Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Südafrikanische Lindrücke breiter Streifen, der das goldhaltige Quarz birgt: der Witwatersrand oder Aber diesem Land fehlt der Schimmer von Romantik und Abenteuern, der So zieht sich zu beiden Seiten der Bahn eine Goldmine neben der anderen Wenn man wirklich Romantik sucht, so würde man sie eher noch in 6. Kapstadt Alles, was die Natur in Südafrika an Lieblichkeit der Landschaft, Frucht¬ Südafrikanische Lindrücke breiter Streifen, der das goldhaltige Quarz birgt: der Witwatersrand oder Aber diesem Land fehlt der Schimmer von Romantik und Abenteuern, der So zieht sich zu beiden Seiten der Bahn eine Goldmine neben der anderen Wenn man wirklich Romantik sucht, so würde man sie eher noch in 6. Kapstadt Alles, was die Natur in Südafrika an Lieblichkeit der Landschaft, Frucht¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322781"/> <fw type="header" place="top"> Südafrikanische Lindrücke</fw><lb/> <p xml:id="ID_1800" prev="#ID_1799"> breiter Streifen, der das goldhaltige Quarz birgt: der Witwatersrand oder<lb/> kurzweg Rand genannt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1801"> Aber diesem Land fehlt der Schimmer von Romantik und Abenteuern, der<lb/> sonst die Goldländer umstrahlt. Nüchtern, wie das Land, ist auch der Betrieb.<lb/> Das Gold wird nicht gefunden, es wird gewonnen. Hier findet kein Goldsucher<lb/> nach unsäglichen Anstrengungen den Goldklumpen, der ihn mit einem Schlage<lb/> zum reichen Manne macht; hier werden keine blutigen Kämpfe gefochten um<lb/> Claims und goldhaltige Stellen. Hier herrscht der kühlrechnende Kaufmann;<lb/> hier arbeitet das Großkapital international und unpersönlich, mit allen Mitteln<lb/> der Technik, die ihm zu Gebote stehen. Denn das Gold zeigt sich hier nicht,<lb/> launisch wie die Glücksgöttin, an der einen Stelle in überreichen Adern, wenige<lb/> Schritte davon wieder verschwindend. Es sitzt, dem unbewaffneten Auge un¬<lb/> sichtbar, aber gleichmäßig verteilt und immer vorhanden, im Quarzgestein. Nun<lb/> braucht der Geologe nur die Mächtigkeit dieser Quarzadern zu berechnen, der<lb/> Techniker die Schächte zu bauen, aus denen das Gestein herausgeholt wird und<lb/> die Mörser, in denen es zu weißem Mehl verstampft wird; der Chemiker die<lb/> Säuren zu bereiten, die das Gold aus jenem Staub herausziehen; und der<lb/> Kaufmann kann sich seinen Gewinn kalkulieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1802"> So zieht sich zu beiden Seiten der Bahn eine Goldmine neben der anderen<lb/> hin: Schornsteine, Fabriken, Berge weißen, gemahlenen Quarzes, Wellblechhäuser<lb/> Maultiergespanne. Als ob man zwischen Düsseldorf und Bochum durch Kohlen¬<lb/> zechen und Hochöfen führe. Alles nüchtern und arbeitsam.</p><lb/> <p xml:id="ID_1803"> Wenn man wirklich Romantik sucht, so würde man sie eher noch in<lb/> Johannesburg finden. Auch hier nicht die Romantik der westamerikanischen<lb/> Minenstadt mit Spielhöllen und Branntweinspelunken, Goldsuchern mit Revolvern<lb/> und breitrandigen Hüten. Denn Johannesburg ist eine moderne Großstadt mit<lb/> allem Komfort, Warmhäusern, feinen Hotels und Villenviertel. Aber die Ro¬<lb/> mantik der ganz modernen Stadt, die jetzt hundertundzwanzigtausend weiße<lb/> Einwohner beherbergt, wo vor dreißig Jahren kaum ein Haus stand, hat es<lb/> sich doch noch bewahrt; noch hat es die Romantik der Stadt, die noch nicht in<lb/> sich gefestigt ist und keine Vergangenheit hat; die Romantik der Stadt, in der<lb/> Zehntausende nach dem Glück jagen, ihr ganzes Hab und Gut in dem Jen<lb/> des Börsenspiels anlegen; in der der eine zur Höhe der reichsten Männer der<lb/> Erde emporsteigt, der andere seines Geldes beraubt wird und wieder zur Arbeit<lb/> seiner Hände greifen muß, um sein tägliches Brot zu verdienen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 6. Kapstadt</head><lb/> <p xml:id="ID_1804" next="#ID_1805"> Alles, was die Natur in Südafrika an Lieblichkeit der Landschaft, Frucht¬<lb/> barkeit des Bodens übrig hatte, scheint sie auf Kapstadt vereinigt zu haben.<lb/> Hier hat sie einen der schönsten Häfen der Welt geschaffen: das mächtige, ein¬<lb/> fache Massiv des beherrschenden Tafelberges, eingerahmt von den bizarren Linien<lb/> kleinerer, steiler Berge. Zu ihren Füßen brandet das Meer und wirft seine</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0379]
Südafrikanische Lindrücke
breiter Streifen, der das goldhaltige Quarz birgt: der Witwatersrand oder
kurzweg Rand genannt.
Aber diesem Land fehlt der Schimmer von Romantik und Abenteuern, der
sonst die Goldländer umstrahlt. Nüchtern, wie das Land, ist auch der Betrieb.
Das Gold wird nicht gefunden, es wird gewonnen. Hier findet kein Goldsucher
nach unsäglichen Anstrengungen den Goldklumpen, der ihn mit einem Schlage
zum reichen Manne macht; hier werden keine blutigen Kämpfe gefochten um
Claims und goldhaltige Stellen. Hier herrscht der kühlrechnende Kaufmann;
hier arbeitet das Großkapital international und unpersönlich, mit allen Mitteln
der Technik, die ihm zu Gebote stehen. Denn das Gold zeigt sich hier nicht,
launisch wie die Glücksgöttin, an der einen Stelle in überreichen Adern, wenige
Schritte davon wieder verschwindend. Es sitzt, dem unbewaffneten Auge un¬
sichtbar, aber gleichmäßig verteilt und immer vorhanden, im Quarzgestein. Nun
braucht der Geologe nur die Mächtigkeit dieser Quarzadern zu berechnen, der
Techniker die Schächte zu bauen, aus denen das Gestein herausgeholt wird und
die Mörser, in denen es zu weißem Mehl verstampft wird; der Chemiker die
Säuren zu bereiten, die das Gold aus jenem Staub herausziehen; und der
Kaufmann kann sich seinen Gewinn kalkulieren.
So zieht sich zu beiden Seiten der Bahn eine Goldmine neben der anderen
hin: Schornsteine, Fabriken, Berge weißen, gemahlenen Quarzes, Wellblechhäuser
Maultiergespanne. Als ob man zwischen Düsseldorf und Bochum durch Kohlen¬
zechen und Hochöfen führe. Alles nüchtern und arbeitsam.
Wenn man wirklich Romantik sucht, so würde man sie eher noch in
Johannesburg finden. Auch hier nicht die Romantik der westamerikanischen
Minenstadt mit Spielhöllen und Branntweinspelunken, Goldsuchern mit Revolvern
und breitrandigen Hüten. Denn Johannesburg ist eine moderne Großstadt mit
allem Komfort, Warmhäusern, feinen Hotels und Villenviertel. Aber die Ro¬
mantik der ganz modernen Stadt, die jetzt hundertundzwanzigtausend weiße
Einwohner beherbergt, wo vor dreißig Jahren kaum ein Haus stand, hat es
sich doch noch bewahrt; noch hat es die Romantik der Stadt, die noch nicht in
sich gefestigt ist und keine Vergangenheit hat; die Romantik der Stadt, in der
Zehntausende nach dem Glück jagen, ihr ganzes Hab und Gut in dem Jen
des Börsenspiels anlegen; in der der eine zur Höhe der reichsten Männer der
Erde emporsteigt, der andere seines Geldes beraubt wird und wieder zur Arbeit
seiner Hände greifen muß, um sein tägliches Brot zu verdienen.
6. Kapstadt
Alles, was die Natur in Südafrika an Lieblichkeit der Landschaft, Frucht¬
barkeit des Bodens übrig hatte, scheint sie auf Kapstadt vereinigt zu haben.
Hier hat sie einen der schönsten Häfen der Welt geschaffen: das mächtige, ein¬
fache Massiv des beherrschenden Tafelberges, eingerahmt von den bizarren Linien
kleinerer, steiler Berge. Zu ihren Füßen brandet das Meer und wirft seine
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |