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Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.

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Reichssxiegel

zweete an den Geldmarkt appellieren sollte. Nun steht aber noch im Hinter¬
grunde der immense Kapitalbedarf des neuen Chinas, dessen Befriedigung
unaufschieblich ist und den europäischen Märkten zur Last fallt. Man weiß, daß
China seinerzeit mit dem sogenannten Sechs-Mächte-Sundikat über eine
Anleihe von 1^ Milliarde Mark verhandelt hat und daß ihm die Gewährung
derselben unter bestimmten Kontrollmaßregeln zugesagt wurde. China hat die
ihm gestellten Bedingungen nicht akzeptiert und sich einstweilen durch eine kleinere
Anleihe geholfen, die eine englische Firma finanzierte. Doch hat diese mit einem
Mißerfolg geendet und es wird China nunmehr nichts übrig bleiben, als sich
über die große Anleihe aufs neue mit dem Sechs-Mächte-Sundikat zu ver¬
ständigen.

Es sind also ganz gewaltige Summen, welche der Geldmarkt voraussichtlich
im kommenden Frühjahr aufzubringen haben wird. Ein großer Teil der Ansprüche,
so vor allem die italienische Anleihe, fällt freilich nicht dem deutschen Geldmarkt
zur Last. Anderen aber kann er sich nicht entziehen, so namentlich nicht dem
Geldbedarf der befreundeten Donaumonarchie und den Ansprüchen Chinas, sür
die einzutreten ihn vertragliche Verpflichtungen wie politische Rücksichten zwingen.
Wir werden also wieder in die Notwendigkeit versetzt sein, für ausländische
Zwecke Geld ausbringen zu müssen zu einem Zeitpunkte, wo nicht nur unser
Kapitalmarkt der Stärkung und Erholung dringend bedarf, sondern wo auch
noch unaufjchiebliche inländische Ansprüche an ihn herantreten werden. Es sei




Reichssxiegel

zweete an den Geldmarkt appellieren sollte. Nun steht aber noch im Hinter¬
grunde der immense Kapitalbedarf des neuen Chinas, dessen Befriedigung
unaufschieblich ist und den europäischen Märkten zur Last fallt. Man weiß, daß
China seinerzeit mit dem sogenannten Sechs-Mächte-Sundikat über eine
Anleihe von 1^ Milliarde Mark verhandelt hat und daß ihm die Gewährung
derselben unter bestimmten Kontrollmaßregeln zugesagt wurde. China hat die
ihm gestellten Bedingungen nicht akzeptiert und sich einstweilen durch eine kleinere
Anleihe geholfen, die eine englische Firma finanzierte. Doch hat diese mit einem
Mißerfolg geendet und es wird China nunmehr nichts übrig bleiben, als sich
über die große Anleihe aufs neue mit dem Sechs-Mächte-Sundikat zu ver¬
ständigen.

Es sind also ganz gewaltige Summen, welche der Geldmarkt voraussichtlich
im kommenden Frühjahr aufzubringen haben wird. Ein großer Teil der Ansprüche,
so vor allem die italienische Anleihe, fällt freilich nicht dem deutschen Geldmarkt
zur Last. Anderen aber kann er sich nicht entziehen, so namentlich nicht dem
Geldbedarf der befreundeten Donaumonarchie und den Ansprüchen Chinas, sür
die einzutreten ihn vertragliche Verpflichtungen wie politische Rücksichten zwingen.
Wir werden also wieder in die Notwendigkeit versetzt sein, für ausländische
Zwecke Geld ausbringen zu müssen zu einem Zeitpunkte, wo nicht nur unser
Kapitalmarkt der Stärkung und Erholung dringend bedarf, sondern wo auch
noch unaufjchiebliche inländische Ansprüche an ihn herantreten werden. Es sei




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[0498] Reichssxiegel zweete an den Geldmarkt appellieren sollte. Nun steht aber noch im Hinter¬ grunde der immense Kapitalbedarf des neuen Chinas, dessen Befriedigung unaufschieblich ist und den europäischen Märkten zur Last fallt. Man weiß, daß China seinerzeit mit dem sogenannten Sechs-Mächte-Sundikat über eine Anleihe von 1^ Milliarde Mark verhandelt hat und daß ihm die Gewährung derselben unter bestimmten Kontrollmaßregeln zugesagt wurde. China hat die ihm gestellten Bedingungen nicht akzeptiert und sich einstweilen durch eine kleinere Anleihe geholfen, die eine englische Firma finanzierte. Doch hat diese mit einem Mißerfolg geendet und es wird China nunmehr nichts übrig bleiben, als sich über die große Anleihe aufs neue mit dem Sechs-Mächte-Sundikat zu ver¬ ständigen. Es sind also ganz gewaltige Summen, welche der Geldmarkt voraussichtlich im kommenden Frühjahr aufzubringen haben wird. Ein großer Teil der Ansprüche, so vor allem die italienische Anleihe, fällt freilich nicht dem deutschen Geldmarkt zur Last. Anderen aber kann er sich nicht entziehen, so namentlich nicht dem Geldbedarf der befreundeten Donaumonarchie und den Ansprüchen Chinas, sür die einzutreten ihn vertragliche Verpflichtungen wie politische Rücksichten zwingen. Wir werden also wieder in die Notwendigkeit versetzt sein, für ausländische Zwecke Geld ausbringen zu müssen zu einem Zeitpunkte, wo nicht nur unser Kapitalmarkt der Stärkung und Erholung dringend bedarf, sondern wo auch noch unaufjchiebliche inländische Ansprüche an ihn herantreten werden. Es sei

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341895_322400/498>, abgerufen am 15.01.2025.