Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] wir wünschen der wertvollen Publikation die Länder- und Völkerkunde Zwei Eroberungen. Die letzten Jahre norwegischen Original, erscheint die deutsche Maßgebliches und Unmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] wir wünschen der wertvollen Publikation die Länder- und Völkerkunde Zwei Eroberungen. Die letzten Jahre norwegischen Original, erscheint die deutsche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0489" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322891"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_2469" prev="#ID_2468"> wir wünschen der wertvollen Publikation die<lb/><note type="byline"> M, A.</note> ihr zukommende Beachtung. </p> </div> <div n="2"> <head> Länder- und Völkerkunde</head> <p xml:id="ID_2470" next="#ID_2471"> Zwei Eroberungen. Die letzten Jahre<lb/> haben dem friedlichen Wettkampfe der Nationen<lb/> Erfolge beschert, die während mehrerer Jahr¬<lb/> hunderte das vergeblich ersehnte und unter<lb/> ungeheuren Anstrengungen und Opfern zu<lb/> erreichen gesuchte Ziel vieler unerschrockener<lb/> Männer waren. Innerhalb einer kurzen<lb/> Spanne Zeit fiel sowohl der Schleier, der<lb/> das Geheimnis des nördlichsten Punktes des<lb/> Erdballs deckte, als auch derjenige seines süd¬<lb/> lichsten. In die Ehre, ihre Flagge erstmalig<lb/> am Nord- und am Südpol aufgepflanzt zu<lb/> haben, teilen sich die Amerikaner und die<lb/> Norweger. Kleinlicher Neid und häßliche<lb/> Eifersucht haben die Freude über die Er¬<lb/> reichung des Nordpols zu keiner ungetrübten<lb/> werden lassen. Der unerquickliche Streit<lb/> zwischen Peary und Cook ist noch in aller<lb/> Gedächtnis, er wird jetzt von neuem wach¬<lb/> gerufen durch das Erscheinen der deutschen<lb/> Ausgabe von Fred. A. Cook: „Meine Er¬<lb/> oberung des Nordpols" (Hamburg, Alfred<lb/> Janssen. Geb. 10 M.). In einem stattlichen<lb/> Bande gibt Cook einen genauen Bericht über<lb/> seinen Aufenthalt unter den Eskimos und über<lb/> seinen Zug nach dem Norden. Für jeden Tag<lb/> seines Vordringens zum Pol sind die Zahlen<lb/> her erreichten Breite, der Temperatur usw.<lb/> angegeben, sowie die Mittel genannt, die er<lb/> anwandte, um eine möglichst einwandfreie<lb/> Ortsbestimmung zu erzielen. Interessant ist,<lb/> daß Cook sich dabei auch auf oft wiederholte<lb/> Messung der Schattenlänge stützt. Die Er¬<lb/> klärungen, die er dazu gibt, sind einleuchtend,<lb/> sie werden Wohl auch wissenschaftlichen Nach¬<lb/> prüfungen standhalten. Mag Cook nun den<lb/> Nordpol erreicht haben oder nicht — neben¬<lb/> bei sei bemerkt, daß Amundsen und mit<lb/> ihm eine ganze Anzahl Polarforscher daran<lb/> nicht zweifeln —, so ist sein Buch doch als<lb/> eine Bereicherung der Literatur über die<lb/> Arktis zu begrüßen. Noch mehr würde dies<lb/> der Fall sein, wenn die Polemik gegen Peary<lb/> nicht so sehr in den Vordergrund träte. —<lb/> Tode um den Vorrang als Nordpolsieger der<lb/> Kampf, des Südpols unbestrittener Bezwinger<lb/> ist Roald Amundsen. Soeben, noch vor demi</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_2471" prev="#ID_2470" next="#ID_2472"> norwegischen Original, erscheint die deutsche<lb/> Ausgabe seines Buches: „Die Eroberung des<lb/> Südpols" bei I. F. Lehmann in München<lb/> (zwei Bände mit über dreihundert Abbildungen,<lb/> Karten und Plänen, geb. 22 M-). Amundsen<lb/> wußte sich die Erfahrungen seiner Vorgänger<lb/> in der Antarktis klug zunutze zu machen. Ab¬<lb/> weichend von Scott und Shackleton, um nur<lb/> die letzten zu nennen, wählte er gerade die<lb/> vielgenannte Eisplatte als Stützpunkt sür<lb/> seinen Vorstoß nach Süden. Er erkannte klar,<lb/> daß die von Roß 1841 entdeckte und nach ihm<lb/> benannte ungeheure, feste Eisfläche, die den<lb/> südlichen Teil des Roßmeeres bedeckt, ein<lb/> dauerhaftes Gebilde darstellt und vermutete,<lb/> daß der Weg über sie mit erheblich weniger<lb/> Anstrengungen und Gefahr verknüpft sein<lb/> würde, als das Vordringen von irgend¬<lb/> einem anderen Punkte aus. Der Erfolg<lb/> hat ihm Recht gegeben. BewundernSwert<lb/> ist das Organisationstalent Amundsens. Die<lb/> in regelmäßigen Etappen vorgeschobenen<lb/> Lebensmittelniederlagen, die weise Ein¬<lb/> teilung der Kräfte von Mensch und Tier<lb/> und nicht zuletzt die Kunst, die Expeditions¬<lb/> teilnehmer während der ganzen Zeit in reger<lb/> Tätigkeit und vollständig gesund zu erhalten,<lb/> haben die einzig dastehende Reise und den<lb/> glänzenden Erfolg ermöglicht. Die Wissen¬<lb/> schaft hat durch den kühnen Zug Amundsens<lb/> und seiner wackeren Begleiter die wertvollsten<lb/> Aufklärungen über den antarktischen Kontinent<lb/> erhalten. Während den Nordpol ein 4000Meter<lb/> tiefes Meer bedeckt, erhebt sich am Südpol<lb/> festes Land zu einer über 3000 Meter hoch<lb/> liegenden großen Ebene, die von Rand¬<lb/> gebirgen eingeschlossen wird. Äußerst inter¬<lb/> essant versteht Amundsen seine Reise zu<lb/> schildern, keinen trockenen Bericht, sondern<lb/> eine lebensvolle prächtige Darstellung enthält<lb/> daS Buch. Mit Plastischer Anschaulichkeit spricht<lb/> er über das Leben und Treiben im Winter¬<lb/> quartier „Framheim", mit unverhüllter Liebe<lb/> über die erhabene Natur und deren zwei-<lb/> und vierbeinige Geschöpfe. Letzteren, den<lb/> treuen Hunden, ist ein nicht geringer Raum<lb/> im Buche zugebilligt, und mit Recht, denn<lb/> ohne die Hilfe dieser Tiere wäre der Pol Wohl<lb/> noch nicht sobald erreicht worden. Amundsens<lb/> Buch stellt sich würdig den besten Werken über<lb/> Polarreisen an die Seite, es bietet den Lesern,</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0489]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
wir wünschen der wertvollen Publikation die
M, A. ihr zukommende Beachtung.
Länder- und Völkerkunde Zwei Eroberungen. Die letzten Jahre
haben dem friedlichen Wettkampfe der Nationen
Erfolge beschert, die während mehrerer Jahr¬
hunderte das vergeblich ersehnte und unter
ungeheuren Anstrengungen und Opfern zu
erreichen gesuchte Ziel vieler unerschrockener
Männer waren. Innerhalb einer kurzen
Spanne Zeit fiel sowohl der Schleier, der
das Geheimnis des nördlichsten Punktes des
Erdballs deckte, als auch derjenige seines süd¬
lichsten. In die Ehre, ihre Flagge erstmalig
am Nord- und am Südpol aufgepflanzt zu
haben, teilen sich die Amerikaner und die
Norweger. Kleinlicher Neid und häßliche
Eifersucht haben die Freude über die Er¬
reichung des Nordpols zu keiner ungetrübten
werden lassen. Der unerquickliche Streit
zwischen Peary und Cook ist noch in aller
Gedächtnis, er wird jetzt von neuem wach¬
gerufen durch das Erscheinen der deutschen
Ausgabe von Fred. A. Cook: „Meine Er¬
oberung des Nordpols" (Hamburg, Alfred
Janssen. Geb. 10 M.). In einem stattlichen
Bande gibt Cook einen genauen Bericht über
seinen Aufenthalt unter den Eskimos und über
seinen Zug nach dem Norden. Für jeden Tag
seines Vordringens zum Pol sind die Zahlen
her erreichten Breite, der Temperatur usw.
angegeben, sowie die Mittel genannt, die er
anwandte, um eine möglichst einwandfreie
Ortsbestimmung zu erzielen. Interessant ist,
daß Cook sich dabei auch auf oft wiederholte
Messung der Schattenlänge stützt. Die Er¬
klärungen, die er dazu gibt, sind einleuchtend,
sie werden Wohl auch wissenschaftlichen Nach¬
prüfungen standhalten. Mag Cook nun den
Nordpol erreicht haben oder nicht — neben¬
bei sei bemerkt, daß Amundsen und mit
ihm eine ganze Anzahl Polarforscher daran
nicht zweifeln —, so ist sein Buch doch als
eine Bereicherung der Literatur über die
Arktis zu begrüßen. Noch mehr würde dies
der Fall sein, wenn die Polemik gegen Peary
nicht so sehr in den Vordergrund träte. —
Tode um den Vorrang als Nordpolsieger der
Kampf, des Südpols unbestrittener Bezwinger
ist Roald Amundsen. Soeben, noch vor demi
norwegischen Original, erscheint die deutsche
Ausgabe seines Buches: „Die Eroberung des
Südpols" bei I. F. Lehmann in München
(zwei Bände mit über dreihundert Abbildungen,
Karten und Plänen, geb. 22 M-). Amundsen
wußte sich die Erfahrungen seiner Vorgänger
in der Antarktis klug zunutze zu machen. Ab¬
weichend von Scott und Shackleton, um nur
die letzten zu nennen, wählte er gerade die
vielgenannte Eisplatte als Stützpunkt sür
seinen Vorstoß nach Süden. Er erkannte klar,
daß die von Roß 1841 entdeckte und nach ihm
benannte ungeheure, feste Eisfläche, die den
südlichen Teil des Roßmeeres bedeckt, ein
dauerhaftes Gebilde darstellt und vermutete,
daß der Weg über sie mit erheblich weniger
Anstrengungen und Gefahr verknüpft sein
würde, als das Vordringen von irgend¬
einem anderen Punkte aus. Der Erfolg
hat ihm Recht gegeben. BewundernSwert
ist das Organisationstalent Amundsens. Die
in regelmäßigen Etappen vorgeschobenen
Lebensmittelniederlagen, die weise Ein¬
teilung der Kräfte von Mensch und Tier
und nicht zuletzt die Kunst, die Expeditions¬
teilnehmer während der ganzen Zeit in reger
Tätigkeit und vollständig gesund zu erhalten,
haben die einzig dastehende Reise und den
glänzenden Erfolg ermöglicht. Die Wissen¬
schaft hat durch den kühnen Zug Amundsens
und seiner wackeren Begleiter die wertvollsten
Aufklärungen über den antarktischen Kontinent
erhalten. Während den Nordpol ein 4000Meter
tiefes Meer bedeckt, erhebt sich am Südpol
festes Land zu einer über 3000 Meter hoch
liegenden großen Ebene, die von Rand¬
gebirgen eingeschlossen wird. Äußerst inter¬
essant versteht Amundsen seine Reise zu
schildern, keinen trockenen Bericht, sondern
eine lebensvolle prächtige Darstellung enthält
daS Buch. Mit Plastischer Anschaulichkeit spricht
er über das Leben und Treiben im Winter¬
quartier „Framheim", mit unverhüllter Liebe
über die erhabene Natur und deren zwei-
und vierbeinige Geschöpfe. Letzteren, den
treuen Hunden, ist ein nicht geringer Raum
im Buche zugebilligt, und mit Recht, denn
ohne die Hilfe dieser Tiere wäre der Pol Wohl
noch nicht sobald erreicht worden. Amundsens
Buch stellt sich würdig den besten Werken über
Polarreisen an die Seite, es bietet den Lesern,
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