Die Grenzboten. Jg. 71, 1912, Viertes Vierteljahr.vom Disziplinarverfahren Beweis für die Richtigkeit subjektiver Urteile ist schwer zu erbringen. Es gibt Abseits von den hier erörterten Fragen liegt die, wie schon früher, so auch vom Disziplinarverfahren Beweis für die Richtigkeit subjektiver Urteile ist schwer zu erbringen. Es gibt Abseits von den hier erörterten Fragen liegt die, wie schon früher, so auch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0217" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/322619"/> <fw type="header" place="top"> vom Disziplinarverfahren</fw><lb/> <p xml:id="ID_1001" prev="#ID_1000"> Beweis für die Richtigkeit subjektiver Urteile ist schwer zu erbringen. Es gibt<lb/> daher zu Bedenken Anlaß, wenn der Vorgesetzte vom Untergebenen wegen<lb/> der subjektiven Urteile zur Verantwortung gezogen werden kann, zu deren<lb/> rückhaltloser Abgabe er doch verpflichtet ist. Berechtigt ist die Forderung der<lb/> Mitteilung nur für die behaupteten äußeren Tatsachen. Eine darüber hinaus¬<lb/> gehende Verpflichtung zur Mitteilung würde nur die Folge haben, daß die<lb/> subjektiven Urteile, ohne die es nun einmal nicht geht, aus den Personalakten<lb/> irgendwohin anders verschwänden, z. B. in die persönlichen Notizbücher der<lb/> höheren Vorgesetzten, und das dürfte erst recht nicht wünschenswert sein. Übrigens<lb/> sollen z. B. in den Personalakten der Oberlehrer sich Notizen der bezeichneten<lb/> Art überhaupt nicht befinden, die finden sich in den Verwaltungsberichten und<lb/> anderen Stellen, so daß also mit der Mitteilung der Personalakten gar nichts<lb/> erreicht würde. Wenn es auch in anderen Verwaltungen anders sein mag,<lb/> so beweist das doch, wenn es auch nur in einem Berufe so ist, daß mit derartigen<lb/> äußerlichen Bestimmungen sich gar nichts machen läßt und jede zu weit gehende<lb/> Forderung zwecklos ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1002"> Abseits von den hier erörterten Fragen liegt die, wie schon früher, so auch<lb/> kürzlich wieder im Abgeordnetenhause behandelte, ob der Arrest noch als Strafe<lb/> für die Unterbeamten beizubehalten ist. Nach früheren Äußerungen glaubt die<lb/> Staatsregierung an ihm festhalten zu sollen, weil durch die Zulässigkeit dieser<lb/> Strafart es mitunter ermöglicht werde, Beamte noch länger im Dienste zu<lb/> behalten, die sonst nicht mehr haltbar feien. Daß dies zutrifft, ist kaum zu<lb/> bezweifeln. Trotzdem erscheint die Strafe mit den jetzt herrschenden Ehrbegriffen<lb/> unvereinbar. Wie die Unterrichtsverwaltung mit Recht Ohrfeigen in der Schule<lb/> verbietet, trotzdem diese zweifellos manchem Jungen ganz vorzüglich bekommen<lb/> sind Und auch weiter bekommen würden, so muß auch, vom militärischen Ver¬<lb/> hältnis abgesehen, die Arreststrafe für erwachsene Männer als ehrenrührig und<lb/> darum unzulässig angesehen werden. Wenn ein Beamter nicht durch empfindliche<lb/> Geldstrafen und Strafversetzungen zu ziehen ist, so muß er eben des Amtes<lb/> entsetzt werden. Die Arreststrafe ist kränkend für den ganzen Stand.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0217]
vom Disziplinarverfahren
Beweis für die Richtigkeit subjektiver Urteile ist schwer zu erbringen. Es gibt
daher zu Bedenken Anlaß, wenn der Vorgesetzte vom Untergebenen wegen
der subjektiven Urteile zur Verantwortung gezogen werden kann, zu deren
rückhaltloser Abgabe er doch verpflichtet ist. Berechtigt ist die Forderung der
Mitteilung nur für die behaupteten äußeren Tatsachen. Eine darüber hinaus¬
gehende Verpflichtung zur Mitteilung würde nur die Folge haben, daß die
subjektiven Urteile, ohne die es nun einmal nicht geht, aus den Personalakten
irgendwohin anders verschwänden, z. B. in die persönlichen Notizbücher der
höheren Vorgesetzten, und das dürfte erst recht nicht wünschenswert sein. Übrigens
sollen z. B. in den Personalakten der Oberlehrer sich Notizen der bezeichneten
Art überhaupt nicht befinden, die finden sich in den Verwaltungsberichten und
anderen Stellen, so daß also mit der Mitteilung der Personalakten gar nichts
erreicht würde. Wenn es auch in anderen Verwaltungen anders sein mag,
so beweist das doch, wenn es auch nur in einem Berufe so ist, daß mit derartigen
äußerlichen Bestimmungen sich gar nichts machen läßt und jede zu weit gehende
Forderung zwecklos ist.
Abseits von den hier erörterten Fragen liegt die, wie schon früher, so auch
kürzlich wieder im Abgeordnetenhause behandelte, ob der Arrest noch als Strafe
für die Unterbeamten beizubehalten ist. Nach früheren Äußerungen glaubt die
Staatsregierung an ihm festhalten zu sollen, weil durch die Zulässigkeit dieser
Strafart es mitunter ermöglicht werde, Beamte noch länger im Dienste zu
behalten, die sonst nicht mehr haltbar feien. Daß dies zutrifft, ist kaum zu
bezweifeln. Trotzdem erscheint die Strafe mit den jetzt herrschenden Ehrbegriffen
unvereinbar. Wie die Unterrichtsverwaltung mit Recht Ohrfeigen in der Schule
verbietet, trotzdem diese zweifellos manchem Jungen ganz vorzüglich bekommen
sind Und auch weiter bekommen würden, so muß auch, vom militärischen Ver¬
hältnis abgesehen, die Arreststrafe für erwachsene Männer als ehrenrührig und
darum unzulässig angesehen werden. Wenn ein Beamter nicht durch empfindliche
Geldstrafen und Strafversetzungen zu ziehen ist, so muß er eben des Amtes
entsetzt werden. Die Arreststrafe ist kränkend für den ganzen Stand.
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