Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.Prometheus und Zarathustra ein etwaiges Verschweigen des Spittelerschen Einflusses hätte hervorgehen All das aber ist nur Möglichkeit. All das kann, darf und will nichts 3. Das ästhetische Material Eine ernstliche Vergleichung beider Werke haben bisher nur Weingärtner, Bernouilli erweitert und bestimmt zugleich die von Weingärtner nur Von der formalen Seite hat Ragaz alledem nur noch die allerdings sehr Die Ähnlichkeit bezieht sich aber auch auf poetische Gestalten. Prometheus und Zarathustra ein etwaiges Verschweigen des Spittelerschen Einflusses hätte hervorgehen All das aber ist nur Möglichkeit. All das kann, darf und will nichts 3. Das ästhetische Material Eine ernstliche Vergleichung beider Werke haben bisher nur Weingärtner, Bernouilli erweitert und bestimmt zugleich die von Weingärtner nur Von der formalen Seite hat Ragaz alledem nur noch die allerdings sehr Die Ähnlichkeit bezieht sich aber auch auf poetische Gestalten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0314" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322716"/> <fw type="header" place="top"> Prometheus und Zarathustra</fw><lb/> <p xml:id="ID_1472" prev="#ID_1471"> ein etwaiges Verschweigen des Spittelerschen Einflusses hätte hervorgehen<lb/> können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1473"> All das aber ist nur Möglichkeit. All das kann, darf und will nichts<lb/> anderes sagen, als daß die Annahme, Nietzsche könnte den „Prometheus" ver¬<lb/> schwiegen haben, aus seiner Psyche heraus geschehen darf. Sie bleibt deshalb<lb/> eine historisch unerwiesene, wenn auch psychologisch zulässige Annahme.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> 3. Das ästhetische Material</head><lb/> <p xml:id="ID_1474"> Eine ernstliche Vergleichung beider Werke haben bisher nur Weingärtner,<lb/> Bernouilli und Ragaz vorgenommen. Vollständigkeit und noch mehr die kritische<lb/> Anwendung der gefundenen Ähnlichkeiten stecken noch in den Anfängen. Nach<lb/> Weingärtner äußert sich die Abhängigkeit des „Zarathustra" vom „Prometheus"<lb/> nicht nur darin, daß in beiden Werken der Held von zwei Tiergestalten begleitet<lb/> wird, „Prometheus" vom Löwen und vom Hündchen, „Zarathustra" vom Adler<lb/> und von der Schlange, sondern auch vielfach in den Gedankengängen, den<lb/> Bildern und der Sprache.</p><lb/> <p xml:id="ID_1475"> Bernouilli erweitert und bestimmt zugleich die von Weingärtner nur<lb/> genannten Ähnlichkeiten. Er weist (a. a. O. S. 390) darauf hin, daß bei<lb/> Spitteler nur ein Nietzschetier, der Adler vorhanden sei, bemerkt aber, daß, da<lb/> über die formale Berührung hinaus der Gedanke, wenn auch nicht die Be¬<lb/> zeichnung des Übermenschen als Leitmotiv Spittelers Dichtung durchzieht, der<lb/> Anschein einer beträchtlichen und höchst bedeutsamen Abhängigkeit unvermeidlich<lb/> ist. sobald die entsprechende Bekanntschaft feststeht (a. a. O. S. 388). In for¬<lb/> maler Hinsicht findet Bernouilli Nietzsches Virtuosität im Aphorismus vor dem<lb/> „Prometheus" bewiesen. „Den unerhörten Zauber der Stimmung schöpfte<lb/> Nietzsche ganz allein nur aus sich selbst und hierin übertrifft er Spitteler an<lb/> Pracht und Glanz, man mag vergleichen wo man will" (S. 390). „Als es<lb/> jedoch galt, für den eigenen Reichtum an Musik und Denkgehalt einen Rahmen<lb/> zu zimmern, könnte Spittelers Werk Vorbild geworden sein; was am stärksten<lb/> an .Epimetheus' erinnert, sind gerade die epischen Ingredienzien ini .Zarathustra'".</p><lb/> <p xml:id="ID_1476"> Von der formalen Seite hat Ragaz alledem nur noch die allerdings sehr<lb/> wichtige Beobachtung hinzuzufügen (a. a. O. S. 105), daß Nietzsches Zarathustra.<lb/> was die Sprachform anbetrifft, als etwas Fremdartiges unter seinen Werken<lb/> steht; „weder in einem früheren noch späteren Werke hat er sich des biblischen<lb/> Stils bedient; es ergab sich auch nicht, wie bei Spitteler, aus seinem Bildungs¬<lb/> gang" (S. 101). „Sowohl Spitteler als Nietzsche verwenden den biblischen<lb/> Stil. Bei Spitteler fallt das nicht auf, da dieser bilderschwere Stil der natür¬<lb/> liche Ausdruck der Eigentümlichkeit seiner Kunst ist; Spitteler ist der Dichter der<lb/> Überwelt, der Visionär, in dessen Phantasie auch die abstraktesten Dinge plastische<lb/> Gestalt annehmen. Bei Nietzsche hingegen erscheint er als etwas durchaus<lb/> Fremdes und auch nur in den? einen Werke.</p><lb/> <p xml:id="ID_1477"> Die Ähnlichkeit bezieht sich aber auch auf poetische Gestalten.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0314]
Prometheus und Zarathustra
ein etwaiges Verschweigen des Spittelerschen Einflusses hätte hervorgehen
können.
All das aber ist nur Möglichkeit. All das kann, darf und will nichts
anderes sagen, als daß die Annahme, Nietzsche könnte den „Prometheus" ver¬
schwiegen haben, aus seiner Psyche heraus geschehen darf. Sie bleibt deshalb
eine historisch unerwiesene, wenn auch psychologisch zulässige Annahme.
3. Das ästhetische Material
Eine ernstliche Vergleichung beider Werke haben bisher nur Weingärtner,
Bernouilli und Ragaz vorgenommen. Vollständigkeit und noch mehr die kritische
Anwendung der gefundenen Ähnlichkeiten stecken noch in den Anfängen. Nach
Weingärtner äußert sich die Abhängigkeit des „Zarathustra" vom „Prometheus"
nicht nur darin, daß in beiden Werken der Held von zwei Tiergestalten begleitet
wird, „Prometheus" vom Löwen und vom Hündchen, „Zarathustra" vom Adler
und von der Schlange, sondern auch vielfach in den Gedankengängen, den
Bildern und der Sprache.
Bernouilli erweitert und bestimmt zugleich die von Weingärtner nur
genannten Ähnlichkeiten. Er weist (a. a. O. S. 390) darauf hin, daß bei
Spitteler nur ein Nietzschetier, der Adler vorhanden sei, bemerkt aber, daß, da
über die formale Berührung hinaus der Gedanke, wenn auch nicht die Be¬
zeichnung des Übermenschen als Leitmotiv Spittelers Dichtung durchzieht, der
Anschein einer beträchtlichen und höchst bedeutsamen Abhängigkeit unvermeidlich
ist. sobald die entsprechende Bekanntschaft feststeht (a. a. O. S. 388). In for¬
maler Hinsicht findet Bernouilli Nietzsches Virtuosität im Aphorismus vor dem
„Prometheus" bewiesen. „Den unerhörten Zauber der Stimmung schöpfte
Nietzsche ganz allein nur aus sich selbst und hierin übertrifft er Spitteler an
Pracht und Glanz, man mag vergleichen wo man will" (S. 390). „Als es
jedoch galt, für den eigenen Reichtum an Musik und Denkgehalt einen Rahmen
zu zimmern, könnte Spittelers Werk Vorbild geworden sein; was am stärksten
an .Epimetheus' erinnert, sind gerade die epischen Ingredienzien ini .Zarathustra'".
Von der formalen Seite hat Ragaz alledem nur noch die allerdings sehr
wichtige Beobachtung hinzuzufügen (a. a. O. S. 105), daß Nietzsches Zarathustra.
was die Sprachform anbetrifft, als etwas Fremdartiges unter seinen Werken
steht; „weder in einem früheren noch späteren Werke hat er sich des biblischen
Stils bedient; es ergab sich auch nicht, wie bei Spitteler, aus seinem Bildungs¬
gang" (S. 101). „Sowohl Spitteler als Nietzsche verwenden den biblischen
Stil. Bei Spitteler fallt das nicht auf, da dieser bilderschwere Stil der natür¬
liche Ausdruck der Eigentümlichkeit seiner Kunst ist; Spitteler ist der Dichter der
Überwelt, der Visionär, in dessen Phantasie auch die abstraktesten Dinge plastische
Gestalt annehmen. Bei Nietzsche hingegen erscheint er als etwas durchaus
Fremdes und auch nur in den? einen Werke.
Die Ähnlichkeit bezieht sich aber auch auf poetische Gestalten.
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