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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Amerika am Lau seiner Handelsflotte

hier näher nicht dargelegt zu werden. Ursprünglich hat wohl kaum die Absicht
bestanden, die Wirtschaftspolitik des Seewesens aus diesem Anlaß zu ändern.
AIs man jedoch die japanische Handelsflotte immer schneller wachsen sah, kam
es auch den Amerikanern mehr und mehr zum Bewußtsein, einen wie seltsamen
Eindruck es machen müsse, wenn die Amerikaner die in ihrem Besitz befindliche
entscheidende Verkehrsader durch die westliche Halbkugel fast ausschließlich von
Schiffen fremder Völker befahren ließen. Weiter überzeugten sie sich auch an
eigenen und fremden Erfahrungen, daß jede Flottenaktion des Bestandes einer
bedeutenden Flotte von Handelsdampfern bedürfe.

Wie aber sollte man diesen erlangen? Mit Schiffsbau- und Neederei-
subventionen ans Ziel zu kommen, wie die Interessenten wollten, erschien aus¬
sichtslos. Auch die Befreiung der amerikanischen Schiffe von der Gebühr im
Panamakanal, übrigens auch nichts weiter als eine Subvention, konnte noch
weniger nützen. Es mußte schon der große Entschluß hinzukommen, zu erlauben,
daß im Auslande gebaute Schiffe in das Eigentum nordamerikanischer Bürger
und zugleich in das Flaggenregister der Vereinigten Staaten übergehen könnten,
und zwar zollfrei. Damit sollte zugleich das Handwerkszeug gewonnen werden
für eine Erweiterung der wirtschaftlichen Weltpolitik mit Bezug auf die Schiffahrt,
ja auch vielleicht mit Bezug auf die Politik überhaupt.

Das ist dann geschehen und zwar durch Beschluß des Kongresses vom
24. August 1912, d. h. durch die Panamakanalbill, die dem Präsidenten anheim¬
gibt, die Gebühr für Passieren des Kanals auf höchstens 1 Dollar 25 Cents für
ausländische Schiffe zu bemessen (inzwischen ist sie auf 1 Dollar 20 Cents festgesetzt).
Handelsschiffe der Vereinigten Staaten sollten jedoch von Abgaben freibleiben.
Gleichzeitig ist der zollfreie Zugang im Auslande gebauter Handelsschiffe erlaubt.

Die Anweisung des Handelsamts vom 30. August 1912 an die Zollämter
gibt über den Sinn dieser Bestimmungen nähere Auskunft, Mit der Befreiung
der amerikanischen Flagge brauchen wir uns nicht weiter aufzuhalten. Über
die Zulassung fremder Schiffe zur amerikanischen Flagge heißt es dort:


" . . . . nach diesem Gesetz dürfen in das Register und zwar aus¬
schließlich für den Handel mit fremden Ländern oder mit den Philippinen
gebracht werden: Seeschiffe, ob Dampf- oder Segelschiffe, die von der
nordamerikanischen Dampferinspektion zur Beförderung trockner und verderblicher
Ladung als sicher befunden, zur Zeit der Anmeldung für das Register nicht älter
als fünf Jahre sind, wo sie auch immer gebaut sind, ... im alleinigen Eigentum
von Bürgern oder organisierten Gesellschaften der Vereinigten Staaten (orga¬
nisiert nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten oder eines Einzelstaates
derselben), deren Präsident und leitende Direktoren Bürger der Vereinigten
Staaten (und keines anderen Staates) sein sollen. Vom Küstenhandel sollen
sie jedoch ausgeschlossen sein."

Letzteres ist die einzige Benachteiligung gegen in Amerika selbst gebaute
Schiffe. Ja, eingeführte fremde Schiffe dürfen sogar, wie noch ausdrücklich


Amerika am Lau seiner Handelsflotte

hier näher nicht dargelegt zu werden. Ursprünglich hat wohl kaum die Absicht
bestanden, die Wirtschaftspolitik des Seewesens aus diesem Anlaß zu ändern.
AIs man jedoch die japanische Handelsflotte immer schneller wachsen sah, kam
es auch den Amerikanern mehr und mehr zum Bewußtsein, einen wie seltsamen
Eindruck es machen müsse, wenn die Amerikaner die in ihrem Besitz befindliche
entscheidende Verkehrsader durch die westliche Halbkugel fast ausschließlich von
Schiffen fremder Völker befahren ließen. Weiter überzeugten sie sich auch an
eigenen und fremden Erfahrungen, daß jede Flottenaktion des Bestandes einer
bedeutenden Flotte von Handelsdampfern bedürfe.

Wie aber sollte man diesen erlangen? Mit Schiffsbau- und Neederei-
subventionen ans Ziel zu kommen, wie die Interessenten wollten, erschien aus¬
sichtslos. Auch die Befreiung der amerikanischen Schiffe von der Gebühr im
Panamakanal, übrigens auch nichts weiter als eine Subvention, konnte noch
weniger nützen. Es mußte schon der große Entschluß hinzukommen, zu erlauben,
daß im Auslande gebaute Schiffe in das Eigentum nordamerikanischer Bürger
und zugleich in das Flaggenregister der Vereinigten Staaten übergehen könnten,
und zwar zollfrei. Damit sollte zugleich das Handwerkszeug gewonnen werden
für eine Erweiterung der wirtschaftlichen Weltpolitik mit Bezug auf die Schiffahrt,
ja auch vielleicht mit Bezug auf die Politik überhaupt.

Das ist dann geschehen und zwar durch Beschluß des Kongresses vom
24. August 1912, d. h. durch die Panamakanalbill, die dem Präsidenten anheim¬
gibt, die Gebühr für Passieren des Kanals auf höchstens 1 Dollar 25 Cents für
ausländische Schiffe zu bemessen (inzwischen ist sie auf 1 Dollar 20 Cents festgesetzt).
Handelsschiffe der Vereinigten Staaten sollten jedoch von Abgaben freibleiben.
Gleichzeitig ist der zollfreie Zugang im Auslande gebauter Handelsschiffe erlaubt.

Die Anweisung des Handelsamts vom 30. August 1912 an die Zollämter
gibt über den Sinn dieser Bestimmungen nähere Auskunft, Mit der Befreiung
der amerikanischen Flagge brauchen wir uns nicht weiter aufzuhalten. Über
die Zulassung fremder Schiffe zur amerikanischen Flagge heißt es dort:


„ . . . . nach diesem Gesetz dürfen in das Register und zwar aus¬
schließlich für den Handel mit fremden Ländern oder mit den Philippinen
gebracht werden: Seeschiffe, ob Dampf- oder Segelschiffe, die von der
nordamerikanischen Dampferinspektion zur Beförderung trockner und verderblicher
Ladung als sicher befunden, zur Zeit der Anmeldung für das Register nicht älter
als fünf Jahre sind, wo sie auch immer gebaut sind, ... im alleinigen Eigentum
von Bürgern oder organisierten Gesellschaften der Vereinigten Staaten (orga¬
nisiert nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten oder eines Einzelstaates
derselben), deren Präsident und leitende Direktoren Bürger der Vereinigten
Staaten (und keines anderen Staates) sein sollen. Vom Küstenhandel sollen
sie jedoch ausgeschlossen sein."

Letzteres ist die einzige Benachteiligung gegen in Amerika selbst gebaute
Schiffe. Ja, eingeführte fremde Schiffe dürfen sogar, wie noch ausdrücklich


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[0606] Amerika am Lau seiner Handelsflotte hier näher nicht dargelegt zu werden. Ursprünglich hat wohl kaum die Absicht bestanden, die Wirtschaftspolitik des Seewesens aus diesem Anlaß zu ändern. AIs man jedoch die japanische Handelsflotte immer schneller wachsen sah, kam es auch den Amerikanern mehr und mehr zum Bewußtsein, einen wie seltsamen Eindruck es machen müsse, wenn die Amerikaner die in ihrem Besitz befindliche entscheidende Verkehrsader durch die westliche Halbkugel fast ausschließlich von Schiffen fremder Völker befahren ließen. Weiter überzeugten sie sich auch an eigenen und fremden Erfahrungen, daß jede Flottenaktion des Bestandes einer bedeutenden Flotte von Handelsdampfern bedürfe. Wie aber sollte man diesen erlangen? Mit Schiffsbau- und Neederei- subventionen ans Ziel zu kommen, wie die Interessenten wollten, erschien aus¬ sichtslos. Auch die Befreiung der amerikanischen Schiffe von der Gebühr im Panamakanal, übrigens auch nichts weiter als eine Subvention, konnte noch weniger nützen. Es mußte schon der große Entschluß hinzukommen, zu erlauben, daß im Auslande gebaute Schiffe in das Eigentum nordamerikanischer Bürger und zugleich in das Flaggenregister der Vereinigten Staaten übergehen könnten, und zwar zollfrei. Damit sollte zugleich das Handwerkszeug gewonnen werden für eine Erweiterung der wirtschaftlichen Weltpolitik mit Bezug auf die Schiffahrt, ja auch vielleicht mit Bezug auf die Politik überhaupt. Das ist dann geschehen und zwar durch Beschluß des Kongresses vom 24. August 1912, d. h. durch die Panamakanalbill, die dem Präsidenten anheim¬ gibt, die Gebühr für Passieren des Kanals auf höchstens 1 Dollar 25 Cents für ausländische Schiffe zu bemessen (inzwischen ist sie auf 1 Dollar 20 Cents festgesetzt). Handelsschiffe der Vereinigten Staaten sollten jedoch von Abgaben freibleiben. Gleichzeitig ist der zollfreie Zugang im Auslande gebauter Handelsschiffe erlaubt. Die Anweisung des Handelsamts vom 30. August 1912 an die Zollämter gibt über den Sinn dieser Bestimmungen nähere Auskunft, Mit der Befreiung der amerikanischen Flagge brauchen wir uns nicht weiter aufzuhalten. Über die Zulassung fremder Schiffe zur amerikanischen Flagge heißt es dort: „ . . . . nach diesem Gesetz dürfen in das Register und zwar aus¬ schließlich für den Handel mit fremden Ländern oder mit den Philippinen gebracht werden: Seeschiffe, ob Dampf- oder Segelschiffe, die von der nordamerikanischen Dampferinspektion zur Beförderung trockner und verderblicher Ladung als sicher befunden, zur Zeit der Anmeldung für das Register nicht älter als fünf Jahre sind, wo sie auch immer gebaut sind, ... im alleinigen Eigentum von Bürgern oder organisierten Gesellschaften der Vereinigten Staaten (orga¬ nisiert nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten oder eines Einzelstaates derselben), deren Präsident und leitende Direktoren Bürger der Vereinigten Staaten (und keines anderen Staates) sein sollen. Vom Küstenhandel sollen sie jedoch ausgeschlossen sein." Letzteres ist die einzige Benachteiligung gegen in Amerika selbst gebaute Schiffe. Ja, eingeführte fremde Schiffe dürfen sogar, wie noch ausdrücklich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/606>, abgerufen am 15.01.2025.