Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Reichsspiegel Kreditnot. Zweite Hypotheken sind nicht aufzutreiben. Bauunternehmer und Reichsspiegel Kreditnot. Zweite Hypotheken sind nicht aufzutreiben. Bauunternehmer und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0601" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/323003"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_2985" prev="#ID_2984" next="#ID_2986"> Kreditnot. Zweite Hypotheken sind nicht aufzutreiben. Bauunternehmer und<lb/> Häuserbesitzer gehen an diesem Kapitalmangel zugrunde. Das scheint ein Wider¬<lb/> spruch. Er löst sich aber, wenn man der Frage auf den Grund geht. Die<lb/> Kapitalien, welche der Realkredit der Hypothekenbanken dem städtischen Grund¬<lb/> besitz zur Verfügung stellt, kommen zum überwiegenden Teil dem Boden¬<lb/> eigentümer zugute, dagegen nicht dem Produzenten, dem Erbauer. Der<lb/> Produktivkredit ist es, der fehlt. Der Produzent kann keinen Kredit<lb/> erhalten, weil er mit seiner Arbeit kein selbständiges Wertobjekt schafft. Das<lb/> Haus weicht dem Grund und Boden; nur der letztere, nicht das Haus als<lb/> solches kann beliehen werden. Daher nimmt der Grundeigentümer die zur<lb/> Verfügung stehenden Kreditkapitalien für sich in Beschlag; das zu erbauende<lb/> Haus und der dadurch geschaffene Mehrwert dient nur dazu, seinen Besitzkredit<lb/> zu erhöhen, während der Produzent leer ausgeht. Das Übermaß dieses Besitz¬<lb/> kredites, die Leichtigkeit ihn zu erhalten und zu erhöhen übt dann die bekannte<lb/> bodenpreissteigende Wirkung in den Großstädten. Ein ganz typischer Fall der<lb/> letzten Tage läßt dies klar erkennen. Eine Berliner Jmmobilienfirma ist in<lb/> Zahlungsschwierigkeiten geraten. Sie besaß in Charlottenburg ein größeres<lb/> Anwesen, welches sie „der Bebauung erschließen" wollte. Für dieses Terrain<lb/> rechnete sie auf Grund der bestehenden Bauordnung mit der Erbauung der<lb/> bekannten fünf- oder sechsstöckigen Mietskasernen. Unter dieser Annahme war</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0601]
Reichsspiegel
Kreditnot. Zweite Hypotheken sind nicht aufzutreiben. Bauunternehmer und
Häuserbesitzer gehen an diesem Kapitalmangel zugrunde. Das scheint ein Wider¬
spruch. Er löst sich aber, wenn man der Frage auf den Grund geht. Die
Kapitalien, welche der Realkredit der Hypothekenbanken dem städtischen Grund¬
besitz zur Verfügung stellt, kommen zum überwiegenden Teil dem Boden¬
eigentümer zugute, dagegen nicht dem Produzenten, dem Erbauer. Der
Produktivkredit ist es, der fehlt. Der Produzent kann keinen Kredit
erhalten, weil er mit seiner Arbeit kein selbständiges Wertobjekt schafft. Das
Haus weicht dem Grund und Boden; nur der letztere, nicht das Haus als
solches kann beliehen werden. Daher nimmt der Grundeigentümer die zur
Verfügung stehenden Kreditkapitalien für sich in Beschlag; das zu erbauende
Haus und der dadurch geschaffene Mehrwert dient nur dazu, seinen Besitzkredit
zu erhöhen, während der Produzent leer ausgeht. Das Übermaß dieses Besitz¬
kredites, die Leichtigkeit ihn zu erhalten und zu erhöhen übt dann die bekannte
bodenpreissteigende Wirkung in den Großstädten. Ein ganz typischer Fall der
letzten Tage läßt dies klar erkennen. Eine Berliner Jmmobilienfirma ist in
Zahlungsschwierigkeiten geraten. Sie besaß in Charlottenburg ein größeres
Anwesen, welches sie „der Bebauung erschließen" wollte. Für dieses Terrain
rechnete sie auf Grund der bestehenden Bauordnung mit der Erbauung der
bekannten fünf- oder sechsstöckigen Mietskasernen. Unter dieser Annahme war
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