sind die Mittel deutscher „Eroberungs"-Politik Geist und Kapital,
nicht das Schwert.
Blieben nun aber wirklich handelspolitische Gesichtspunkte für unsere
Beziehungen zu den Balkanstaaten allein übrig, dann ergab sich die im akuten
Falle notwendig einzunehmende Haltung der deutschen Diplomatie von selbst:
harmonisches Zusammenwirken mit allen übrigen am Balkan interessierten Mächten,
insonderheit mit denen, deren Interessen ebenso liegen, wie die unsrigen.
Zum mindesten gleichwertig mit den unsrigen sind die Interessen Frank¬
reichs, das ebenso wie wir namhafte Kapitalien in der Türkei investiert hat.
Ein kulturell und wirtschaftlich aufstrebendes Osmanenreich ist Abnehmer
deutscher und französischer Waren, Anlagemarkt für deutsches und französisches
Kapital, Betätigungsgebiet für französische und deutsche Geistesarbeit. An den
Pforten dieses Reiches rütteln die kleinen Balkanstaaten, die sich auf Kosten
der Türkei bereichern wollen. Wie Frankreich diesem Unterfangen gegenübersteht,
zeigt am klarsten seine Weigerung, Bulgarien Geld zum Kriegführen zu leihen.
Man darf also annehmen, daß in den maßgebenden Kreisen Frankreichs die
Interessen an der türkischen Frage zum mindesten ebenso aufgefaßt werden wie
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